Caritas macht auf Gefahren der Glücksspielsucht aufmerksam

Aktionstag in Meppen

Drei Menschen an einem Informationsstand

Foto: Caritasverband / Sebastian Hamel

Sie informierten am Stand in Meppen (v. l.): Caritas-Sozialarbeiter Max Smirnoff sowie Mandala Clavée, Leiterin der Caritas Fachambulanz für Suchtprävention und Rehabilitation und Andreas Egbers, Leiter der Selbsthilfegruppe „Game over“. 

Spielsucht ist verbreiteter als viele Menschen denken. Die Caritas Fachambulanz für Suchtprävention und Rehabilitation in Meppen hat bei einem Aktionstag über dieses Thema informiert – mit Geschichten wie über den Emsländer Peter.

Es ist nicht zu übersehen, das große Bubble-Soccer-Court vor der Caritas-Beratungsstelle an der Kuhstraße in Meppen. Wer möchte, kann sich eine der großen aufblasbaren Kugeln überstülpen, um auf diesem besonderen Fußballfeld gegen andere Mitspieler anzutreten. Doch das heitere Spiel hat einen ernsten Hintergrund: Der Fokus des diesjährigen Aktionstages lag auf Sportwetten – denn auch diese Form des Glücksspiels bietet ein hohes Suchtpotential. „Es wird massiv Werbung gemacht für Sportwetten, und nahezu jeder Bundesliga-Verein wird durch entsprechende Anbieter gesponsert“, weiß Mandala Clavée, Leiterin der Caritas Fachambulanz in Meppen. Dabei werde suggeriert, dass es sich bei Sportwetten um etwas ganz Harmloses handelt. Doch knapp 20 Prozent aller Wettenden entwickelten eine Suchtstörung, für die Betreiber sei es ein Milliardengeschäft. Insbesondere das Wetten im Internet habe in den vergangenen Jahren aufgrund der Corona-Pandemie noch einmal deutlich Fahrt aufgenommen, und im „Sportjahr 2024“, geprägt von Fußball-Europameisterschaft und Olympischen Spielen, erfahre das Geschäft einen regelrechten Boom. 

Vier Jahre bestimmt die Sucht sein Leben

Wie schnell man nach dem ersten Gewinn und dem ersten Gefühl der Euphorie Probleme bekommen kann, hat auch Peter B. (Name geändert) erfahren. Denn aus dem anfänglichen Eifer wird bald eine schwere Sucht, die mehr als vier Jahre lang sein ganzes Leben bestimmt. Die Geschichte des Emsländers ist kein Einzelfall: Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums weisen in Deutschland 1,3 Millionen Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren eine glücksspielbezogene Störung auf. Um auf die damit verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen, wird jährlich ein bundesweiter Aktionstag gegen Glücksspielsucht veranstaltet, in Niedersachsen koordiniert durch Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (NLS). 

Peter B. war Ende 20, als er der Spielsucht verfiel – und damit sogar verhältnismäßig alt. Denn obschon es gesetzlich erst ab 18 Jahren erlaubt ist, haben viele Betroffene ihren ersten Kontakt mit Glücksspiel bereits als Minderjährige. Nicht selten fungieren Online-Spiele gewissermaßen als Wegbereiter: Das Prinzip „Pay-to-win“ ermöglicht es dem Spieler, durch das Zahlen bestimmter Geldbeträge einen schnelleren Fortschritt zu erzielen. Mandala Clavée berichtet von Gesprächen mit Jugendlichen, die mehrere Hundert Euro auf diese Weise ausgegeben haben – und darin kein großes Problem sehen. Für Peter B. ist die Sucht im Laufe der Zeit zum finanziellen Fiasko geworden: „Bei Familienfeiern beispielsweise war ich nur noch physisch anwesend. In meinem Kopf drehte sich alles um die Fragen: Wo bekomme ich Geld her? Wie kann ich meine Schulden bezahlen? Und: Wann kann ich wieder zur Spielothek?“ Später geht B. auch in Casinos, spielt Roulette – und gibt insgesamt rund 600 000 Euro aus. 

Prävention ist der Schlüssel

Ähnliche Gefahren sehen Fachleute auch mit Blick auf Sportwetten: „Was als harmloses Vergnügen beginnt, endet für viele in einer unkontrollierbaren Suchtdynamik. Die Folgen sind oft verheerend: von hoher Verschuldung bis hin zu Suizidgedanken“, heißt es in einer Mitteilung der NLS. Insbesondere jungen Menschen werde fälschlicherweise das Gefühl vermittelt, mit ihrem Sportwissen dauerhaft gewinnen zu können. Dabei sei der Ausgang eines Fußballspiels nicht vorhersehbar, ein Gewinn somit niemals garantiert und der finanzielle Verlust häufig massiv. Daher komme der Vorbeugung eine besondere Bedeutung zu: „Prävention ist der Schlüssel, um das Risiko einer Glücksspielsucht zu reduzieren und Betroffene rechtzeitig zu unterstützen“, wird die niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, in der Mitteilung zitiert. 

Mittlerweile ist Peter B. seit acht Jahren spielfrei, nachdem er eine stationäre Therapie absolviert und weiterführende Hilfen durch Caritas, Kreuzbund, den Bundesverband Glücksspielfrei und die Meppener Selbsthilfegruppe „Game Over“ erhalten hat. Gänzlich „geheilt“ ist er, ähnlich wie ein trockener Alkoholiker, jedoch nicht: „Selbst ein Parkautomat mit Münzeinwurf ist für mich ein Triggerpunkt“, beschreibt er die Situation. Insofern begrüßt er den Aktionstag gegen Glücksspielsucht sehr – und hofft, dass durch gute Aufklärung möglichst vielen Menschen dieses Leid erspart bleibt. 


 
 

kb

Zu erreichen ist die Caritas Fachambulanz für Suchtprävention und Rehabilitation in Meppen unter der Telefonnummer 05931 9842-43 und die Selbsthilfegruppe „Game over“ unter 0152 22 404 340.