Buchsonntag am 8. November

Alles wieder auf Null

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Am 8. November feiert der Borromäusverein den „Buchsonntag“. Doch in diesem Jahr gibt es wegen Corona keine Veranstaltungen. Die katholischen öffentlichen Büchereien müssen für vier Wochen wieder ihre Türen schließen.


"Lesestoffbeutel“ will Büchereileiterin Kirsten Hülsing (l.) wieder an die Salzbergener ausliefern. Ihre Kinder Johannes und Greta haben dabei schon im Frühjahr mitgeholfen. Foto: Anne Bremenkamp

Reichlich Telefonate hatte Thomas Oberholthaus in den vergangenen Tagen auf seiner Liste – wegen der jüngsten Landesverordnung in Sachen Corona. „Es ist jetzt gerade wieder alles auf Null“, sagt der Leiter der Fachstelle für Katholische Öffentliche Büchereien (KÖB) im Bistum Osnabrück. Denn seit Anfang November müssen auch die 150 katholischen Büchereien im Bistum wieder für vier Wochen schließen. Oberholthaus will die Regelung mit Blick auf den Infektionsschutz gar nicht kritisieren. Aber er findet es „einfach schade und traurig“ und hätte sich eine andere Lösung gewünscht – zumal nach seiner Kenntnis in anderen Bundesländern die Bibliotheken unter bestimmten Auflagen weiter offen bleiben dürfen. 

Und so wird es in diesem Jahr in Niedersachsen auch keine Aktionen rund um den Buchsonntag am 8. November geben. Der Borromäusverein, der bundesweit tätige katholische Verband für Büchereiarbeit, will damit auf den Wert der Bibliotheken hinweisen. In den vergangenen Jahren gab es laut Thomas Oberholthaus an vielen Standorten dazu Ausstellungen, Lesenachmittage und Kaffeetafeln. Wegen der Corona-Krise hatten die meisten Büchereien in diesem November aber ohnehin kaum Aktionen dieser Art geplant, sondern allenfalls an wenige kontaktreduzierte Alternativen gedacht – und die müssen nun auch ausfallen. 

Stattdessen überlegen die Büchereien vielmehr, wie sie trotz der Schließung den Kontakt zu den Menschen halten und sie auf anderen Wegen mit Lesestoff versorgen können. Die Stadtbibliothek in Meppen zum Beispiel wird laut Leiterin Tanja Schnetlage auch weiter telefonisch erreichbar sein. Per Anruf, per E-Mail oder im Internet können die KÖB-Nutzer dann Krimis, Romane oder Sachliteratur bestellen. Und das Büchereiteam packt dann alles zusammen und stellt den Karton zu einem vorher vereinbarten Termin vor die Tür. „So kann man ganz kontaktlos ausleihen“, sagt Schnetlage.

„Lesestoffbeutel“ an der Türklinke

Auch die katholische öffentliche Bücherei in Salzbergen will diesen Abholservice anbieten. Zusätzlich werden die 20 Ehrenamtlichen für die knapp 500 Nutzerinnen und Nutzer wieder einen Lieferservice einrichten – besonders für ältere und erkrankte Menschen oder für Leser, die nicht mobil oder gerade in Quarantäne sind. Schon im Frühjahr war dieses Angebot nach Worten der Leiterin Kirsten Hülsing gut angenommen worden. Pro Büchereitag hatten sich bis zu 15 Salzbergener über den gefüllten „Lesestoffbeutel“ an ihrer Türklinke gefreut. 

Aber auch Kirsten Hülsing ist traurig über die erneute Schließung, denn eigentlich wollten sie und ihr Team die gerade ganz frisch umgebaute Bücherei präsentieren – mit flexibleren Möglichkeiten für Aktionen mit Kindergarten- und Vorschulkindern, mit einer kleinen Sitzecke zum Kaffeetrinken. „Jetzt können wir erst mal nur Fotos auf unserem neuen Instagram-Kanal zeigen“, sagt Hülsing.

Dass „Corona“ die Arbeit in den katholischen öffentlichen Büchereien seit März ohnehin sehr stark verändert hatte, bestätigt Thomas Oberholthaus. „Leider ging für viele Nutzer in den letzten Wochen nur ‘rein, schnell ausleihen und wieder ‘raus“, erzählt der Leiter der Fachstelle. „Vieles von dem, was wir in den vergangenen 15 Jahren aufgebaut hatten, liegt brach“, sagt er. 

Denn die Büchereien haben sich nach seinen Worten schon lange von einer reinen Ausleihstation zu einem wichtigen Kommunikationsort und Treffpunkt in den jeweiligen Kirchengemeinden entwickelt. Zu dem Bildungsauftrag der KÖB gehört mittlerweile die Begegnung dazu. „Vor Corona“ war es zum Beispiel in Meppen ganz normal, dass die Besucher sich mit einer Tasse Kaffee in einen gemütlichen Sessel zurückzogen und dann in Ruhe den „Kirchenboten“ oder die Tageszeitung gelesen haben – und dabei mit anderen Gästen ins Gespräch kamen. Nicht nur Thomas Oberholthaus hofft, dass diese Zeiten „irgendwann“ wiederkommen.

Petra Diek-Münchow

 

Zur Sache

Mit dem „Buchsonntag“ will der katholische Borromäusverein, der in diesem Jahr 175 Jahre alt wird, jeweils Anfang November auf die Arbeit der Büchereien aufmerksam machen und zugleich für das Lesen werben.

In Deutschland machen die Katholischen öffentlichen Büchereien (KÖB) etwa ein Drittel aller öffentlichen Bibliotheken aus. In Niedersachsen gibt es 242 Einrichtungen, besonders viele davon im Westen des Bundeslandes: allein im Bistum Osnabrück und im benachbarten Offizialatsbezirk Vechta 207. Die größten Büchereien im Bistum Osnabrück sind Georgsmarienhütte, Meppen und Papenburg. Insgesamt haben im vergangenen Jahr etwa eine Million Menschen die niedersächsischen KÖB besucht. Über 70 000 Menschen leihen in ihren örtlichen Büchereien regelmäßig Literatur aus – vor allem Familien. 

Die Arbeit in den meisten katholischen öffentlichen Büchereien fußt auf Ehrenamtlichen. In Niedersachsen engagieren sich über 2800 Männer und Frauen dafür.