SKM-Beratungsprojekt in Osnabrück

Auch Papas dürfen stolpern

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Beratungsprojekt für junge Väter
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Foto: Lisa Discher

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Jens Fechtemeier ist Projektkoordinator beim Papa-Projekt des SKM Osnabrück.

Ein Beratungsprojekt in Osnabrück zeigt, wie wichtig es ist, junge Väter zu unterstützen – und wie schwierig es ist, diese Hilfe langfristig zu sichern. Ende des Jahres läuft die Finanzierung aus.

„Ich werde Vater von Drillingen und weiß nicht, wie ich das schaffen soll“, sagte neulich ein Klient zu Jens Fechtemeier. Solche Ängste kennt der Sozialarbeiter, der selbst Vater ist. „Ich hatte die ja auch“, gibt er zu. Aber: „Selbst Papa zu sein, sensibilisiert für die Sorgen der Männer, die zu mir kommen.“

Fechtemeier arbeitet für ein Beratungsprojekt, das es nur selten gibt, und mit einer Zielgruppe, die schwer zu erreichen ist: Junge Väter. Manche wollen anonym bleiben, schreiben Fechtemeier per WhatsApp oder rufen an. Andere kommen in das kleine Büro in der Osnabrücker Innenstadt – Whiteboards, Konferenztisch, Pinnwand, Flyer mit der Aufschrift „JuP!“. Das steht für „Junge Papas!“ – dem Projekt, das 2022 vom SKM Osnabrück ins Leben gerufen wurde.

Damals hatte Fechtemeier noch gebangt, dass das Projekt vielleicht nicht diejenigen erreichen könnte, die es brauchen. Wie groß die Nachfrage drei Jahre später noch sein würde, damit hatte er jedoch nicht gerechnet. Fechtemeier sagt: „Wir sind das erste Projekt in Deutschland, das ohne Zwang so viele Männer erreicht hat wie wir.“ Sein Tonfall verrät Stolz – und Sorge. Nach Ablauf des Jahres droht das Ende der „Jungen Papas“. Die Finanzierung läuft aus. „Das ist schade und ein Problem. Die, die unsere Hilfe nämlich brauchen, holen sie sich oft nicht von selbst“, sagt Fechtemeier.

Er meint junge Väter bis 27 Jahre, sie seien vor allem angesprochen. „Ich weise aber niemanden ab, wenn er Unterstützung braucht und älter ist“, sagt Fechtemeier. Das Beratungsangebot sei bewusst niederschwellig. Denn ein Problem zieht sich durch viele Gespräche: „Jungen Männern wird das Vater-Sein nicht zugetraut“, sagt Fechtemeier.

Gesellschaftliche Rollenbilder sitzen tief

Gesellschaftliche Rollenbilder säßen tief, so Fechtemeier. Ein Vater gelte immer noch als der Ernährer, der Macher und nicht als jemand, der Hilfe braucht – wenn Väter diese Rolle nicht ausfüllten, empfänden sie häufig Scham. „Die größte Hürde ist, dass ein Mann überhaupt erst einmal bei uns anruft.“ Deshalb ist die Ansprache so direkt wie möglich: Auf den Flyern steht nicht „Hilfe“ oder „Unterstützung“, sondern „Support“. Und: Es gibt weder Formulare noch Behördengänge. Nur Gespräche auf Augenhöhe.

Fechtemeier weiß, wie hoch die Schwelle dennoch ist. „Gerade Männer haben mit Vorurteilen zu kämpfen, wenn es um Themen geht, die gesellschaftlich als weiblich gelten.“ In den Gesprächen macht er deshalb klar: „Du kannst und darfst alles, was die Mutter kann. Außer Stillen.“ Oft hilft er auch praktisch – kopiert nach Feierabend Rezepte aus Babykochbüchern für einen Klienten, weil der von heute auf morgen allein mit dem Kind dastand. Er füllt mit jungen Vätern Anträge aus, hilft bei Fragen zu Kindergeld und Unterhaltsvorschuss.

Immer wieder stellt Fechtemeier in Gesprächen fest, dass junge Männer sich über ihre neue Rolle als Vater lange nicht bewusst sind. „Während der Schwangerschaft haben sie Scheuklappen auf. Dann ist das Baby da – und sie wissen nicht, was sie tun sollen.“ Wie wickelt man ein Baby? Wie beruhigt man es? Wann bekommt man jemals wieder Schlaf? Fechtemeier kennt diese Fragen aus eigener Erfahrung. Genau das mache ihn nahbar, sagt er. „Das ist ein guter Eisbrecher, schafft Vertrauen.“ Sei das Vertrauen da, könne er tiefer gehen. Dann, so Fechtemeier, lässt sich über überholte Männerbilder sprechen, über die Angst, Schwäche zu zeigen, über die Erwartungen, die sie an sich selbst haben. Er sagt ihnen: „Papas dürfen stolpern, dürfen sich Hilfe holen.“

Jetzt braucht das Projekt selbst Unterstützung, die Finanzierung von „JuP!“ läuft aus. Die „Jungen Papas!“ suchen nun nach Finanzierungsmöglichkeiten, damit jungen Vätern in Osnabrück auch nach Ablauf des Jahres noch geholfen werden kann. Denn letztlich gehe es immer um das Kindeswohl. Fechtemeier sagt: „Es muss nicht sein, dass noch mehr Kinder ohne ihren Vater aufwachsen.“

Lisa Discher
Zur Sache

JuP! wird seit 2022 von der Aktion Mensch finanziert. Über 150 Väter haben sich bereits beraten lassen. Ende 2025 läuft die Finanzierung aus.