Familienforschung

Auf den Spuren der Vorfahren

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„Familiengeschichte“ ist einer der am meisten gesuchten Begriffe im Internet. Auch in Deutschland machen sich immer mehr Freizeit-Genealogen auf den Weg in die Archive oder forschen im Internet nach ihren Ahnen. Worauf man dabei achten sollte.


Alte Fotoalben sind schöne Erinnerungen und wichtige Informationsquellen. Foto: istockphoto

Die Frage nach der eigenen Herkunft ist ein Thema, das fast alle Menschen beschäftigt. Zu erfahren, wo wir herkommen, ist ein Urbedürfnis. Es schafft Identität, Verwurzelung und ein Gefühl für Traditionen. Aber wie geht man vor, wenn man etwas über die eigene Familiengeschichte wissen möchte? Was sollte man beachten?


Verwandte befragen
Zu Beginn der Forschungen steht immer das Zusammentragen von Unterlagen aus der Familie: alles, was an Briefen, Urkunden noch vorhanden ist, gegebenenfalls Ahnenpässe, Stammbücher oder andere Dokumente. Manchmal gibt es auch eine Familienbibel, die von Generation zu Generation weitervererbt wurde und oft einen Stammbaum enthält. „Auf jeden Fall sollte man Eltern, Großeltern oder andere Verwandte aufsuchen und direkt befragen“, erklärt Georg Wilhelm vom Diözesanarchiv Osnabrück. „Ältere Verwandte sind wichtige Quellen und man bekommt oft wichtige Hinweise, die man sich notieren sollte.“ Und nett sei es allemal, mit Verwandten über die eigene Vergangenheit zu plaudern.


Ziel festlegen
Hat man die ersten Daten gesammelt und daraus erste Verknüpfungen zwischen den Vorfahren erstellt, sollte man für sich klären: Was will ich eigentlich genau wissen? Möchte ich in gerader Linie anhand des Vaterstammes möglichst weit zurückgehen oder geht es mir darum, die Geschichte  der Familie in ihrer Verzweigung mit den Geschwistern zu erarbeiten? Suche ich die Personen, die auf einem bestimmten, häufig namengebenden Hof gelebt haben? „So eine Stammtafel anhand des Vaterstammes ist oft einfacher zu erstellen, da hier der Familienname weitergegeben wird“, erklärt  Wilhelm. Eine Verwandtschaftstafel dagegen ist die breiteste Form der Familienforschung und erheblich aufwendiger, denn sie zeigt alle  Vorfahren, die sich mit der Zeit natürlich viel weiter verstreut haben.


Wie finde ich Informationen in einem Archiv?
Bevor 1876 die Standesämter entstanden, trug der Pfarrer die Geburten, Taufen, Heiraten und Beerdigungen in die Kirchenbücher der einzelnen Pfarrgemeinden ein. Staatliche Verzeichnisse darüber gab es nicht. Für Familienforscher sind die Kirchenbücher daher unerlässliche Quellen, wenn sie die Zeit vor 1876 erforschen wollen. Die Kirchenbücher setzen im Allgemeinen nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ein. Heute liegen sie zumeist in digitaler Form vor und sind in den Archiven der Kirchen öffentlich einsehbar. Die Adressen der Diözesanarchive findet man unter: www.katholische-archive.de Viele evangelische Landeskirchen stellen die Kirchenbücher im kostenpflichtigen Portal „Archion“ online,  aus dem Norden Deutschlands haben die Bistümer Hildesheim, Paderborn, Münster und Magdeburg ihre Daten ganz oder teilweise im Portal „Matricula online“ veröffentlicht.

Eine Vorgehensweise in einem Bistumsarchiv kann wie folgt aussehen: „Am besten besorgt man sich zunächst ein Taufdatum, das ist ein schönes Datum, weil es einen Beginn markiert“, erklärt Wilhelm. Beim Taufeintrag im Kirchenbuch der zuständigen Pfarrei finde man dann Angaben zu den Eltern und deren Daten (Beruf, Herkunft, Geburtsdatum). „Anhand dieser Daten kann man wieder den Hochzeitseintrag der Eltern suchen.“ Hier finde man dann wieder wichtige Angaben zu den Eltern der Brautleute und so weiter. So könne man sich langsam in die Vergangenheit vorarbeiten.


Hintergrundwissen
Es ist immer hilfreich, über die Besonderheiten der Regionen und die historischen Ereignisse Bescheid zu wissen. Das erleichtert die Suche, denn die Besonderheiten schlagen sich in den Kirchenbucheinträgen nieder. Grundvoraussetzung ist, dass man weiß, zu welchem Kirchspiel die Ortschaft gehört, aus der die Familie kommt. Über die Jahrhunderte kann sich dies verändert haben. In Diasporagegenden waren die Entfernungen zur Taufkirche oft sehr weit, so dass die Eltern eher zu einer näher gelegenen Kirche zur Taufe gegangen seien, auch wenn diese nicht zum Kirchspiel gehört. Dabei wurden schon mal nahegelegene Bistums- oder Kirchspielgrenzen übertreten. Im 19. Jahrhundert gab es gerade aus armen Regionen starke Auswanderungsbewegungen, zum Beispiel in die USA. Viele Anfragen bekomme er daher auch aus den USA, wo Ahnenforschung sehr verbreitet sei – und erhält zum Teil überglückliche Dankesschreiben.


Weitere Quellen nutzen
Lokale Genealogenverbände gibt es vielerorts. Sie sind über das Internet oft leicht erreichbar. Sie haben Unmengen von Daten gesammelt und aufbereitet. Es lohnt sich, hier möglichst früh Kontakt aufzunehmen. Diese Verbände bieten auch Verweise auf die Internetplattformen, die für die jeweilige Suche zielführend sind. Denn das Angebot im Internet ist extrem vielfältig und tendenziell unübersichtlich. Es gibt eine Reihe von professionellen Anbietern, wie My Heritage oder Ancestry, für deren Dienste allerdings Kosten anfallen.


Fragliche DNA-Analyse
„Wir sind alle Geflüchtete“ titelte jüngst „Zeit online“. Die Schlagzeile bezog sich auf Speicheltests, mit denen man über das Internet genetische Ahnengutachten und ethnische Herkunftszusammensetzungen erstellen lassen kann. Das Geschäft mit den Gentests boomt, aber es wirft auch ethische Fragen auf, denn wer seinen Genomsatz analysieren lasse, gebe damit die genetischen Informationen seiner ganzen Familie preis – auch derer, die nicht gefragt wurden, warnen Datenschützer. Durch die Analyse des Speichels würden große Mengen Informationen gewonnen und die Frage sei: „Wie gehen wir damit um?“. Einige Institute verkauften Daten an Unternehmen wie Pharmabetriebe, die daraus Profit ziehen. Evolutionsgenetiker warnen darüber hinaus vor Rassismus und Antisemitimus als unerwünschter Nebenwirkung.

Auch Wissenschaftler äußern Zweifel am Nutzen des Gentests für Familienforschung. So sei innerhalb von Europa eine genetische Herkunftsbeschreibung viel schwieriger als zum Beispiel bei Afroamerikanern, weil die Herkunftslinien in Europa zu eng beieinander seien. Abzulesen, zu wie viel Prozent ein Mensch beispielsweise tschechische Wurzeln hat und zu wie viel Prozent er deutsch sei, sei derzeit kaum möglich, erklärte Stephan Schiffels vom Max-Planck-Institut in einem Interview.

Astrid Fleute