Krankenhausseelsorge in Corona-Zeiten

Bankgespräche vor der Klinik

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Infektionszahlen, Besucherstopp, Abstand halten: Die Corona-Pandemie fordert die Krankenhausseelsorge heraus. Helen Reiners aus dem Leeraner Borromäus-Hospital erzählt, wie ihre Arbeit jetzt aussieht.


Nur mit Mundschutz und Abstand geht die Leeraner Krankenhausseelsorgerin Helen Reiners derzeit auf die Stationen. Foto: Borromäus-Hospital/Tanja Henschel

Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag im Krankenhaus durch die Corona-Krise verändert?

Wir Seelsorgerinnen besuchen im Moment möglichst viele Patienten – vor allem die Älteren, die keine Handys mit Whats­App oder mit E-Mails benutzen und daher vielleicht nicht so viel Kontakt haben. Da müssen wir schon einige Vorsichtsmaßnahmen beachten. Am Eingang des Krankenhauses lasse ich zuerst meine Temperatur messen und desinfiziere natürlich meine Hände. Und bevor ich auf eine Station gehe, dann den Mundschutz anlegen, noch mal die Hände gründlich waschen, Gummihandschuhe anziehen und Abstand halten zu allen Menschen, denen ich begegne – mindestens zwei Meter. Im Patientenzimmer sitze oder stehe ich meist in einer Ecke des Zimmers, weit weg vom Patienten.

Wie kann denn so Krankenhausseelsorge funktionieren? Wie können Sie Nähe herstellen?

Jüngere Patienten nutzen oft ihr Handy, um auf verschiedenen Wegen viel mit ihren Lieben zu kommunizieren. Außerdem leiht das Borromäus-Hospital dank einer Spendenaktion der Ems-Achse, EmsTV und unserem Klinikverbund Geräte für ein Videotelefonat aus. Das macht es vielen Patienten leichter, die Zeit im Krankenhaus zu überstehen.

Aber anderen fehlt diese Möglichkeit, weil sie mit der Technik nicht so vertraut sind oder weil sie einfach zu schwach dazu sind. Zu diesen Patienten suche ich besonders oft den Kontakt. Aber ganz ehrlich: Das klappt natürlich nur begrenzt bei Gesprächen auf Abstand, mit einem Mundschutz, der fast das ganze Gesicht verdeckt, und mit Blickkontakt auf einer Entfernung von mindestens zwei Metern. 

Gerade Patientinnen und Patienten, die sehr schwach sind, die dement sind oder große Angst haben, wünschen sich oft Nähe. Ich darf mich aber nicht an ihr Bett setzen, darf nicht ihre Hand halten. Und Patienten, die weinen, kann ich auf Entfernung nur schwer trösten. Es braucht deshalb viel mehr Zeit und Geduld und viel mehr „Aushalten“ als in „normalen“ Zeiten. Da komme ich schon mal an meine Grenzen.

Was können Sie in Ihrer Rolle als Seelsorgerin für die Angehörigen der Patienten in diesen Tagen machen?

Uns Seelsorgerinnen erreichen im Moment die Angehörigen meist per Telefon. Sie bitten uns dann, ihre Verwandten zu besuchen oder ihnen kleine Geschenke zu bringen. Die Angehörigen leiden genau wie die Patienten unter dem weitgehenden Besucherstopp. In den letzten beiden Wochen habe ich mich deshalb mit einigen Angehörigen auch mal auf einer Bank im Garten vor dem Eingang zum Gespräch getroffen. Eine befremdliche Situation, aber diese Gespräche sind oft sehr intensiv. Inzwischen ist es im Haus bekannt, dass ich da ab und zu sitze. Da werde ich dann von Mitarbeitenden scherzhaft gefragt: „Na, hast Du wieder ein Bankgespräch?“

Interview: Petra-Diek Münchow

Das vollständige Interview lesen Sie im aktuellen Kirchenboten.