Geistlicher Impuls in der Kirche

Beten für ein torreiches Spiel

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Der Ball rollt wieder in der zweiten Bundesliga. Zum Auftaktspiel des VfL Osnabrück gab es in Stadionnähe einen kurzen geistlichen Impuls in der Kreuzkirche. Das kam bei vielen Fans gut an.


Anstoß in der Kreuzkirche mit den fußballbegeisterten Priestern Reinhard Molitor, Maik Stenzel und Heiner Langewand (v. l.) sowie zahlreichen Fans des VfL-Osnabrück. Foto: Stefan Buchholz

Die gut 120 VfL-Anhänger erkennen die Melodie sofort. Der Organist spielt das legendäre, jahrhundertealte Steigerlied, das mittlerweile auch von den Fußballfans von Erzgebirge Aue, Rot-Weiß Essen und Schalke 04 rund um die Spiele ihrer Mannschaften angestimmt wird.

In der Aufstiegssaison hatten auch die Fans des VfL Osnabrück das Lied für sich entdeckt. „Wir steigen auf. Und wir haben das lila-weiße Licht angemacht“, zitiert Pfarrer Maik Stenzel aus Bad Laer, selbst VfL-Fan von klein auf, aus dem Stadiongesang an der Bremer Brücke. Stenzel übernahm den geistlichen Impuls, „Anstoß“ genannt, am ersten Heimspieltag. Noch während das Steigerlied im Orgelsound von den Fans zaghaft mitgesungen wird, zündet er mit einem Feuerzeug ein lila-weißes Licht auf dem Altar an. Das Besondere an diesem Feuerzeug: „Das habe ich von Fans des SV Meppen geschenkt bekommen“, sagt Stenzel. Und das sei bei der Spannung, die es zwischen den Anhängern beider Mannschaften gebe, schon erwähnenswert.

Trotz Gegnerschaft einander helfen


BU 02: Von wegen Fußballgott: Die Priester Reinhard Molitor,
Maik Stenzel und Heiner Langewand (v. l.) machen vor jedem
Heimspiel des VfL Osnabrück auf Wesentliches rund um
den Sport aufmerksam. Foto: Stefan Buchholz

Stenzel erinnert an das Evangelium, in dem Jesus die Feindesliebe predigt. „Natürlich muss man nicht mit den Fans der anderen Mannschaft einer Meinung sein. Aber wir haben ja etwas gemeinsam: die Freude am Spiel. Und die mag uns daran erinnern, gemeinsam aufeinander achtzugeben“, sagt der Geistliche.

Wie das in der Praxis funktionieren kann, berichtet er aus eigener Erfahrung. So sei er einmal von eigentlich rivalisierenden Preußen-Münster-Fans bei einem Auswärtsspiel vor gewaltbereiten Anhängern gewarnt worden. „Sie haben zu mir gesagt: ,Wenn du an diese Stelle in der Stadt kommst, nimm besser vorher deinen Fanschal ab.‘“ Das sei ein Beispiel, wie man trotz Gegnerschaft einander doch helfen könne, sagt Pfarrer Stenzel.

Und was ist mit dem Beten? Das sei mit Blick auf ein Fußballspiel durchaus erlaubt, meint er. „Wir können für ein faires, spannendes und torreiches Spiel beten und dass sich die Spieler und Fans nicht verletzen.“

Die Idee, eine Stunde vor Spielbeginn einen anderen Anstoß auszuprobieren, kam aus dem „So isses“-Fanclub des Fußballvereins VfL Osnabrück. „Einige haben gesagt: Kannst du vor dem Spiel nicht mal ‘ne Messe feiern“, erzählt Pfarrer Stenzel. Dazu müsse der VfL aber von der dritten in die zweite Bundesliga aufsteigen, denn dann könne man einen Gottesdienst mit einem Sonntagsspiel verbinden, sei seine Antwort gewesen.

Anstoß-Impuls an Heimspieltagen


In Steinwurfweite vom Stadion entfernt darf man auch als Kirche
mal Farbe bekennen. Foto: Stefan Buchholz

Aufgrund der wechselnden Spielpläne entschlossen sich Stenzel und die drei anderen Geistlichen, den immer elf Minuten dauernden Impuls zunächst auf die ersten vier Heimspiele der Osnabrücker Bundesligakicker zu legen. „Wenn genug kommen, machen wir auch gerne weiter“, sagt Stenzel zufrieden nach dem Auftakt.

Mit dabei sind Domkapitular Reinhard Molitor und die Pfarrer Heiner Langewand (Heilig-Kreuz-Gemeinde) sowie Karsten Kümmel von der evangelisch-lutherischen Kirche. Der Anstoß-Impuls findet an Heimspieltagen des VfL um 14.30 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche, Schützenstraße 85a, statt.

Stefan Buchholz

Am 11. August übernimmt Reinhard Molitor den Anstoß-Impuls vor dem Pokalspiel gegen RB Leipzig.