Outdoor-Versöhnungsweg

Das Schwere loslassen

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Zu einem Versöhnungsweg unter freiem Himmel lädt die Bremer Pfarrei St. Franziskus in der Fastenzeit ein – als Alternative zur klassischen Beichte. Die Stationen werden nacheinander rund um die vier Pfarrkirchen aufgebaut.


Die Stationen des Outdoor-Versöhnungswegs sind zurzeit an der St.-Hildegard-Kirche aufgebaut. Foto: privat

Die Corona-Pandemie schränkt das tägliche Leben noch immer ein, deshalb probiert die Bremer Pfarrei St. Franziskus in der Fastenzeit etwas Neues aus: Rund um die vier Pfarrkirchen lädt sie zu einem Outdoor-Versöhnungsweg ein. Angela Borchers, Mitglied im Pfarrgemeinderat, Öffentlichkeitsausschuss und Arbeitskreis Neuer Weg, hat ihre Idee auch gleich selbst umgesetzt.

Frau Borchers, was steckt hinter dem neuen Angebot?

Bisher hatten wir in der Fastenzeit einen Versöhnungsnachmittag mit begehbaren Stationen in der Kirche, einem Versöhnungsgottesdienst und Beichtgelegenheit. Diesmal dachte ich, dass es doch schön wäre, wenn solche Stationen von morgens bis abends und über einen längeren Zeitraum erreichbar wären. Einfach unkomplizierter. So ist die Idee eines Versöhnungswegs unter freiem Himmel entstanden, nach dem Vorbild der Outdoor-Kreuzwege, die es gibt. Zwischen Aschermittwoch und Gründonnerstag werden also jeweils um eine unserer vier Kirchen verschiedene Stationen zum Thema Versöhnung aufgebaut sein. 

Was kann man dort, praktisch gesehen, tun?

Die Stationen wandern sozusagen. Wir laden alle ein, Kinder und Erwachsene, Gruppen und Familien, den Versöhnungsweg zu gehen und sich immer wieder von Neuem mit sich selbst, mit den Mitmenschen, mit der Schöpfung und mit Gott zu versöhnen. Demnach gibt es neun Stationen: drei, an denen ich auf mich selbst schaue, drei, an denen ich meine Beziehung zu anderen hinterfrage, und drei, an denen es um Gott und Gottes Schöpfung geht. 


Eine Station auf dem Versöhnungsweg
Foto: privat

Was heißt das genau?

Es gibt Impulsfragen, ich kann etwas mitnehmen, zum Beispiel ein gutes Wort, oder darüber nachdenken, wie sorgsam ich mit mir selbst umgehe, und gegebenenfalls eine Entspannungsübung machen. Wenn es Streit in der Familie oder mit Freunden gab, etwas kaputtgegangen ist, kann ich symbolisch ein Mosaik zusammensetzen. Oder ich kann etwas auf einen Stein schreiben und somit das Schwere loslassen. Man muss keine Reihenfolge einhalten oder alles auf einmal machen. Jede Station steht für sich.

Warum ist Versöhnung, auch im Kleinen, so wichtig?

Niemand ist ohne Fehler, Fehler passieren und gehören zu uns Menschen. Deshalb brauchen wir Versöhnungsmöglichkeiten, Chancen, dass etwas Belastendes wieder gut werden kann. Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder auf unser Christsein besinnen, mit Schuld umgehen und auf den Nächsten zugehen können. Eine Kernaussage ist für mich auch: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“ Ich kann einen anderen Menschen nur annehmen, wenn ich mich selbst annehmen kann. Deshalb muss ich auch auf mich selbst schauen: Wie gehe ich mit mir um? Arbeite ich mich nur für andere ab oder achte ich auch auf mich selber? Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Eigenverantwortung. Und die Kraft dazu gibt uns Gott.

Ist die klassische Beichte nicht mehr gefragt?

In St. Franziskus gibt es nach wie vor Beichtgelegenheiten und Bußgottesdienste, aber wir brauchen auch Alternativen, um uns mit uns selbst oder mit anderen zu versöhnen, innezuhalten, umzukehren. Zur klassischen Beichte haben viele, gerade die Jüngeren, keinen Zugang mehr. Sie tun sich damit schwer. Unser Stationenweg ist eine Alternative, aber kein Ersatz für jemanden, dem die Beichte wichtig ist. 

Was wünschen Sie sich für das „Experiment Versöhnungsweg“?

Dass es gelingt. Und ich hoffe, dass die Stationen nicht beschädigt werden, denn alles, was man draußen macht, ist mit einem gewissen Risiko verbunden.

Interview: Anja Sabel

Bis 15. März ist der Outdoor-Versöhnungsweg an der St.-Hildegard-Kirche (Obervieland) aufgebaut. Die nächsten Termine: St.-Pius-Kirche (Huchting): 16. bis 28. März, Herz-Jesu-Kirche (Neustadt): 29. März bis 5. April, St.-Benedikt-Kirche (Woltmershausen): 6. bis 13. April