Sinkende Mitgliederzahlen

Daumen hoch für die Frauengemeinschaft

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Die Katholische Frauengemeinschaft (kfd) ist der größte Verband in der katholischen Kirche. Noch. Denn genau wie bei vielen anderen Verbänden sinken die Mitgliederzahlen. Wie die Frauen wieder Schwung in ihre teils veralteten Ortgruppen bringen können, zeigt ein Blick auf die Basis.


Ein starkes Netz, das Frauen trägt: Unter dem Motto „Frauen. Macht. Zukunft“ machen auch Gabriele Joachimmeier und Angelika Brinkers (vorne v.l.) Werbung für die kfd. Foto: privat

Geworben wurde sie vor 18 Jahren von ihrer Nachbarin. Das war damals so üblich im Ort. Ganz selbstverständlich wurde Monika Brameyer als frisch verheiratete Frau wie viele andere auch Mitglied in der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd) ihrer Gemeinde St. Paulus im emsländischen Meppen. Zunächst allerdings nur zahlendes Mitglied. „Ich dachte, das ist ein Verein von alten Frauen, die nur Kaffee kochen.“ Betrifft mich nicht, überlegte sie und hatte viele Jahre lang andere Themen im Kopf.

Über den Karneval bekam die Meppenerin 15 Jahre später wieder Kontakt zur heimatlichen kfd. „Die Vorurteile haben sich überhaupt nicht bestätigt“, erzählt die 50-Jährige heute. Trotzdem waren im Laufe der Jahre auch in Meppen immer weniger kfd-Frauen bereit, Verantwortung in der Ortsgruppe zu übernehmen, so dass sich 2016 mangels Nachwuchs letztlich kein neuer Vorstand bildete. Ein mutiger Schritt, der Folgen hatte.

Denn die Vakanz sprach sich schnell herum. Im Nachhinein sieht Monika Brameyer sie positiv. „Das musste sein, damit die Frauen wachgerüttelt wurden. Ich hatte das damals auch nicht so mitbekommen, fühlte mich nicht angesprochen.“ Es war wie ein Weckruf. Das kann doch nicht sein, dass sich in einem Verein von fast 300 Mitgliedern niemand engagieren will, dachte die Meppenerin und organisierte mit einer Nachbarin einen Infoabend, lud den alten Vorstand ein, der von seiner Arbeit erzählen sollte, und machte auf WhatsApp und im Pfarrblatt Werbung.

Mit Erfolg: Knapp 40 Frauen kamen ins Pfarrheim, acht von ihnen erklärten sich am Ende des Abends bereit, im neuen kfd-Vorstand mitzumachen. Zwei ehemalige Vorstandsmitglieder ergänzen das nun zehnköpfige Team, das die kfd St. Paulus seitdem wieder in Schwung bringt. „Wir haben so viel Spaß und Lust, etwas zu machen“, erzählt Monika Brameyer begeistert. Eine der ers­ten Aktionen war ein großes Grillfest für Frauen in der Pfarrei, zu dem ausdrücklich auch Kinder eingeladen waren. „Das gab es vorher so noch nicht.“ Von der Schwangeren bis zur 90-Jährigen waren viele Frauen da. Ein gelungener Auftakt.

Noch vor 30 Jahren wurden junge Mütter sofort kfd-Mitglieder

Anschließend wurde der Flyer modern überarbeitet und das Programm mit einigen neuen Aktionen wie Bowling, einem Kreativabend, einem Maigang oder einem abendlichen Vortragsabend über Ernährung ergänzt. Die Frauen stellten sich in Krabbelgruppen oder bei den Kommunioneltern vor, verteilten Flyer und warben für den Verband und seine Anliegen. „Im ersten Jahr haben wir 40 neue Mitglieder aufgenommen“, erzählt Brameyer nicht ohne Stolz. Wichtig ist dem Vorstand dabei, auch für die Inhalte der kfd zu werben – zu denen Kaffeekochen ihrer Meinung nach nicht unbedingt dazugehört.

Wie viele Verbände befindet sich auch die kfd seit Jahren im Umbruch – und erlebt dabei Lust und Frust. Das erfährt auch Diözesanreferentin Katrin Brinkmann aus Osnabrück, die mit ihrem Diözesanvorstand seit vielen Jahren durch die Gemeinden reist, Vorstände berät, Gespräche führt, Unterstützung anbietet. Alte Mitglieder sterben weg, Gruppen sind überaltert, neue Frauen können teilweise nur schwer dazugewonnen werden. Auch wenn der Bundesverband seit einigen Jahren mit einer großen Werbekampagne auf sich aufmerksam macht, ist es an der Basis oft schwer, junge Frauen anzusprechen. „Das ist auch ein wenig der demografischen Entwicklung geschuldet“, erklärt Brinkmann: „Noch vor 30 Jahren wurden Frauen mit der Geburt ihres ersten Kindes selbstverständlich Mitglied in der kfd. Das gibt es nicht mehr.“


Frischen Wind bringt der neue Vorstand in Meppen St. Paulus in die kfd vor Ort. Nach einer Vakanz haben sich diese Frauen bereiterklärt, Verantwortung zu übernehmen. Und sie haben viele Ideen. Foto: privat

Die verstärkte Berufstätigkeit der Frauen, die Entfremdung zur Kirche und die geringer werdende Bereitschaft, sich zu binden wirkten sich aus. Wie kann man aber neue Formen finden, ohne die Tradition des Müttervereins komplett aufzugeben? Diese Frage stellt sich auch Gabriele Joachimmeyer, stellvertretende Diözesanvorsitzende und Mitglied im Leitungsteam ihrer kfd-Gruppe in Lengerich: „Das ist eine Gradwanderung, ein Spagat. Es gibt viele althergebrachte Vorstellungen, was die kfd machen muss, weil es immer so war. Das wollen wir aufbrechen, ohne aber die alten Mitglieder zu verschrecken. Jede Generation muss ihren Platz haben.“ Ihrem Vorstandsteam sei daher sehr bewusst, was die Gründerinnen alles für die kfd geleistet haben: „Sie haben viel dazu beigetragen, dass Frauen aus der klassischen Kinder-Küche-Rolle herauskommen, dass sie sich mit anderen Frauen treffen konnten. Das ging damals nicht so einfach bei uns im Dorf. Das haben sie richtig gut gemacht.“

Heute setzen die Frauen in Lengerich neben traditionellen Veranstaltungen verstärkt auch auf inhaltliche Arbeit. Jedes Jahr steht unter einem anderen Thema. 2017 war es die Reformation, 2018 Nachhaltigkeit, 2019 haben sie Europa ausgewählt. Unter anderem planen sie ein Wahlcafé am Tag der Europawahlen und eine Dreiländertour nach Aachen, Maastricht, Aubel und Valkenburg. Darüber hinaus haben sie acht Frauengruppen, zwei Krabbelgruppen und eine Oma-Enkel-Gruppe, über die sie neue Frauen ansprechen können. „Eigentlich hat sich gar nicht so viel geändert, wir sind gut strukturiert und haben viele Untergruppen, die mit anpacken“, ergänzt ihre Vorstandskollegin Angelika Brinkers. „Es geht nicht, dass der Vorstand die ganze Arbeit leistet. Wir nehmen die Mitglieder in die Verantwortung.“

Welche alten Zöpfe müssen ab?

„Was beleben und gestalten wir? Welche alten Zöpfe schneiden wir ab?“ Auch Katrin Brinkmann diskutiert diese Fragen immer wieder an der Basis. Denn nicht alles, was schon lange existiert, ist automatisch schlecht. Dabei blickt sie zum Beispiel auf die Mitarbeiterinnen, die jeden Monat die Verbandszeitschrift „frau und mutter“ austeilen. „Sie sind ganz wichtige Kontaktpersonen. Das ist etwas Wertvolles, hier findet Begegnung statt, das kann ausgebaut werden.“ Weiter rät sie den Gruppen, eigene Schwerpunkte zu setzen, das Programm zu überprüfen, Dinge auch zu lassen. „Wenn keiner mit anpackt, ist das vielleicht auch nicht dran. Im Jammern verharren – das ist keine Lösung.“

Die Frauen sollten vielmehr überlegen, wozu sie Lust haben. Hierfür bietet sie Begleitung: „Bleibt nicht im eigenen Saft, nutzt auch die regionalen Ebenen, um Unterstützung zu bekommen“, erklärt sie. „Über Inhalte kann man auch Bundesthemen in die Ortsgruppe bekommen.“ Immerhin stehe die kfd für Themen, die alle Frauen betreffen, kämpfe für die Rechte von Frauen in Kirche und Gesellschaft. Das sei vielen oft nicht klar. Mütterrente, Mädchen als Ministrantinnen, Gründung von Frauenhäusern, Mütterkuren als Pflichtleistung der Kassen, das alles habe auch die kfd auf Bundesebene mit durchgeboxt.

Bei Personalnot können kfd-Gruppen auch kooperieren oder im Notfall eine „kreative Vakanz“ wie in Meppen zulassen, damit Neues entstehen kann. Brinkmann: „Die kfd gibt vielen Frauen ein Heimatgefühl in der Kirche. Dafür lohnt es sich, Werbung zu machen.“ Das geht überall – sogar beim Schützenfest, erzählt Monika Brameyer und lacht. „An der Sekttheke klappt es gut bei jungen Frauen“, hat sie herausgefunden. Schmunzelnd fügt sie hinzu: .„Unterschrieben wird aber nüchtern.“

Astrid Fleute