Sara Pohlmann ist Dom- und Diözesanbaumeisterin in Osnabrück
Den Dom gut durch die Zeit bringen
Foto: Thomas Osterfeld
Den Osnabrücker Dom hat sie fest im Blick. Von ihrem Büro aus sieht Architektin Sara Pohlmann direkt auf das markante Gotteshaus, für das sie seit vier Monaten als Dombaumeisterin verantwortlich ist. Oft schweift ihr Blick auf die beiden großen Türme, die vor ihrem Bürofenster aufragen. Die neue Herausforderung, die dieses Amt mit sich bringt, hat die 48-Jährige gern angenommen. Nach der Familienphase möchte die zweifache Mutter noch einmal durchstarten und betont: „Es ist schon toll, für so ein Gebäude zuständig zu sein.“
Beim täglichen Blick aus dem Fenster hat Sara Pohlmann bereits festgestellt: „Es kommen wirklich viele Menschen und Gruppen in den Dom. Eigentlich ist hier immer etwas los.“ Den Besuchern möchte sie ein intaktes und interessantes Gebäude präsentieren – immerhin sei der Dom eine der größten Sehenswürdigkeiten in Osnabrück, betont sie. Zuständig ist sie in erster Linie für Reparatur- und Baumaßnahmen, um das Gebäude zu sichern und gut zu erhalten. Größere Maßnahmen stehen derzeit nicht an – dennoch ist im und am Dom immer etwas zu tun: So wurden jetzt undichte Stellen am Dach repariert und die gesamte Elektronik und die Beleuchtung erneuert. Dabei sieht sich die Dombaumeisterin mehr als Koordinatorin und spricht alle Maßnahmen eng mit den Domküstern und Sachverständigen ab, mit denen sie sich regelmäßig vor Ort trifft.
Vom Glockenturm bis zum jahrhundertealten Stollen unter dem Hochaltar hat Sara Pohlmann seit ihrem Amtsantritt bereits alle Winkel des Doms durchkämmt. Dabei lässt sie ihren geschulten und wachen Architektenblick schweifen und entdeckt immer wieder kleine Nischen und Besonderheiten: So ist der Kreuzgang für sie eine „Oase in der Stadt“, in der sie gern auftankt. Potenzial für neue Gestaltungen sieht sie in den kleinen Seitenkapellen und dem Umgang hinter dem Altarraum, den viele Besucher auf den ersten Blick zunächst gar nicht wahrnehmen. Ein Schmuckstück ist für Sara Pohlmann die Sakristei, die sie gern als „Schaltzentrale des Doms“ bezeichnet. Hinter einer ehemaligen Gefängnistür bietet der Raum allerlei Schätze und technische Geräte, mit denen zum Beispiel die Gottesdienste im Dom übertragen werden. „Sehr eindrucksvoll“ findet sie den großen Hauptraum, der in seinem schlichten romanischen Stil Ruhe und Kraft ausstrahlt.
Lieber ist es mir, nicht so sehr im Rampenlicht zu stehen.
Der Osnabrückerin ist es ein persönliches Anliegen, ein Auge auf den Dom zu haben und das Gebäude gut durch die Zeit zu bringen. Dass allein der Titel der Dombaumeisterin eine große öffentliche Wahrnehmung hat, merkte sie bei Amtsantritt durch viele Presseanfragen, die sie bereitwillig beantwortet. „Aber lieber ist es mir, nicht so sehr im Rampenlicht zu stehen“, meint sie bescheiden und verweist lieber auf das Gebäude: „Der Dom ist ein Denkmal und hat damit eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung.“
Als Leiterin der Abteilung Bau und damit als Diözesanbaumeisterin hat Sara Pohlmann aber nicht nur den Dom, sondern alle kirchlichen Gebäude im Bistum im Blick. Auch alle Maßnahmen im Bereich des Denkmalschutzes gehen über ihren Schreibtisch. Seit gut 20 Jahren arbeitet die Voxtruperin im Bischöflichen Generalvikariat und kennt daher „einiges in der Region“. Ihre Zuständigkeit für das Dekanat Osnabrück-Stadt hat sie auch als Referatsleiterin behalten.
Als Archiktektin der Bauabteilung plant sie die Bauvorhaben aber weniger selbst, sondern agiert mehr beratend und steuernd. Der Umbau sakraler Gebäude und spiritueller Orte sei für Architekten immer eine Herausforderung, erklärt sie. Gerne erinnert sie sich an ihr bisher spannendstes Projekt in Osnabrück, den Umbau der St.-Joseph-Kirche, der 2013 abgeschlossen wurde: „Das war umfangreich und aufreibend, aber mit dem Ergebnis sind wir mehr als zufrieden.“
Entspannung findet Sara Pohlmann mit der Familie, im heimischen Garten und beim Radfahren. Sie fährt gern mit dem Rad zur Arbeit und auch die Osnabrücker Gemeinden sind für sie gut auf zwei Rädern erreichbar. Auch ist sie sehr gesellig und gerne mit Menschen zusammen. Diese Empathiefähigkeit kommt ihr bei ihrer Arbeit zugute: „Wir haben immer mit vielen engagierten Menschen vor Ort zu tun, für die die Gebäude, über die wir sprechen, eine sehr große Bedeutung haben.“ Da müsse man schon gut zuhören, Stimmungen erfassen und gemeinsam Ideen entwickeln können.
Wir wollen nicht nur Gebäude reduzieren, sondern Perspektiven aufzeigen.
Mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus der Bauabteilung hat sie für das Bistum eine Gebäudestrategie entworfen. Derzeit prüfen sie mit den Gemeinden, welche Gebäude zukunftsfähig sind – und welche nicht. „Das ist eine große Aufgabe“, betont die Architektin. Wichtig ist ihr, dass die Gemeinden sich selbst auf diesen Weg machen, ihren Bestand überprüfen, sich Kooperationspartner suchen. „Wir wollen aber nicht nur Gebäude reduzieren, sondern Perspektiven aufzeigen und überlegen: Was kann eure Zukunft sein?“, erklärt die Referatsleiterin. Das seien sensible Prozesse: „Gerade die Kirchen haben eine hohe Bedeutung, weil sie ortsbild- und heimatprägend sind. Wichtige Lebensstationen werden mit der Kirche in Verbindung gebracht: Taufe, Hochzeit, Beerdigung. Mit jeder Kirche, von der wir Abschied nehmen, ist ein Trauerprozess verbunden. Das ist für uns wirklich die letzte Lösung.“
Diese Projekte zu steuern und mitzugestalten, ist für sie eine komplexe und spannende Aufgabe. Jede Situation sei individuell, erklärt sie. Mal seien Pfarrheime, mal Kirchen auf dem Prüfstand. Wichtig sei die Frage: „Was sind eure Ideen und welches ist dabei das wichtigste Gebäude? Das kann auch das Pfarrheim sein, wo ja auch Gottesdienste gefeiert werden können.“ Es gebe bereits spannende Ideen, ein reiner Sakralbau sei auf jeden Fall nicht mehr die Lösung der Zukunft, sagt sie.
Von ihrem Vorgänger Ralf Schlüter hat die Architektin den Satz im Ohr: „Wichtig ist, was am Ende hinten rauskommt.“ Oft seien Bauvorhaben aufreibend und langwierig und es gebe für alle Entscheidungen immer ein Für und Wider, erklärt sie und betont: „Wenn aber am Ende alle glücklich sind, dann haben wir alles richtig gemacht.“