In den Toren Jerusalems

Image

Wilhelm Reichel aus Güstrow ist als Pilger schon nach Santiago gegangen, nach Rom, durch Skandinavien und Mecklenburg-Vorpommern. Jetzt heißt sein Ziel: Jerusalem. Und er will die Anliegen vieler Menschen mit auf den Weg nehmen. 

Wilhelm Reichel bei der Pilgerwanderung
Wilhelm Reichel in seinem „eigenen“ Pilgerrevier: Bei Blankenberg.  Foto: privat

„Als Pilger möchte ich in den Toren Jerusalems stehen. Das ist der größte Wunsch, den ich noch habe.“ Der Traum eines jeden Pilgers, das war auch schon lange ein Ziel für Wilhelm Reichel. Seit Jahrzehnten hat er Jakobswege im Norden eingerichtet. Er hat Herbergen organisiert, er hat unzählige Pilgergruppen geführt und hat die großen Pilgerziele selbst angesteuert. 

Inzwischen ist er 74 Jahre alt. Höchste Zeit für den Weg in die heilige Stadt. „Wenn ich jetzt nicht aufbreche, wird es nichts mehr“, sagt Wilhelm Reichel. „Meine Belastungsfähigkeit wird nicht besser. Ich muss meine Grenzen akzeptieren.“ Vor 18 Jahren war das noch anders. Damals war der Güstrower zum ersten Mal aufgebrochen, zwölf Wochen lang von Taizé nach Santiago di Compostela. Er blieb Pilger. Sein Traumziel aber, einmal von zu Hause bis nach Jerusalem zu pilgern, ist heute aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. 

Ein Zeichen gegen den Antisemitismus 

Wilhelm Reichel wird deshalb in der ersten Märzwoche nach Tel Aviv fliegen, den Bus Nr. 845 nach Kiryat Shmona im äußersten Norden Israels nehmen, in Tel Dan den Rucksack schultern und losgehen.Von dort aus sind es 500 Kilometer bis Jerusalem. Der Weg ist ein Teil des 1014 Kilometer langen Fernwanderwegs „Israel Trail“.

„Ich werde allein gehen, denn für diese verrückte Sache habe ich keinen Partner gefunden“, erzählt Wilhelm Reichel. Einige Kandidaten schreckte der lange Weg ab, andere sagten: Zu gefährlich! Vor Gefahren wie Terroranschlägen hat Wilhelm Reichel keine Angst. Er und seine Frau haben vor zwei Jahren zehn Wochen lang in Israel gelebt und Holocaust-Überlebenden geholfen. Als Zeichen gegen den Antisemitismus, als Brücke der Verständigung und Geste des Friedens, so versteht er auch seinen Weg nach Jerusalem. 

Leicht wird es nicht werden. „Es gibt keine Herbergen wie auf dem Jakobsweg: Ich kann nicht englisch oder hebräisch. Ich muss unterwegs irgendwie nach Unterkünften fragen. Ein Dach würde für meinen Schlafsack und Isomatte reichen. Zur Not nehme ich ein kleines Zelt mit.“ 

Mitnehmen will Wilhelm Reichel noch mehr: Nämlich die Gebete, die Bitten, Danksagungen und Anliegen von Menschen aus seiner Heimat. Er wird sie – in welcher Form auch immer – bei sich tragen und am Ende an der Klagemauer in Jerusalem ablegen. Jeder, der dies liest, kann dazu noch in den nächsten Tagen mit Wilhelm Reichel in Kontakt treten, per E-Mail: reichel.gue @freenet.de oder per Telefon 03843 / 68 34 36. 

Text: Andreas Hüser