Requiem für Kardinal Karl Lehmann

Der Abschied

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„Du gehst nicht weg. Keiner, der stirbt, geht einfach weg, er begleitet unsweiter.“ Die Worte von Kardinal Reinhard Marx beim Requiem für Kardinal Karl Lehmann waren kennzeichnend für eine Feier voll Trauer, Trost und Hoffnung. Von Ruth Lehnen.

Beisetzung Karl Lehmann Foto: Alexander Matschak/Bistum Mainz
Bischof Peter Kohlgraf am Sarg seines Vorgängers Kardinal Lehmann. | Foto: mbn/Alexander Matschak

Am Ende sind es seine engsten Angehörigen und hohe Repräsentanten seiner Kirche, die Kardinal Karl Lehmann zur Bischofsgruft unter dem Hochaltar des Mainzer Doms begleiten. Der helle, einfache Holzsarg, darauf ein Kreuz, wird mit Weihwasser besprengt in die Grabkammer geschoben. Hier ruht Kardinal Lehmann ebenso wie sein Vorgänger Kardinal Hermann Volk, wie Weihbischof Werner Guballa und weitere Bischöfe. Sie sind so noch im Tod in der Bischofskirche präsent.
Sehr viele Menschen haben Kardinal Lehmanns letzten Gang begleitet: Sie haben die Mainzer Straßen beim Trauerzug gesäumt, sie haben den Dom bis auf den letzten Platz gefüllt.

Karl Lehmann hätte sich über die Wertschätzung gefreut: Kardinal Walter Kasper, Kardinal Rainer Maria Woelki, Kardinal Reinhard Marx sind da. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nimmt teil, der sich schon zwei Tage vor dem Requiem vor dem aufgebahrten Kardinal verneigt hatte. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die Landesbischöfe der evangelischen Kirche, an ihrer Spitze der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm – es ist, als hätte Lehmann alle nochmals versammelt, mit denen er zeitlebens im Gespräch war. Am Altar stehen enge Weggefährten und Freunde, wie der Bischof von Erfurt, Ulrich Neymeyr, der langjährige Generalvikar und spätere Diözesanadministrator Dietmar Giebelmann und Weihbischof Udo Markus Bentz. Auch die so genannten kleinen Leute sind da, nicht wenige mit Tränen in den Augen. Menschen, die Karl Lehmann gefirmt oder getraut hat, die er gegrüßt hat auf seinen Wegen durch Mainz. Der Kardinal hatte 2009 ein geistliches Testament gemacht, das man nach seinem Tod im Tresor gefunden hat. Er mahnt: „Steht fest im Glauben!“, das war sein Wahlspruch, der ihm immer wichtiger geworden ist. Und er bekennt: „Wir haben uns alle, gerade in der Zeit nach 1945, tief in die Welt und das Diesseits vergraben und verkrallt, auch in der Kirche. Dies gilt auch für mich.“

Bischof Peter Kohlgraf geht darauf in seiner Predigt ein: „Eine Kirche, die sich im Diesseits vergräbt und verkrallt: Dieser Satz scheint mir ... geradezu prophetisch.“ Kohlgraf ruft dazu auf, nicht alles planen und machen zu wollen, sich nicht in Verwaltung, Planung und materiellem Besitz zu verlieren, sondern aus Glauben, Liebe und Hoffnung zu leben. Dabei dürfe der Glaube „nichts Enges, Uniformes“ haben, sondern müsse beweglich und gesprächsfähig bleiben.

Die „geistige Weite“, die Kohlgraf sich für die Kirche wünscht, hat Kardinal Lehmann überzeugend vorgelebt. „Sammelnd, hörend, forschend, ausdiskutierend“ sei er seinen Weg gegangen, sagt Kardinal Reinhard Marx: „Ein Mann des Geistes, weit, offen, neugierig.“ Und er wendet sich an Lehmann: „Du gehst nicht weg. Keiner, der stirbt, geht einfach weg, er begleitet uns weiter.“ Das kann nur sagen, wer an die Auferstehung von den Toten glaubt, wie sie in den Lesungen und Liedern dieses Tages zum Ausdruck kommt. Aus dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther: „Die Posaune wird erschallen, die Toten werden zur Unvergänglichkeit auferweckt ... Verschlungen ist der Tod vom Sieg.“

Trost und Hoffnung verheißt auch die Musik, die von rund 120 Sängern und Musikern der Dommusik unter der Leitung von Karsten Storck dargeboten wird. „Alles meinem Gott zu Ehren“, dieses Lied hatte sich Kardinal Lehmann für seine Beerdigung gewünscht. In der Arbeit, in der Ruh – Karl Lehmann hat ein Leben mit viel Arbeit und wenig Ruhe geführt und sein ganzes Leben gegeben. „Auf Wiedersehen!“ so lautet sein letzter Gruß im geistlichen Testament.