Manfred Brüning ist der "Krimi-Pastor"

Der Kommissar geht in die Bibelstunde

Ein Mann sitzt am Computer

Foto: Petra Diek-Münchow

Zwischen Ambo und Computer: Manfred Brüning schreibt in seinem Ruhestand Krimis – und übernimmt auch jetzt noch gern Predigtdienste.

Wenn Manfred Brüning einen Krimi schreibt, liegt neben seiner Computertastatur immer eine Bibel. Nicht nur, weil er morgens zuerst darin liest – sondern, weil er seine Hauptfigur auch so manchen Vers zitieren lässt. Kein Wunder: Brüning hat viele Jahre als evangelischer Pastor in Ostfriesland gearbeitet.

Adi Konnert ist ein gläubiger Mann. Er geht in die Kirche und zur Bibelstunde, zitiert das Evangelium und schickt immer mal wieder ein Stoßgebet gen Himmel. Das braucht er, denn sein Beruf bei der Polizei in Oldenburg lässt ihn mitunter am Guten im Menschen zweifeln. Der fiktive Kommissar steht im Mittelpunkt der bislang vier Krimis, die Manfred Brüning an seinem Schreibtisch erdacht hat. Der Autor aus dem Landkreis Ammerland weiß, dass solch eine Hauptfigur in diesem Genre eher unüblich ist – kann das aber mit einem Schmunzeln schnell erklären. „Einmal Pastor, immer Pastor“, sagt der 79-Jährige, „das will ich in meinen Büchern auch gar nicht verstecken.“

Zuerst eine Lehre als Schlosser

Bis zu seinem Ruhestand hat Brüning 27 Jahre als Pastor in der gut 2000 Mitglieder zählenden, evangelischen Gemeinde im ostfriesischen Emden-Larrelt gearbeitet. Zuvor hatte ihn sein Weg als Theologe erst ins westfälische Bünde und dann in den achtziger Jahren als Jugenddiakon in die Grafschaft Bentheim nach Nordhorn geführt. 

Angefangen hat seine Biografie aber ganz anders. Brüning wächst mit zwei älteren Schwestern in „einem gar nicht mal so frommen Elternhaus“ in Bad Salzuflen auf: „Bei uns zu Hause spielte die Kirche keine so große Rolle“. Mit 14 Jahren beginnt er eine Lehre als Betriebsschlosser – und in dieser Phase schlägt ihm die örtliche Kirchengemeinde zu seiner eigenen Überraschung eine Mitarbeit bei den Kindergottesdiensten vor.

Er sagt zu, findet Gefallen daran und macht bei Schulungen mit. Dabei hört er die Stelle aus dem Johannes-Evangelium, bei der Jesus am See Genezareth seinen Jünger Petrus fragt: „Hast du mich lieb?“  Und da passiert etwas mit dem jungen Manfred. „Ich wusste gleich, diese Frage muss ich für mich beantworten, das will ich versprechen.“ Brüning nennt diesen Moment seine Berufung oder auch seine Bekehrung. „Das hat alles in meinem Leben verändert.“ Auf Bitten seiner Eltern beendet er erst seine Lehre, arbeitet noch ein Jahr als Geselle und beginnt dann seine theologische Ausbildung für den kirchlichen Dienst.

Ein Pastor am Ambo.
Manfred Brüning bei einer Predigt.

Das Versprechen, „Jesus immer liebzuhaben“, begleitet ihn fortan im persönlichen wie im beruflichen Leben. Seine Theologie lebt von der Liebe: von Gott vorbehaltlos geliebt zu sein, andere zu lieben, sich selbst zu lieben. „Mein Gott ist barmherzig, gnädig, geduldig und von großer Güte“, sagt Manfred Brüning und setzt auf die in diesem Sinne tatsächlich frohe Botschaft. „Was Christus am Kreuz geschafft hat, darf ich für mich annehmen.“ Seinen Glauben empfindet er daher als Geschenk, über das er sich jeden Tag freuen kann. Und in dieses Bild passt der fromme Kommissar „Adi Konnert“ hinein, der in seinem schweren Job den Glauben als sein Fundament, als seinen Kompass versteht und versucht danach zu leben.  „Zu meinem Christsein gehört, das Evangelium zu verkünden“, erklärt Brüning. „Ich kann nicht etwas machen, wo das nicht vorkommt.“ Das gilt eben auch für die Bücher, die stets mit einem Bibelzitat beginnen.

Wie es überhaupt zu den Krimis kam? „Ich lese selbst gern Krimis – und Liebesgeschichten kann ich einfach nicht schreiben“, sagt er mit einem Lächeln und wird dann ernst. Denn den wirklichen Anstoß gibt ein Erlebnis aus seinem späten Berufsleben. Da wird er über ein Trauergespräch mit dem Thema Menschenhandel, sexuelle Gewalt und Zwangsprostitution konfrontiert – recherchiert weiter und ist über das, was er liest und hört, zutiefst schockiert. „Abgründe“, sagt er leise, mit einem Kopfschütteln. Irgendetwas möchte er mit diesem entsetzlichen Wissen anfangen. Natürlich, er predigt dazu in der Kirche. Aber das reicht ihm nicht und er kommt auf die Idee, einen Krimi daraus zu machen. „Gnadenlose Engel“ heißt der, sein erstes Werk, das er nach eineinhalb Jahren im Ruhestand abschließt.

Zwangsprostitution, Rache, Elend, Wohnungslosigkeit

Und das spielt, genau wie seine anderen drei, in Oldenburg und rundherum: eine Region, die Brüning mit allen ihren Eigenheiten und Ritualen gut kennt. Regionale Leserinnen und Leser werden das spüren. Was Konnert morgens trinkt? Selbstverständlich Tee mit Kluntje und Sahne. Aber das bleibt auch der einzige Schmunzler in dem Buch, denn Brünings Krimis sind alles andere als humoristisch. Sehr ernst, sehr tiefgründig, sehr klar formuliert und ohne überflüssige Effekthascherei nähert sich der Autor seinen Figuren und Themen. Zwangsprostitution, Rache, Elend, Wohnungslosigkeit, psychische Erkrankungen oder auch Kinderheime, die den Namen „Fürsorge“ nie verdient haben: Damit beschäftigt er sich. Manche seiner Schilderungen über das, was Menschen anderen Menschen antun, lassen die Leserschaft fassungslos, erschrocken oder mindestens nachdenklich zurück. Und es gibt Momente, da braucht selbst Brüning nach intensiver Recherche vor Ort in Haftanstalten oder Tagesaufenthalten den Ausgleich an seiner Drechselbank.

Es wird einen fünften Roman mit „Adi Konnert“ geben. Daran arbeitet der „Krimi-Pastor“, wie Brüning oft genannt wird, gerade. Die Bibelstelle aus Matthäus 10,26, wonach nichts verborgen bleibt, wird darüber stehen. Es geht um Menschen und ihre Geheimnisse, mehr mag er noch nicht verraten. Und es geht wie immer auch um Hoffnung, um Auswege, um Rettung aus der Not. „Das ist doch unser Job als Christen in der Welt.“

Petra Diek-Münchow

Manfred Brüning kommt auf Nachfrage gern zu einer Lesung seiner Krimis. Kontakt: manfred-bruening@gmx.de