Wallfahrt in aller Welt und in der Region
„Der Ort spendet Kraft!“
Fotos: Bistum Limburg
Überall in Deutschland und der Welt gibt es unzählige Wallfahrtsorte. Sie sind der Gottesmutter Maria geweiht oder der heiligsten Dreifaltigkeit, Christus oder einem Schutzheiligen. Gerade in ländlichen Gegenden haben Wallfahrtsorte zudem eine regionale oder lokale Bedeutung. Ein Beispiel ist die Wallfahrtskapelle Liebfrauenheide nahe Seligenstadt (südhessicher Landkreis Offenbach). Hier wurde nach dem Fund eines Gnadenbilds aus Holz, welches die Schmerzhafte Gottesmutter Maria zeigt, im 18. Jahrhundert die Kapelle errichtet. Die Fatima-Wallfahrten dorthin sind überregional bekannt; das ganze Jahr über werden Gottesdienste gefeiert.
Ursula Winter und Monika Köhler besuchten gerade die Frauenwallfahrt an der Liebfrauenheide und sind sich einig: „Der Ort spendet Kraft!“ Der Wallfahrtsort liegt sozusagen vor ihrer Haustür und wird von den beiden Frauen gern besucht. Zur Frauenwallfahrt im Mai kamen rund 200 Gläubige. Der 2. und 3. Juli steht ganz im Geist von Lourdes. Dann werden Reliquien der heiligen Bernadette, der Seherin von Lourdes, erwartet.
Wallfahrt für und mit Generationen
Über Christi Himmelfahrt fand die gemeinsame Wallfahrt der Bistümer Fulda, Mainz und Limburg nach Lourdes statt, organisiert von der Pilgerstelle des Bistums Limburg. Knapp 200 Pilger machten sich gemeinsam auf den Weg nach Frankreich, begleitet vom Fuldaer Weihbischof Karlheinz Diez. Sowohl die Lichterprozessionen als auch die landschaftlichen Eindrücke rundeten für viele die Reise zu diesem Glaubensort ab. Das Thema „Wallfahrt der Generationen“ wurde von allen Altersklassen getragen. Jessica Müller, Referentin der Pilgerstelle im Bistum Limburg, zeigte sich bei der Rückkehr begeistert: „Das Schöne ist, dass wir durch die Generationenwallfahrt nach Lourdes so viele verschiedene Menschen und Altersgruppen miteinander vernetzten können.“ Jedes Jahr fährt eine größere Gruppe Jugendlicher mit, die sich um die kranken und beeinträchtigten Wallfahrenden kümmert. „Allein dieses Engagement und die Freude, mit der die Jugendlichen helfen, ist jedes Jahr aufs Neue wundervoll mitanzusehen. Aber auch andere Wallfahrende freuen sich immer wieder, wenn sie aktiv in die Gottesdienst- oder Prozessionsgestaltung einbezogen werden, beispielsweise weil sie Laternen tragen, die Wegstrecke absperren oder messdienen“, sagt Müller.
Ein weiterer großer Wallfahrtstag wird in der Zisterzienserabtei Marienstatt (Westerwald, Rheinland-Pfalz) gefeiert. Er findet seit dem 15. Jahrhundert jährlich am Oktavtag nach Fronleichnam statt. Damals baten die Pilgernden das Gnadenbild der Schmerzhaften Gottesmutter um ein Ende der Pest, erläutert Müller. Heutzutage kommen die Menschen mit ganz anderen Sorgen und Problemen, die sie „im Rucksack“ mitbringen und Maria anvertrauen. Bei sonnigem Wetter zogen gleich zwölf größere Wallfahrtsgruppen feierlich mit Fahnen und Blaskapellen die Allee zur Abteikirche entlang und feierten im Anschlussgemeinsam mit Bischof Franz-Josef Overbeck aus Essen und den Brüdern der Abtei den Wallfahrtstag. Der diesjährige Marienstatter Wallfahrtstag führte über 1000 Gläubige aus ganz unterschiedlichen Ecken Deutschlands zusammen.
Auch zum Bonifatiusfest in Fulda, das Mitte Juni mit 6000 Besuchern gefeiert wurde, pilgerten wieder Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus weit umliegenden Regionen. Und eine Wegstrecke von circa 75 Kilometern nahmen die Teilnehmer der Taunusprozession zum Heiligen Blut nach Walldürn auf – zum Teil mitten durchs Feld.
Woher kommt der große Anklang?
Wallfahrten bieten – vor allem zur heutigen Zeit – oft eine dringend benötigte Auszeit, ist sich die Pilger erfahrene Referentin sicher. Es gibt die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen und vom hektischen Alltag abschalten zu können. Wallfahrten haben durch das gemeinsame Singen und Beten während des Unterwegsseins meist einen meditativen Charakter. „Gerade vor dem Hintergrund, dass immer mehr Menschen im Home Office oder sehr isoliert arbeiten, bieten Wallfahrten eine wundervolle Möglichkeit, Gemeinschaft zu erleben und sich mit ganz unterschiedlichen Menschen, Altersgruppen und deren individuellen Vorgeschichten auseinanderzusetzen“, sagt Müller.
Wallfahrten gehören zu einer jahrhundertealten Tradition und eröffnen die Gelegenheit, sich als Teil von etwas Größerem zu erfahren. „Es sind schon Tausende Menschen zuvor genau diesen Weg gegangen und werden es vermutlich auch in Tausenden von Jahren noch tun. Das ist eine ganz besondere Art der eigenen Einbettung und Erfahrung von Raum und Zeit.“
Wie bereite ich mich am besten vor?
Und wie bereite ich mich als Teilnehmer am besten auf eine Wallfahrt vor? Auch hierzu weiß Jessica Müller Rat: „Die beste Vorbereitung auf eine Wallfahrt ist Vorfreude! Wer sein Herz für Gott und die Gemeinschaft der Wallfahrenden öffnet, erfährt eine enorme Bereicherung.“ Grundsätzlich sollten Wallfahrende aber natürlich an gutes, festes Schuhwerk und wettertaugliche Kleidung denken. Viele Wallfahrende greifen für die Wegstrecke gerne auf Nordic Walking Stöcke oder Pilgerstäbe zurück, erklärt sie.
Und natürlich gelte es zu wählen, ob man an einer Tageswallfahrt teilnehmen möchte oder ob man plant, mehrere Tage unterwegs zu sein. „Tageswallfahrende benötigen ausreichend Verpflegung und vor allem Getränke und sollten – da die Wallfahrtssaison auf die Monate Mai bis Oktober ausgerichtet ist – an den nötigen Sonnenschutz denken. Für eine mehrtägige Wallfahrt muss der Rucksack dann doch etwas größer sein. Wallfahrende sollten sich genau damit beschäftigen, was und vor allem wie viel sie einpacken. Eine gezielte Auswahl und die Beschränkung auf das Nötigste erleichtern die Wegstrecke immens“, so ihr praktischer Tipp.
Pilgern und Wallfahren werden als Begriffe oft gleich gebraucht. Doch wo ist da eigentlich der Unterschied? Die Grenzen sind oft miteinander verwoben, erklärt Müller. Beides lasse sich auf die Spiritualität des Unterwegsseins zurückführen. Die Grundbedürfnisse des Menschen sich zu bewegen, aufzubrechen, innezuhalten, loszulassen und zu entdecken, spielen eine große Rolle.
Dennoch stelle man insofern Unterschiede zwischen Pilgern und Wallfahrenden fest, dass sich Pilgernde oft individuell auf den Weg machen und auf eigene Faust markierte Wege, wie etwa den Jakobsweg oder die Bonifatiusroute entdecken. Pilgernde seien oft auf der Suche nach Ruhe, innerer Einkehr, Sinnfindung und Reflexion. Es zähle nicht das Ziel, sondern der Weg an sich.
Im Gegensatz dazu seien Wallfahrten immer auf ein ganz besonderes Ziel ausgerichtet – ein Heiligtum, eine Kirche, ein Gnadenbild, ein Ort, an dem etwas Besonderes passiert ist. Jessica Müller weiter: „Das Erlebnis in der Gruppe, als wallfahrende Gemeinschaft, steht dabei im Mittelpunkt.“
Termine rund ums Pilgern
Als Glaubensort, Kraftspender und Gemeinschaftserlebnis erfahren Wallfahrten und Pilgerreisen wieder mehr Aufmerksamkeit. Gerade jetzt, in den Sommermonaten, nehmen sich viele Gläubige eine spirituelle Reise vor. Für Familien mit schulpflichtigen Kindern eignen sich im Besonderen die Ferien.
Zu Einstimmung und Austausch rund ums Pilgern lädt beispielsweise am Freitag, 5. Juli, die St. Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland um 19 Uhr nach Appenheim ein. Für alle Interessierten lohnt sich zusätzlich ein Blick in das Jahresprogramm „pilgern + wallfahren 2024“ der Pilgerstelle im Bistum Limburg. Hier finden sich Termine zum Pilgern in den Regionen zwischen dem Elisabethpfad, dem Stadtpilgerweg Frankfurt auf der einen Seite und dem Marienstatt Rundweg, Klosterweg Lahn und Hildegardweg bis zum Jakobsweg auf der anderen Seite.
Auch im Herbst geht es weiter: Die „Fußwallfahrt vom Wonnegau in den Rheingau“ (6. bis 8.September) oder von Frickhofen zum Kloster Bornhofen (9. bis 10.September), ebenfalls als Fußprozession. Die Marienthal-Wallfahrt findet am 21. September statt.