Zeltlager im Bistum Osnabrück

„Die besten Tage des Jahres"

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Jedes Jahr im Sommer fahren bis zu 20 000 Kinder und Jugendliche aus den Gemeinden des Bistums ins Zeltlager. Sie pflegen damit eine jahrzehntelang dauernde Tradition. Wir haben das Hagener Jungenlager in Haselünne besucht.


Das Hagener Jungenlager hat eine lange Tradition. Fotos: Sebastian Hamel

Der Abend ist angebrochen im Zeltlager der Hagener St.-Martinus-Gemeinde, doch die tiefstehende Sonne sorgt mit ihren Strahlen noch immer für wohlig-warme Temperaturen. Auf der abgelegenen Wiese im Hasetal bei Haselünne, fernab von städtischem Trubel, umgeben von sommerlichem Grün, haben die Jugendlichen ihr Lager aufgeschlagen. Schon seit einer Woche kampieren die Gruppenleiter und die jungen Teilnehmer dort, in zwei Tagen steht die Abreise an. Für alle endet damit wieder einmal eine vergnügliche Zeit voller Spaß und Gemeinschaft.

So wie in Hagen, sind die Sommerzeltlager in unzähligen Gemeinden des Bistums aus dem kirchlichen Leben nicht wegzudenken. Mit den Lagern wird eine jahrzehntelange Tradition gepflegt. Auf die Frage, wie weit die Wurzeln des Zeltlagers von St. Martinus in die Vergangenheit zurückreichen, muss Lagerleiter Sven Bensmann nachdenken: Mindestens bis in die 1930er Jahre, schätzt er. In einem Punkt ist sich der 25-Jährige mit Blick auf das Zeltlager aber sicher: „Das sind die besten zehn Tage des Jahres.“

31 Zelte sind auf der Wiese errichtet worden, davon 24 Gruppen- und sieben Steilwandzelte, letztere unter anderem fürs Kochen, für Vorräte und Erste Hilfe. 124 Jungen im Alter von neun bis 15 Jahren sind diesmal mit von der Partie, hinzu kommen 45 Gruppenleiter. Die Mädchen haben parallel dazu ein Zeltlager in der Nähe von Bremen. Das Camp als Veranstaltung bildet in der St.-Martinus-Gemeinde das Dach zweier Sparten, namentlich „Junger Club Hagen“ und Messdiener.

Der Bürgermeister war selbst mal Gruppenleiter

Die meisten der Kinder sind „Wiederholungstäter“ und fahren jedes Jahr aufs Neue mit. Auch Sven Bensmann kann eine beachtliche Zeltlager-Karriere vorweisen: Sieben Jahre lang war er als Kind dabei, wirkte danach sechs Jahre als Gruppenleiter und ist nunmehr im vierten Jahr in der Lagerleitung aktiv. Er bezeichnet es als Optimalfall, auf diese Weise Jahr für Jahr mit dem Zeltlager zu wachsen.


Phil Jentzsch und Marlis Kriege bereiten Currywurst zu.

Die Planungen für das beliebte Sommerereignis beginnen schon früh: „Viel Herzblut und Leidenschaft hängen daran“, betont Bensmann. Das Zeltlager genieße im Ort einen hohen Stellenwert – von der Kirche bis zur politischen Gemeinde. Schmunzelnd merkt er an: „Der Bürgermeister war selbst einmal Gruppenleiter.“

Vor dem Küchenzelt herrscht inzwischen reger Andrang. In zwei langen Reihen stehen die Jungen an und warten sehnlichst auf den Start der Essensausgabe. Während die schmachtende Menge schon fordernde Gesänge anstimmt à la „Wir haben Hunger, Hunger, Hunger …“, füllt das Küchenteam riesige Mengen Currywurst in einen großen Bottich. Literweise Kakao werden gleichzeitig angerührt. Als eine Sirene als Startsignal ertönt, bricht frenetischer Jubel aus.

Gute Werte nicht predigen, sondern erlebbar machen

Auch wenn die Ausrichtung des Zeltlagers in katholischer Trägerschaft ist, steht das Angebot grundsätzlich allen Kindern des Ortes offen. So sind diesmal auch drei muslimische Kinder mit dabei. Jeweils an den beiden Sonntagen im Zuge des zehntägigen Zeltlagers findet ein Gottesdienst statt – darüber hinaus kommen die christlichen Maßstäbe im Umgang miteinander zum Tragen, wie Sven Bensmann erklärt: „Wir wollen die guten Werte nicht predigen, sondern erlebbar machen.“

Für die Unterhaltung der Kinder wurde im Vorfeld ein umfassendes Programm ausgearbeitet, das vom großangelegten Geländespiel bis zur Einbindung der örtlichen Feuerwehr reicht, die dem Zeltlager einen Besuch abstattet. „Es ist einfach einzigartig, mit 180 Teilnehmern hier auf der Wiese zu leben – und alles zu geben, damit jeder den Spaß seines Lebens hat“, schwärmt Sven Bensmann. Für ihn heißt es allerdings nun, sich schweren Herzens von den jährlichen Fahrten zu verabschieden. „Viele hören mit 25 auf“, sagt er. Von unten rücken stets neue Kräfte nach, die sich engagieren möchten – denen wolle man den Platz nicht wegnehmen. „Es ist eine krasse Konstante, die jetzt wegbricht. Das ist nicht einfach, aber es muss sein“, sagt er. Immerhin: Gedanken über die Zukunft des Zeltlagers braucht er sich nicht zu machen. Der Nachwuchs ist stark.

Sebastian Hamel