Ostern mit allen Sinnen erleben

Die Kerze macht es hell für uns

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Eine Kerze vertreibt die Dunkelheit. Ins Dunkel der Menschen kommt das Licht der Osterkerze. Selbst wenn die Flamme noch so klein ist, kann sie einen Raum ganz anders wirken lassen. Heller und freundlicher.


Am Palmsonntag wurde vor der Osnabrücker St.-Barbara-Kirche die neue Osterkerze gegossen und einen Tag später aus der Erde gezogen. Foto: Thomas Osterfeld

In der Osnabrücker Gemeinde St. Elisabeth haben sie schon seit vielen Jahren Erfahrung mit einer besonderen Form der Osterkerze: Sie wird selbst gegossen. Heißes Wachs kommt in ein Loch in der Erde, später wird die fertige Kerze aus der Erde gezogen. Das haben sie in der benachbarten St.-Barbara-Gemeinde vor mehreren Jahren das erste Mal nachgemacht. Letztes Jahr musste die gute Gewohnheit pausieren, 2021 machen sie es trotz Corona. Tagelang wurden Wachsreste gesammelt und schließlich erhitzt.

Am Palmsonntag konnten interessierte Gemeindemitglieder – natürlich schön der Reihe nach und mit Abstand – die flüssige Masse in eine Form, ein Plastikrohr, geben. Schichtweise ist so eine neue Kerze entstanden, die am Montag der Karwoche aus der Erde geholt wurde. Hier und da mit ein paar Krümeln Erde versehen oder einer kleinen Wurzel. Aber das ist durchaus gewollt. Am Ende wurde die Kerze noch verziert.

Die Kerze ist extra lang gewählt, damit sie auch lange brennen kann. Denn sie soll die gesamte Osterokatv über in der Kirche angezündet bleiben. Dann ist die Kirche offen, jeder kann tagsüber die Atmosphäre aufnehmen. „Wir machen da nicht einfach nur mal eine Kerze an“, sagt Carsten Lehmann, der Diakon der Gemeinde, die zur Dompfarrei gehört. „Die Kerze ist eins der stärksten Symbole, die wir in der Kirche haben“, sagt er. Sie gibt Wärme, sie verzehrt sich, da brennt etwas für mich – Bilder, die auch Menschen ansprechen, die mit Religion nicht viel zu tun haben.

In den Tagen vor der Entstehung der Kerze hat Carsten Lehmann in der Kirche immer wieder Wachsreste gefunden, die jemand vorbeigebracht hat. Für ihn ein gutes Zeichen: „Das zeigt mir, dass viele Gemeindemitglieder daran Anteil nehmen, dass sie sich wünschen, ein Teil der Kerze zu sein.“ Dass außerdem echtes Bienenwachs geschmolzen wird, ist für Lehmann selbstverständlich. Heißt es doch im Osterlob, dem Exultet, dass die Kerze aus dem „köstlichen Wachs der Bienen“ bereitet ist. Früher sorgte Generalvikar Ulrich Beckwermert für diese Zutat, als er noch Dompfarrer war, dafür. Jetzt übernimmt Diakon Robert Gildehaus diesen Part – Hobbyimker wie Beckwermert.

Die Kerze kann trotz Corona gegossen werden, aber auf eine andere Tradition muss die Gemeinde 2021 verzichten: die Agapafeier nach der abendlichen Auferstehungsmesse. Die dauerte immer bis tief in die Nacht, verband Alt und Jung, wobei die Ältesten als Letzte den Heimweg fanden. Mittendrin in der Feier die brennende Kerze, die von der Auferstehung kündete. Sie muss in diesem Jahr für sich alleine leuchten.

Matthias Petersen