Singspiel in LIngen

„Die Kirche muss jünger werden"

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Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken. „Aber wie kommt denn jetzt noch die frohe Botschaft Gottes zu ihnen?“, fragt sich Werner Hölscher. Der Lingener Chorleiter will dazu mit jungen Menschen ein Singspiel zeigen.


Es geht jeden an: Schülerinnen und Schüler des Franziskusgymnasiums in Lingen machen sich Gedanken um das Thema Berufung und neue Perspektiven. Unser Foto zeigt eine Probe des Singspiels. Foto: Petra Diek-Münchow

Seit über 50 Jahren schon engagiert sich Werner Hölscher als Organist, leitet zudem seit 2001 den Chor in der Lingener St.-Josef-Gemeinde. Die Kirche ist ihm wichtig, aber ihr derzeitiger Zustand macht ihm Sorgen und treibt ihn um. „Das ist mir nicht egal.“ Er kann verstehen, dass zunehmend mehr Menschen sich von der Kirche abwenden. „Es wurden und werden zu viele Fehler gemacht“, sagt der 66-Jährige.

Aber Hölscher will nicht bei der Klage über die Krise stehenbleiben. Er fragt sich vielmehr, was wir tun können, damit der Ruf Gottes noch zu den Menschen durchdringt. „Und können wir diesen Ruf noch selber hören, wenn uns die Enttäuschungen über die Kirche auf die Seele drücken?“ Rund um solche Fragen hat der Lingener mit seinem Cäcilia-Kirchenchor sowie Kindern und Jugendlichen aus dem Lingener Franziskusgymnasium ein Singspiel mit neuen geistlichen Liedern und Theaterszenen auf die Beine gestellt.

Kirche in ein neues Licht setzen

Er will den Zuschauern damit keine fertigen Antworten, sondern Gedankenanstöße mit nach Hause geben. Darüber was Kirche ist, was sie sein kann und dass es dabei auf jeden Einzelnen ankommt. „Jeder muss sich berufen fühlen“, sagt Hölscher. Der Nachmittag soll Mut machen zum Engagement, soll die Kirche „in ein neues Licht setzen“. Im übertragenen wie im wörtlichen Sinn, denn der Lingener Künstler Ansgar Silies will den Kirchenraum durch eine aufwendige Illumination verwandeln.

Die Gesangsbeiträge stammen unter anderem aus einer Messe des Herz-Jesu-Paters Norbert Becker und des religiösen Liedermachers Siegfried Fietz – werden begleitet von Klavier, Saxofon und Schlagzeug. Es geht darin um Themen wie Berufung, um die Geschichte des Apostels Paulus und um neue Perspektiven. „Wenn ich falle, hilfst du mir wieder auf“, übersetzt Hölscher die Liedzeile eines der Stücke.

Zu den einzelnen Themenblöcken haben Kinder und Jugendliche des Franziskusgymnasiums in den vergangenen Wochen im Unterricht kurze Spielszenen erarbeitet. Hölscher war ihre Mitwirkung ganz wichtig: „Die Kirche muss jünger werden“, sagt er energisch. So stellt zum Beispiel die neunköpfige Theater-AG, bestehend aus Schülern der fünften und sechsten Klassen, die Wandlung des Saulus zum Paulus dar. Außerdem will die Gruppe dem Publikum vor Augen führen, was es heute bedeutet, Christ zu sein: im Alltag, beim Umgang mit unserem Nächsten und Nachbarn wie zum Beispiel Geflüchteten.

Es gibt viel Stoff zum Nachdenken

Wie Wort-Installationen werden die Beiträge des Seminarfaches  Darstellendes Spiel wirken. Die zwölf jungen Leute im Alter von  17 bis 19 Jahren wollen die Zuschauer in den Kirchenbänken mit verschiedenen Standpunkten direkt ansprechen. Was ist Kirche für dich? Ist sie Gemeinschaft und Hoffnung  – oder mittlerweile fremd und ungerecht? Es gibt viel Stoff zum Nachdenken.

Nachgedacht haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Vorfeld selbst viel über die Kirche. Und sie sagen ganz offen und deutlich, was sie stört und was sie wünschen: mehr Toleranz im Umgang mit Homosexuellen, weniger „Machtgehabe“ und hierarchisches Denken, mehr Gleichberechtigung für Frauen und mehr Aktionen für Jugendliche. Man spürt aber auch: Die Kirche ist diesen jungen Leuten nicht egal.

Petra Diek-Münchow

 

Zur Sache

Das Singspiel mit dem Titel „gerufen & gesandt“ beginnt am Sonntag, 10. November, um 17 Uhr in der Kirche St. Josef im Lingener Stadtteil Laxten (Josefstraße). Das Stück dauert etwa 90 Minuten, der Eintritt ist frei. Die Gesamtleitung hat Werner Hölscher, für die musikalische Gestaltung sorgt das Franziskusgymnasium.