Die Landschaftspfleger

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Seit fünf Jahren gibt es im Kloster Nütschau Moorschnucken. Sie sind bei den Mönchen ebenso beliebt wie bei den Gästen. Bruder Elija Pott kümmert sich um Polly, Brownie und Co.

Zwei der acht Osterlämmer von Kloster Nütschau

Da Ostern in diesem Jahr sehr spät gefeiert wurde und auf den 21. April fiel, darf man sich nicht wundern, dass die Osterlämmer diesmal schon recht großgewachsen sind. So auch im Klos-ter Nütschau, wo in diesem Jahr insgesamt acht Lämmer das Licht der Welt erblickten. Sie kamen vor drei bis vier Wochen jeweils als Zwillinge zur Welt. Trotz ihres geradezu  fortgeschrittenen Alters sind sie immer noch sehr niedlich und verspielt. Bruder Elija Pott ist im Kloster verantwortlich für die kleine Herde, die aus acht weiblichen Moorschnucken, ihrem Nachwuchs und dem braunen Wikinger-Bock namens Brownie aus Norwegen (ein Schaf der Rasse Spælsau) besteht. Letzterer hat eine viel feinere Wolle als die heimischen Moorschnucken.

Unterstützt wird der Benediktinermönch bei seiner Arbeit mit den Schafen von einem jungen Mann, der ein freiwilliges ökologisches Jahr im Kloster absolviert. Bruder Elija selbst machte vor einigen Jahren den Vorschlag, die Tiere auf dem Klostergelände zu halten. Es dauerte ein wenig, bis die Idee in die Tat umgesetzt wurde. Doch seit fast fünf Jahren sind sie nun da, erfreuen Gäste des Klosters ebenso wie die Brüder selbst. „Die Schafe sind zur Landschaftspflege da, um vor allem die feuchteren Rasenflächen rund um das Herren-
haus zu pflegen“, erzählt Bruder Elija. Derzeit stehen sie auf einer Rasenfläche am Gästehaus. Doch wenn es Zeit ist für einen Standortwechsel, kommen die Schafe in einen zum Mobilstall umgebauten Pkw-Anhänger und werden per Traktor zum neuen Standort gefahren, sozusagen mit dem „Schaf-Express“.

Bei kniffligen Fragen muss der Tierarzt ran

Sein Lieblingsschaf ist Polly, die sich immer sehr gut um den Nachwuchs kümmert. Und dann ist da noch Rapunzel, die der Benediktiner zusammen mit einem Mitbruder vor drei Jahren selbst mit der Flasche aufgezogen hat, weil das Lamm partout nicht bei der Mutter trinken wollte. 

Der 46-Jährige, der sich 2003 von seinem Beruf als Technischer Zeichner im Maschinenbau verabschiedete und ins Kloster eintrat, hat den Umgang mit Tieren schon im Elternhaus im Münsterland erlebt. Hühner, Gänse und Kaninchen gab es dort ebenso wie Schafe. Damals habe er sich allerdings nicht um die Tiere zu kümmern gehabt, erinnert er sich.

Auch jetzt sieht sich Bruder Elija durchaus nicht als Fachmann, sondern fragt gegebenenfalls den Tierarzt oder den erfahrenen Schafscherer. Was nicht heißt, dass er selbst nicht inzwischen eine Menge Erfahrung mit den Tieren gesammelt und einige Bücher zum Thema gelesen hätte. Tatsächlich kümmert sich Bruder Elija in der Regel selbst um das Schneiden der Klauen, nicht aber um die Schur. „Das kann ich nicht, da kommt ein Schafscherer.“ Für die Wolle hat er unter anderem eine Behindertenwerkstatt als Abnehmer. Dort freue man sich über die geschenkte Rohwolle sehr.

Etwas Sorge bereitet Bruder Elija die derzeit herrschende Trockenheit. Ohne Regen wächst nicht einmal das Gras, das die Schafe benötigen und das sonst durch Heu und Kraftfutter ersetzt werden muss. Was ihn fasziniert, erzählt Bruder Elija, das sind das Verhalten als Herde und das Sozialverhalten der Schafe. „Die achten immer aufeinander. Dass ein Schaf alleine steht, das gibt es eigentlich nicht. Wenn es doch alleine steht, dann ist es meistens krank.“ Nein, er glaube nicht daran, dass die Tiere ihr Verhalten reflektierten. Aber: „Man sieht, wie sie miteinander umgehen, wie die Herde zusammenhält.“ Wie die Tiere aufeinander achteten und ruhig und ausgeglichen seien, das sei „schön zu sehen“, sagt der Mönch. Und er erinnert sich daran, als ein Mutterschaf sein Junges verlor und ganz offensichtlich in Trauer war. Ein anderes Schaf kümmerte sich um die Artgenossin, lief mit ihr blökend um den mobilen Stall und stieß das Tier dann mit dem Kopf an. Dann war Schluss mit dem Blöken. „Das war total faszinierend anzusehen“, so Bruder Elija.

Die Lämmer der kleinen Herde landeten bislang übrigens noch auf keinem Teller. Die kleinen Böcke wurden alle an Züchter verkauft und die Auen, wie die weiblichen Tiere heißen, konnten alle bleiben. Doch selbst wenn es anders wäre und Lämmer zum Zweck der Nahrungsaufnahme geschlachtet würden, könne er damit ganz gut umgehen, sagt Bruder Elija. Schließlich habe er das Tier dann ja selbst aufgezogen: „Das steigert die Wertschätzung und den Respekt vor diesem Mitgeschöpf, das ja auch ein Geschöpf Gottes ist.“

Text u. Foto: Marco Heinen