Johannes zu Eltz im Interview
„Die letzte große Chance für die Kirche“
Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz ist einer der 230 Synodalen der ersten Vollversammlung des Synodalen Wegs. Dieser Reformdialog sei für die katholische Kirche in Deutschland die „letzte große Chance“, sagt er im Interview.
Herr Stadtdekan, deutsche Bischöfe reden von „Zeitenwende“ oder vom „Gestaltwandel“ der Kirche. Welche Bedeutung hat der Synodale Weg aus Ihrer Sicht?
Ich mag sonst Pathos gar nicht. Aber hier ist es gerechtfertigt. Ich glaube, für die Kirche, wie wir sie kennen und wie ich sie liebe, ist das die letzte große Chance, durch selbstgesteuerte Reformen dorthin zu kommen, wo sie sein will. Das wäre eine moderne Volkskirche, die als Teil einer freiheitlichen Gesellschaft zuversichtlich mit der Zeit geht, damit sie ihre zeitlose Botschaft unter die Leute bringen kann. Die Möglichkeiten, die für diesen Gestaltwandel im Synodalen Prozess liegen, müssen beherzt ergriffen und umgesetzt werden.
Manche sagen, die katholische Kirche müsse sich nicht neu erfinden, sie habe von Gott die Zusage, dass sie nie untergeht, solange die Erde besteht …
Ja, klar. Sie hat eine Dauerkarte in der Geschichte. Aber die Bestandsgarantie, die Jesus der Kirche gegeben hat, gilt nicht für ihre geschichtliche Gewandung. Die muss immer neu angepasst werden.
Kritisiert worden ist die Satzung des Synodalen Wegs, die am Ende den Bischöfen die Umsetzung der Beratungsergebnisse in ihren Bistümern überlässt. Wie sehen Sie diese mangelnde Verbindlichkeit?
Keine Kritik! Ohne eine solche Klausel hätte es gar keinen Synodalen Weg gegeben. Und wer will denn eine brachiale Durchsetzung von Mehrheitsentscheidungen auf dem Gebiet der Deutschen Bischofskonferenz gegen den Willen von einzelnen Ortsbischöfen?
Wie könnten dann Bischöfe die Beratungsergebnisse umsetzen, die beim Synodalen Weg zusammen mit den Vertretern der Laien gefunden werden?
Indem sie in ihren eigenen Bistümern einfach damit anfangen. Und das, was Rom entscheiden muss, klipp und klar von Rom verlangen. Je mehr Bischöfe das tun, und je kraftvoller sie miteinander ihre Überzeugungen äußern, desto größer sind die Chancen. Die Erfahrung, dass durch maßvolle Reformen die Kirche in den Diözesen nicht zerbricht, sondern dass sie im Gegenteil Wind in die Segel bekommt und Fahrt aufnimmt, kann mit der Zeit auch den skeptischen oder gegnerischen Bischöfen Mut machen. Jedenfalls werden die Gläubigen das tun. Wenn sie sehen, dass die Kirche im Nachbarbistum Lust und Leben bekommt, werden sie zu ihrem Bischof gehen und sagen: „Komm, das können wir auch. Los, auf geht‘s.“
Welche Rolle spielt der Papst?
Er muss Unterschiede gut finden und unterschiedliche Regelungen in der Weltkirche erlauben, die sensibel die jeweiligen Kulturen berücksichtigen.
Interview: Norbert Demuth