Historische Orgel in St. Johann in Osnabrück wird eingeweiht
"Diese Klänge werde ich genießen"
Foto: Oliver Pracht
Sie gilt als die „Königin der Instrumente“. Majestätisch überragen über 3400 Orgelpfeifen aus sechs Jahrhunderten das Kirchenschiff von St. Johann in der Osnabrücker Innenstadt. Die historische Orgel stammt aus dem Jahr 1787, ist die älteste Kirchenorgel der Stadt. Ihre Pfeifen sind Zeitzeugen der Geschichte. Jede von ihnen hat einen eigenen Namen, einen eigenen Klang. Viele der Pfeifen sind aus Blei – und verleihen dem großen Instrument einen weichen Klang.
Ehrfürchtig schaut Gemeindemitglied Claudia Schürmann vom Kirchenschiff aus zur Orgel empor. Sie liebt den Klang dieses faszinierenden Instruments, er berührt sie. Die Orgel, so erzählt sie, sei für sie ein „ganz besonderes liturgisches und musikalisches Instrument“. Es vermittele auf musikalische Art eine Ahnung und einen Zugang zum Glauben - auch jene Menschen, die noch auf der Suche seien, erklärt die 57-jährige Osnabrückerin.
Auf die Orgelklänge in ihrer Pfarrkirche musste die Gemeinde in den vergangenen drei Jahren jedoch schmerzlich verzichten. Bereits 2017 wurde festgestellt, dass zahlreiche historische Orgelpfeifen aus dem 16. und 18. Jahrhundert von Bleifraß befallen und zum Teil bereits zerstört worden waren. 2021 wurden sie schließlich von der Orgelbaufirma Flentrop aus den Niederlanden ausgebaut und bereinigt und in Präzisionsarbeit auf dem Original-Erscheinungsbild von 1787 neu arrangiert. Einige Register wurden dabei ausgebaut, einige Pfeifen lahmgelegt. Im neuen Gehäuse erklingen nun 2600 Pfeifen, davon 800 historische – „das ist weiterhin eine sehr große Anzahl“, wie der Kirchenmusikdirektor an St. Johann, Christian Joppich betont.
Ein drittes Manualwerk ergänzt den Bestand und erweitert die musikalischen Möglichkeiten der Orgel. Joppich erklärt: „Musik ist ein Schwerpunkt an St. Johann. Die Orgel wird auch für die Ausbildung von Kirchenmusikern und Musikstudenten genutzt. Orgelführungen für Kindergärten und Schulen helfen darüber hinaus, Kinder und Jugendliche für die Orgel zu begeistern.“ Die Orgel sei somit mehr als nur ein Kircheninstrument: „Sie dient liturgischen, kulturellen und pädagogischen Zwecken.“
Insgesamt 1,5 Millionen Euro kostet die Restaurierung. Ein umfangreiches und teures Projekt. Fast 80 Prozent der Kosten kann die Pfarrei aufgrund des Denkmalschutzes über Eigenmittel, öffentliche Zuschüsse und große Stiftungen finanzieren. Der Rest muss über Spenden aufgebracht werden. Kirchenmusiker Christian Joppich begleitet mit viel Energie und Ideenreichtum den Prozess. Für eine umfangreiche Spendenaktion „Save the pipes“ wurde der Musikdirektor sogar zum Marketingexperten: Mittlerweile gibt es an St. Johann Orgelwein, Orgelhonig und Orgelkaffee, es gab einen Sponsorenlauf, viele Baustellenkonzerte und Vorträge und die Vergabe Pfeifenpatenschaften, die bis heute möglich ist. Augenzwinkernd wirbt Joppich für die Aktion: „Es ist ein Patenkind, das von sich hören lässt.“ Interessenten können sich die Töne aussuchen und damit Assoziationen verbinden. „Wer seinem Chef eine Patenschaft schenken möchte, sucht sich zum Beispiel die Pfeifen der Töne C H E F aus“, sagt Joppich mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Kirchenmusikdirektor wird zum Marketingexperten
Der Erfolg gibt ihm Recht: Mittlerweile gibt es über 150 Pfeifenpaten. Auch Claudia Schürmann gehört dazu – und reckt sich etwas, wenn sie auf ihre Patenkinder im Hauptwerk der Orgel zeigt: „Ungefähr dort, beim Fagott, da habe ich zwei kleinere Orgelpfeifen übernommen“, erklärt sie – und fügt hinzu: „Es ist ein gutes Gefühl, die Renovierung zu unterstützen. Ich möchte damit Werte teilen und vermitteln. Über das Medium Orgel haben Menschen die Chance, auf einen Zugang zum Glauben.“
Auch der Osnabrücker Lars Haverkamp zählt mit seiner Kanzlei zu den Pfeifenpaten. Er hat sich für fünf modernere zwei alte gotische Pfeifen, die ältesten der alten Orgel, entschieden. Der Gedanke, Historisches zu erhalten und in ein modernes Instrument zu überführen, war für ihn Antrieb, bei der Spendenaktion mitzumachen. „Musik ist eine Möglichkeit, religiöser Spiritualität eine Stimme zu verleihen“, betont der Jurist. Auf das Paten-Konzert, zu dem alle Pfeifenpaten eingeladen werden, freut er sich besonders: „Ich freue mich sehr darauf, das zu hören, was bei dieser Restaurierung herauskommt. Diese Klänge werde ich genießen.“
Orgelweihe in St. Johann
Bischof Dominicus Meier OSB weiht am Freitag, 20. Dezember, in einem Gottesdienst um 18 Uhr die grundlegend restaurierte Orgel in St. Johann in Osnabrück.
Weitere Infos unter https://savethepipes.de/