Kolumbariumskirche Osnabrück
Ein Anbau für noch mehr Urnen
2010 wurde die Kolumbariumskirche „Heilige Familie“ im Osnabrücker Stadtteil Schölerberg eingeweiht. Warum ist die Urnenbestattung dort so beliebt, dass bereits jetzt eine Erweiterung gebaut werden muss?
Direkt neben dem Turm der Kolumbariumskirche „Heilige Familie“ ragt aktuell noch etwas anderes in den Osnabrücker Himmel: ein Baukran. Denn hier wird derzeit ein Erweiterungsbau errichtet. Die 1250 bisherigen Urnenkammern sind zwar noch nicht komplett belegt, aber bereits für Menschen reserviert, die hier einmal ihre letzte Ruhe finden möchten. Deshalb entsteht jetzt ein Anbau, der Platz für weitere 892 Urnen bietet.
„Seit wir uns so viel mit dem Tod beschäftigen, kommt hier viel Leben rein“ – so zitiert Diakon Harald Niermann einen Kollegen aus dem Kolumbariumsausschuss, dessen Mitglieder sich um die Realisierung des Anbaus kümmern. Vor einigen Jahren sei der damalige Generalvikar Theo Paul in die Gemeinde gekommen und habe nach der Feststellung „Die Gemeinde wird kleiner“ zusammen mit Gemeindevertretern nach einer Sicherung des Standorts gesucht. „Er hat dann den Vorschlag gemacht, dass wir die Kirche auch als Kolumbarium nutzen“, sagt Niermann über die Pläne für das 1961 eingeweihte Gotteshaus. Mit dem Begriff Kolumbarium wird ein Gebäude bezeichnet, in dessen Innerem Nischen für die Aufnahme von Urnen eingebaut sind.
Gemeindekirche und Friedhof liegen unter einem Dach
Der Altar und die Sitzbänke für die Gäste der ursprünglichen Kirche an der Voxtruper Straße wurden enger aneinandergerückt, drumherum laufen parallel zu den gebogenen Mauern der Kirche die Wände, in die die Plätze für die Urnen eingelassen sind. Manche sind quadratisch, andere etwas länger gezogen. Dort können die sterblichen Überreste von zwei Menschen zusammen beigesetzt werden.
„Wir mussten uns auch erst einmal damit beschäftigen, was ein Kolumbarium ist“, erinnert sich Harald Niermann. Inzwischen ist es ganz normal für alle: „Wir haben zwei Dinge unter einem Dach.“ Die Kirche und einen Friedhof. Im Gebäude würden aber nicht nur Beerdigungen gefeiert, sondern auch Gemeindegottesdienste, Hochzeiten und Taufen. Bischof Franz-Josef Bode hat die Kolumbariumskirche Heilige Familie im August 2010 geweiht.
Warum ist das Kolumbarium so beliebt, dass bereits nach elf Jahren ein Anbau mit weiteren Urnenplätzen notwendig wird? Harald Niermann findet die Antwort zunächst in der klaren Gestaltung des Gotteshauses, in dem man zur Ruhe kommen könne. Auch außerhalb der Gottesdienste ist die Kirche täglich geöffnet. Dann ergänzt er: „Der Generationenvertrag funktioniert heute nicht mehr so wie früher.“ Manche Menschen hätten keine Angehörigen, die sich um die Grabpflege kümmern können oder wollen. „Hier im Kolumbarium fällt die Grabpflege allerdings komplett weg“, sagt er dann. Manche Angehörige indes haben Blumen unterhalb des Urnengrabes eines Verwandten oder Freundes aufgestellt.
Für den Um- wie für den Neubau arbeitet die Gemeinde mit dem Architekturbüro Klodwig&Partner aus Münster zusammen; das Büro hatte bereits den ersten Bau des Kolumbariums realisiert. Die Erweiterung wird ähnlich gestaltet sein: klare Formen, die Wände geschwungen, der Grundriss rund, in der Mitte des Daches ein kreisrunder Durchlass für Licht.
„Es entsteht ein Raum, der Himmel und Erde verbindet“
Auch im Zentrum des Anbaus soll ein Freiraum liegen. „Als besonderes Element wird ein großer Spiegel im Boden eingebaut. Es entsteht ein Raum, der Himmel und Erde verbindet, der Diesseits und Jenseits in einer Einheit spürbar macht und in den Blick für die Ewigkeit öffnet“, erläutert Tobias Klodwig und zitiert aus dem ersten Korintherbrief im Neuen Testament: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.“
Laut Diakon Niermann werden auch im Erweiterungsbau als Materialien helles Holz, Kupfer für die Deckel der Urnenboxen und Beton gewählt. Einen Zugang wird es über die Kolumbariumskirche geben. „Der Gang wird größtenteils aus Glas bestehen“, sagt er. Noch stehen hier hauptsächlich Gerüste, doch ein Teil der geschwungenen Mauern ist bereits zu erkennen.
Wie auf Friedhöfen auch, liegen die Urnen mit der Asche der Bestatteten im Kolumbarium erst einmal für 20 Jahre mit Option auf Verlängerung. Und was passiert danach? „Die Asche wird ins Erdreich unter der Kirche eingegeben. Wer hier einmal bestattet wurde, der bleibt auch hier“, sagt Harald Niermann. Eingeweiht werden soll der Anbau im Februar 2022.
Marie-Luise Braun