Drei Generationen tauschen sich aus über die Erstkommunion
Ein Glaube, der Kraft und Sinn gibt
Foto: Thomas Osterfeld
Eines weiß Jonas genau: Er wird keinen Anzug anziehen. Ende April kommt der Neunjährige in Osnabrück zur Erstkommunion. Vieles muss noch organisiert werden. Nur die Kleiderfrage ist schon lange klar: Hemd, Pullover, dunkle Jeans, Sneaker. Mutter Christina Grosser sagt: „Es ist Jonas´ Tag. Und es soll ein guter Tag für ihn werden.“ Ungern erinnert sie sich an das „Schaulaufen“ während ihrer eigenen Erstkommunion um das schönste Outfit, das schönste Kleid. „Das hat sich zum Glück verändert“, betont sie. Jungen ohne Anzug, Mädchen in weißer Hose statt im weißen Kleid – heute sei das kein Problem mehr. „In meinem Jahrgang wäre das undenkbar gewesen“, erzählt die 37-Jährige.
Die Familie sitzt am Wohnzimmertisch. Mutter Christina, Sohn Jonas und Oma Felicitas Sondermann. Drei Generationen tauschen sich aus - über ihre Erstkommunion, ihre Erinnerungen. Was ist geblieben? Was hat sich verändert? Sie finden einiges: Wurde die Oma Ende der 60er Jahre noch vom Pfarrer in der Kirche unterrichtet, hatte ihre Tochter Christina etwa 25 Jahre später bereits wöchentliche Gruppenstunden mit ehrenamtlichen Katecheten. Jonas erlebt seit zwei Jahren eine erlebnisorientierte Vorbereitung am Wochenende - teils sogar gemeinsam mit den Eltern. Sie sind mit dem Fahrrad gepilgert, haben den Kirchraum erkundet, Brot gebacken, Kerzen gestaltet, ein Mottolied gelernt und Gottesdienste gefeiert. „Wir treffen uns, wir erleben was, wir machen was“, so beschreibt es Christina Grosser, die als Katechetin aktiv ist. Spielerisch und ohne Druck sollten Kinder und Familien heute einen lebendigen Glauben, eine gute Gemeinschaft und ein lebensstärkendes Sakrament kennenlernen. Wöchentliche Gruppenstunden, erklärt sie, funktionierten für Kinder und Familien schon rein praktisch gar nicht mehr.
Noch sind mit 60 Erstkommunionkindern die Zahlen in ihrer Pfarrei einigermaßen stabil. Christina Grosser ist selbst Gemeindereferentin von Beruf. Für sie sind Sakramente „wichtige Punkte, wo Menschen auftauchen, aus der Alltagsroutine herauskommen, Sinnfragen aufgreifen“. Klar ist aber: die Zahlen werden sich verändern. Schon in Jonas´ Klasse sind nur noch 5 von 18 Kindern in der Katechese dabei, in der Klasse seiner sechsjährigen Schwester Mia gibt es noch weniger katholische Schüler. „Das bröckelt gerade“, erzählt die Mutter. Sie freut sich dennoch über bewusstere und freiere Entscheidungen und Familien, die „trotz allem den Weg in die Katechese finden“. Und sie hat treffende Bilder, für das, was sich verändern muss: „Wir müssen wegkommen vom Postboten- zum Hebammenmodell. Wir liefern ja nicht einfach etwas ab, sondern wir helfen, Dinge ans Licht zu bringen. In jedem Kind, in jedem Menschen ist Gott grundgelegt und wir wollen gemeinsam entdecken, wie Gott uns begleiten kann.“
Eine brennende Kerze steht auf dem Tisch. Ihre Flamme bricht sich sternenförmig in einer Folie. Jonas ist fasziniert. Er mag das Licht, das in der Vorbereitungszeit gebastelt hat. Auch seine Taufkerze zeigt er stolz. Mit der Katechese hat sie für ihn eine neue Bedeutung bekommen, seit er sie bei einem Treffen feierlich von seiner Mutter überreicht bekam. Als Zeichen: Ab jetzt ist es dein Weg, deine Verantwortung.
Seine Eltern und Großeltern unterstützen Jonas auf diesem Weg. Für ihn ist seine Familie ein wichtiger Lernort seines Glaubens. Das ist nicht mehr selbstverständlich. Christina Grosser erklärt: „Viele Familien sind heute selbst auf der Suche und nicht mehr so beheimatet in der Kirche“. Oma Felicitas Sondermann bedauert das sehr und erklärt: „Es tut gut, als Glaubender zu einer Gemeinde zu gehören, dort die Dinge weiterleben zu lassen, die einem Kraft geben.“ Im Gottesdienst müssten ihre Enkel heute andere Kinder suchen oder sich vorher konkret verabreden.
Auf seinen großen Tag freut Jonas sich sehr. „Wir werden es schön machen, dass du dich gerne erinnerst“, verspricht seine Mutter. Wichtiger als die Kleidung ist allen die Botschaft, die hinter dem Sakrament steckt. Und die ist gleichgeblieben: „Gott kommt mir in der Eucharistie nahe, steht mir direkt zur Verfügung. Das ist so schön und wertvoll“, erklärt die Oma und wünscht ihrem Enkel „einen Glauben, der ihm Kraft gibt im Leben. Dass er in die Zukunft vertraut und immer wieder merkt, dass ein guter Sinn dahintersteckt.“