75 Jahre Stephanswerk - Wohnungsbaugesellschaft des Bistums Osnabrück
Ein Investor mit Herz

Foto: Stephanswerk
Auch in Schledehausen gestaltet das Stephanswerk das kirchliche Areal neu.
Warum gibt es im Bistum Osnabrück eine kirchliche Wohnungsbaugesellschaft?
Baune: Ein Rückblick auf die Anfänge des Stephanswerkes macht unseren Auftrag sehr gut deutlich: Nach dem Krieg lag Deutschland in Trümmern, es herrschte große Wohnungsnot, auch mit Blick auf die damaligen Flüchtlingsströme aus dem Osten. Bischof Wilhelm Berning war es ein großes Anliegen, den Menschen wieder ein Zuhause zu geben. Daher gründete er 1949 mithilfe von zwei Vereinen die gemeinnützige Stephanswerk Wohnungsbaugesellschaft. Es waren kleine Anfänge mit wenig Geld. Natürlich ist unser Aufgabenspektrum mit der Zeit gewachsen. Aber das Grundanliegen von Bischof Berning und auch allen Bischöfen nach ihm bleibt heute noch unser Auftrag und ist unser Antrieb: Menschen ein gutes Zuhause zu geben, sei es mit einem Eigenheim, einer Eigentumswohnung oder mit einer bezahlbaren guten Mietwohnung. Wir sind kein Massenhersteller. Wir wollen ganz gezielt für Menschen da sein, auch für solche am Rande der Gesellschaft.
Für wen baut das Stephanswerk?
Lauhoff: Wir sind ein wichtiger Dienstleister für Bistum, Caritas, Schulen und Orden rund ums Thema Wohnen und Bauen. Von 941 Bauten, die wir bis Ende 2024 gebaut haben, sind etwa zwei Drittel sozial geprägt. Etwa 2300 Wohneinheiten verwalten wir daneben treuhänderisch für Dritte oder im Rahmen der Wohneigentums-Verwaltung.

Welche Bauprojekte haben Sie?
Lauhoff: Wir haben derzeit 50 Projekte parallel auf dem Schreibtisch – ganz bunt gemischt. Wir realisieren Sozialwohnungen, Wohngruppen für Studenten, Jugendliche oder Wohnungslose, Übergangswohnheime, Altenpflegeeinrichtungen, caritative Einrichtungen, Nutzungsänderungen bei Immobilien in Kirchengemeinden, Kindertagesstätten, oder wir erschließen und konzipieren ganze Wohnquartiere. Ein aktuelles Projekt ist zum Beispiel der Neubau eines Mutter-Kind-Hauses für den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Die jungen Mütter sind derzeit noch an der Lohstraße untergebracht. Das Projekt war herausfordernd, es war viel Abstimmung nötig. Wir sind sehr froh, dass das nun umgesetzt wird.
Was unterscheidet Sie von einem normalen Investor?
Baune: Wir sind grundsätzlich stark kirchlich-sozial geprägt, kein Investor, der als Hai auftritt und nur aufs Geld schaut. Wir bauen keine Mauern, sondern bauen für die Menschen hinter den Mauern. Eine wirtschaftliche Rendite muss sein, aber gleichgewichtig ist uns die soziale Rendite. Wir begleiten auf dem kirchlichen Parkett viele sozial-caritative Einrichtungen, die Schulstiftung, Ordensgemeinschaften und Kirchengemeinden bei den Zukunftsfragen ihrer Gebäude und geben für schmales Geld über Machbarkeitsstudien Empfehlungen. Häufig bringen wir verschiedene Akteure zusammen, um einen Mehrwert zu erreichen und ein Projekt überhaupt realisieren zu können. Zum Beispiel Kirchengemeinden oder caritative Träger mit politischen Gemeinden. Anders geht es heute oft kaum noch.
Können Sie Beispiele nennen?
Lauhoff: In Eggermühlen gibt es ein Gemeinschaftsprojekt der Kommune, der Kirchengemeinde und uns. Dort ist ein Neubau entstanden mit einem kleinen Einkaufsmarkt für Lebensmittel und den täglichen Bedarf, zwölf Eigentumswohnungen und einem Gemeinschaftsraum. Der steht den Bewohnern unten im Haus zum Beispiel für Geburtstagsfeiern zur Verfügung, und es finden dort sowohl kirchliche als auch kommunale Veranstaltungen und Treffpunkte statt. In Schledehausen gestalten wir ein ganzes Areal rund um die Kirche neu, in enger Absprache mit der Gemeinde. Hierfür muss zunächst ein sanierungsbedürftiges Gebäude weichen. Der Neubau enthält flexible Gemeinderäume für die katholische Kirchengemeinde sowie 20 Wohneinheiten. Die Eigentumswohnungen können wir dann verkaufen, um wieder neue Projekte zu realisieren.
Der gesamte Gebäudebestand im Bistum steht derzeit auf dem Prüfstand. Stehen die Kirchengemeinden Schlange bei Ihnen?
Baune: Es kommen tatsächlich verstärkt Anfragen aus den Kirchengemeinden, auch andere Bistümer zeigen Interesse. Sie haben Fragen: Was kann man aus unserem Gebäudebestand machen? Habt ihr Ideen? Auf Anfrage entwickeln wir Perspektiven und suchen gemeinsam mit den Gremien vor Ort nach Lösungen. Wir schauen individuell, achten darauf, dass der Ort auch weiter identifikationsstiftend, nachhaltig und funktional durchdacht ist. Manchmal müssen wir allerdings feststellen: Wir sehen hier keine marktfähige, wirtschaftliche Nutzung. Aber auch für diese ehrlichen Einschätzungen sind die Kirchengemeinden dankbar.
Wie schwer ist es heute, sozialen Wohnraum zu schaffen?
Lauhoff: Bezahlbarer Wohnraum ist derzeit sehr schwer umsetzbar. Er muss praktisch, gut, preiswert und bezahlbar sein – auch für uns. Die Kostensteigerungen sind derzeit hoch. Wir diskutieren, probieren aus, engagieren uns politisch, sind bei Modellprojekten dabei. Es gibt einfach zu viele Auflagen, zu hohe Baukosten. Wir müssen hier entschlacken, aber doch ein gutes, praktisches, nachhaltiges Ergebnis haben. Beim sozialen Wohnungsbau verdienen wir kein großes Geld, aber er ist sehr wichtig, der Bedarf ist sehr groß. In diesen sozialen Bauvorhaben liegt der Ursprung des Unternehmens und macht uns auch weiterhin aus. Sonst wären wir als Wohnungsunternehmen austauschbar.
Baune: Man bekommt dabei viel mit von den Sorgen der Menschen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier im übertragenen Sinne zu 50 Prozent auch Sozialarbeiter. Wir tun das gerne, es ist für die Belegschaft sinnstiftend. Zum Beispiel betreuen wir viele Seniorenwohnungen. Wenn Bewohner in ein Pflegeheim ziehen oder versterben und keine Verwandten da sind, organisieren wir das Ausräumen der Wohnungen. Wenn es aufgrund von Schicksalsschlägen Zahlungsprobleme gibt, vereinbaren wir verträgliche Zahlungsmodalitäten. In den Häusern sind die Wohnungen gleich, aber die Menschen unterschiedlich.
Wo liegen Ihre inhaltlichen Schwerpunkte?
Lauhoff: Nach wie vor in der Schaffung von gutem Wohnraum. Dabei ist uns wichtig, mit unseren Projekten auch die Gemeinschaft zu stärken, Orte der Begegnung zu schaffen. Dazu gehören die Gebäude, aber auch die Außenanlagen. In Osnabrück-Lüstringen entwickeln wir zum Beispiel derzeit ein ganzes Wohnquartier. Es soll weitgehend autofrei sein, mit Gemeinschaftsflächen, Begegnungsmöglichkeiten, Co-Working-Spaces (gemeinschaftliche Büroräume), einem Café und Angeboten wie einer Fahrradwerkstatt.