Fastenaktion im Krankenhaus

Ein Stein für alles Schwere im Leben

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Ein Aufenthalt im Krankenhaus führt Menschen oft an ihre Grenzen. Schmerzen, Leid und Sorge beschäftigen Patienten, Angehörige und Personal. In Nordhorn in der Euregio-Klinik läuft in der Fastenzeit eine Aktion, die entlasten möchte.


Kantige Steine: Helena Witschen-Schulze-Bernd in der
Krankenhauskapelle. Foto: Diek-Münchow

In der Kapelle der Nordhorner Euregio-Klinik steht ein Eichenstamm. Ohne Wurzeln und Äste, aber noch mit seiner rauen Borke. Er stammt vom Hof des reformierten Krankenhauspastors Rolf-Christian Wangemann – die Feuerwehr hat das Holz in den Andachtsraum gebracht. Darauf liegen an diesem Morgen Kieselsteine. Und das sind keine glatt polierten Handschmeichler, sondern schwarze, kantige Brocken. „Wie das Leben manchmal ist“, sagt Helena Witschen-Schulze-Bernd.

Sie arbeitet als katholische Seelsorgerin in der Euregio-Klinik. Mit ihren Kollegen Rolf-Christian Wangemann, Pastoralreferent Ludger Pietruschka (katholisch) und Pastorin Martina Sievers-Gotthilf (lutherisch) bietet sie in der Fastenzeit eine Aktion in der Kapelle an. Patienten, Angehörige, das Pflegepersonal und alle Besucher können dort bis Ostern Steine aus einem Weidenkorb nehmen und auf dem Stamm ablegen. „Für all‘ das Schwere, das auf der Seele lastet. Das man vielleicht nicht annehmen kann und kaum zu tragen vermag“, sagt Witschen-Schulze- Bernd. Schweres kann Schweres tragen und es leichter machen.

Das ökumenische Team der Krankenhausseelsorge stellt einen Satz des Propheten Jesaja über das Projekt und verweist damit auf Karfreitag wie auf Ostern. „Er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen ...“, heißt es darin. Die Steine stehen als Symbol dafür, wie sehr sich viele Menschen wünschen, Krankheit, Schmerz und Tod zu überwinden. Und der Stamm soll an das Holz des Kreuzes erinnern: „Gott hat uns einen Menschen gesandt, der uns ‚entlasten‘ will“, erklären die Seelsorger.

Kapelle ist ein wichtiger Ort im Krankenhaus

Jeder Gast der Kapelle kann außerdem seine Gedanken, Gefühle und Hoffnungen auf einen Zettel schreiben. Helena Witschen-Schulze-Bernd sieht jeden Tag, dass viele diese Einladung annehmen. Da wünscht sich eine Frau, dass die Operation ihres Mannes gelingen möge. Ein anderer Besucher betet um Kraft, „dass ich diese schwere Zeit überstehen kann“. Und Eltern danken ganz einfach „für unseren Sohn“. Die Seelsorger und Seelsorgerinnen heben diese Anliegen auf und nehmen sie mit in die Gottesdienste, die regelmäßig in der Klinik gefeiert werden.

Und die sind meist gut besucht. Witschen-Schulze-Bernd hat bei ihrer Arbeit erfahren, was für ein wichtiger Ort die Kapelle im Krankenhaus ist – und zwar ganz unabhängig von der Konfession, Religion oder ob jemand überhaupt zur Kirche gehört. Oft trifft sie hier Menschen, die still beten, die Ruhe suchen oder auftanken möchten. Und wenn sie das Bedürfnis haben zu reden, bleibt die Gemeindereferentin bei ihnen und hört zu.

Im vergangenen Jahr hatte das Seelsorgeteam in dem schlichten Andachtsraum eine Schale aufgestellt. Der Stamm ersetzt diese jetzt in der Fastenzeit, aber nach Ostern können die Gäste dort auch wieder Kerzen entzünden. „Die Menschen brauchen etwas zum Anfassen“, sagt Witschen-Schulze-Bernd. Ihrer Ansicht nach helfen solche Symbole gerade in schwierigen Situationen. Künftig möchte das Team deshalb immer wieder besondere Aktionen vorbereiten.

Petra Diek-Münchow

Die Kapelle in der Euregio-Klinik in Nordhorn (Albert-Schweitzer-Straße 10) befindet sich im Erdgeschoss. Jeden Sonntag findet um 9 Uhr ein Gottesdienst statt, der offen ist für alle Konfessionen.