Die katholische Gemeinde St. Marien in Cuxhaven

Ein Stück Heimat im Norden

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Menschen aus 112 Nationen leben in Cuxhaven, der kleinen Stadt an der Nordsee. Die größte Gruppe bilden mit rund 1300 Menschen die Portugiesen. Das prägt auch die katholische Gemeinde St. Marien. Dort ist die portugiesische Gemeinde ein fester Bestandteil.


Pfarrer Christian Piegenschke zelebriert den Gottesdienst
auf Deutsch, die Gemeinde antwortet auf Portugiesisch.

Samstagnachmittag sind Pfarrheim und Kirche von St. Marien in Cuxhaven fest in portugiesischer Hand. Fröhliches Stimmengewirr begrüßt Besucher schon am Eingang. In der Kirche üben die Kommunionkinder für ihren großen Tag in der nächsten Woche. Die Kinder sind aufgeregt und unruhig. „Ihr müsst zuhören“, ermahnt Maria Santos die Mädchen und Jungen gutmütig. Die 57-Jährige leitet die Gemeinde seit vielen Jahren mit viel Leidenschaft und Engagement. „Ohne Kirche geht es nicht“, sagt sie und lacht.

Maria Santos lacht viel und regelt im Laufschritt all die hundert kleinen Dinge, die organisiert werden müssen, bevor um 16.15 Uhr wie an jedem Samstagnachmittag der Vorabendgottesdienst in deutsch-portugiesischer Sprache startet. Sie ist Gemeindeleiterin, Küsterin und Ansprechpartnerin für alle Dinge rund um die Gemeinde gleichzeitig. Die Utensilien, die für die Fatima-Prozession am nächsten Samstag gebraucht werden, sind nicht da, wo sie im vergangenen Jahr abgestellt wurden. Maria Santos kümmert sich, spricht Pfarrer Christian Piegenschke an, der an diesem Tag den Gottesdienst abhalten wird und bittet ihn, der Sache auf den Grund zu gehen. Dann sind die Kerzen anzuzünden und nebenbei die Besucherin von der KirchenZeitung zu betreuen. Die Kommunionkinder üben inzwischen die Gabenbereitung zusammen mit Organistin und Chorleiterin Natalie Peres und Katechetin Fatima Martins. Beim Proben des Gesangs sind die Kinder dann ganz bei der Sache. Voll Begeisterung und Inbrunst singen sie gemeinsam die einstudierten Lieder, die sie auch während ihrer Erstkommunion singen werden. „Sind sie nicht toll?“, sagt Maria Santos stolz.
 


Auria da Cunha lebt seit 1969
in Cuxhaven und erlebt in der
Gemeinde und im deutsch-
portugiesischen Gottesdienst
ein Stück der alten Heimat.

In einem anderen Raum des Pfarrheims haben am frühen Nachmittag die jüngeren Kinder der portugiesischen Gemeinde Religionsunterricht bei Clarinda Padinha. Nebenan sitzen die Firmlinge und jungen Erwachsenen. Eine von ihnen ist Lara. Die 18-Jährige ist mit ihrer jüngeren Schwester Angelin gekommen. Sie liebt die in Gemeinschaft verbrachten Samstagnachmittage. „Ich mag einfach alles: Die Gespräche die wir führen, die Themen die wir haben, das Zusammensein und hinterher dann noch zusammen zur Kirche gehen, das ist einfach schön“, sagt sie.  

Auch Auria da Cunha empfindet die portugiesische Gemeinde als ein Stück Heimat. 1969 ist sie – wie viele Portugiesen in diesen Jahren – mit 22 Jahren zum Arbeiten rund um die Fischerei nach Cuxhaven gekommen. Die ältere Dame kommt jeden Samstag zum Gottesdienst. Eine halbe Stunde vorher betet sie zusammen mit einigen anderen, meist älteren Gemeindemitgliedern den Rosenkranz. „Hier fühle ich mich gut und zu Hause“, sagt sie.

Die starke Marienfrömmigkeit ist einer der Punkte, der dem aus Polen stammenden Pastor Bogdan Dabrowski, der seit rund dreieinhalb Jahren in Cuxhaven lebt, besonders gefällt. Im Wechsel mit Gemeindepfarrer Christian Piegenschke, der auch Dechant des Dekanats Bremerhaven ist, hält er den Samstagsgottesdienst abwechselnd. Die Messe wird auf Deutsch gehalten, die Gemeinde antwortet in ihrer Landessprache. Sehr zur Freude der portugiesischen Gemeinde hat Pastor Dabrowski vor zwei Jahren begonnen, portugiesisch zu lernen. Somit kann er nun Teile der Messe, inklusive der Lesungen auf Portugiesisch halten. „Das Sprachenlernen macht mir Spaß“, sagt der Pastor bescheiden. Er habe bemerkt, dass sich Teile der Portugiesen etwas schwer mit der deutschen Sprache tun und deshalb begonnen, Portugiesisch zu lernen. „Ich sehe in ihren Augen große Freude und Dankbarkeit, wenn ich die Messe zum Teil in ihrer Muttersprache lesen kann“, sagt er. Er schätzt an der Gemeinde besonders ihre Lebendigkeit und Frömmigkeit. Auch Pfarrer Christian Piegenschke weiß um das Engagement der Gemeinde. „Sie bilden ein starkes Netzwerk“, sagt er. An diesem Tag zelebriert er die Messe.
 


Leitet seit vielen Jahren mit Herz und Hand die portugiesische
Gemeinde in St. Marien: Maria Santos.

Rund 100 Portugiesen sind gekommen, darunter viele Jüngere. Obwohl die Kirche nicht voll besetzt ist, ist der Gesang der Portugiesen so kräftig und inbrünstig, als ob die Kirche bis auf den letzten Platz mit starken Sängern vollbesetzt wäre. „Wir lieben es, zu Singen und endlich geht es ja auch wieder“, sagt Maria Santos. Die Corona-Zeit war auch für die portugiesische Gemeinde hart, aber sie haben es überstanden und schnell in den gewohnten Rhythmus zurückgefunden.

Maria Santos liebt die Fröhlichkeit „ihrer“ Gemeinde und die bunte Altersmischung – „von ganz klein bis über 80 – hier gehört jeder dazu“, sagt sie. Seit 40 Jahren ist sie selbst in der Gemeinde – und aktiv. Sie arbeitet auch im Pfarrgemeinderat von St. Marien mit. „Mich treibt die Liebe zu Gott und der Glaube an“, erklärt die 57-Jährige, die unter der Woche Vollzeit berufstätig ist, ihren Antrieb, sich nebenher so intensiv für die portugiesische Gemeinde zu engagieren. Nach der Erstkommunion der portugiesischen Kinder steht am 14. Mai auch schon das nächste große Ereignis bevor: Um 15 Uhr startet die alljährliche Fatima-Prozession, zu der viele Portugiesen und andere Gläubige aus dem Umland kommen. Mit der Prozession wird an das Marienfest im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima erinnert.

Martina Albert