Exerzitien zu Hause

Ein Tag mit mir und Gott

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Ein Exerzitientag zu Hause – das kann sich jeder vornehmen. Sagen Sie alle Verpflichtungen für diesen Tag ab und nehmen Sie sich frei für die Begegnung mit Gott. Wie das gelingen kann, verrät Exerzitienbegleiterin Schwester M. Rita Niehaus.


Gottes gute Schöpfung kann man in der Natur erfahren und alle Sinne aktivieren. Foto: istockphoto/Artjom Kissler

Nicht jeder kann ein Wochenende in einem Exerzitienhaus buchen, aus Zeit- oder Kostengründen. Es kann aber guttun, sich an einem Tag in der Fastenzeit  aus dem Alltagstrott zu befreien. Je nach ihren familiären Verpflichtungen können Sie sich ihren Exerzitientag zum Beispiel von 9 bis 18 Uhr nehmen. Vorschläge dafür hat Exerzitienbegleiterin Schwester M. Rita Niehaus aus dem Kloster Nette der Missionsschwestern vom heiligen Namen Mariens in Osnabrück. 


Wie kann der Tag klappen?
Nehmen Sie sich einen Tag Urlaub und planen Sie ihren Exerzitientag an einem Wochentag, an dem Sie keine dringenden Verpflichtungen haben und niemand zu Hause ist, der sie stört. Vielleicht sind die Kinder in der Kindertagesstätte oder in der Schule und anschließend in einer Betreuung oder zum Spielen bei Freunden. Dann können Sie diesen Zeitraum nutzen. 
Wenn Sie Angehörige betreuen, ist es vielleicht möglich, dass ein anderer Verwandter Oma oder Opa abholt und an dem Tag bekocht oder dass die Schwiegermutter an diesem Tag einmal in die Tagespflege geht. 


Vorher einkaufen, Telefon aus
Wichtig ist, dass Sie an Ihrem Exerzitientag nicht noch einkaufen müssen. Zutaten für Ihre Mahlzeiten und ein Gotteslob sollten bereits im Haus sein. Legen Sie Papier und Stifte, vielleicht sogar einen Füller, bereit.
Zu den Vorbereitungen gehört auch, dass das Handy und der Fernsehapparat ausgeschaltet bleiben. Sagen Sie Ihren liebsten Angehörigen Bescheid, dass Sie an dem Tag nicht rund um die Uhr angerufen werden können, aber abends wichtige E-Mails checken werden, falls erforderlich – vielleicht sind Absprachen für die Schule oder mit dem Pflegedienst nötig. So vorbereitet können Sie tagsüber das Smartphone getrost aus der Hand legen.


Start in den Exerzitientag
„Ein Exerzitientag fängt im Prinzip am Abend vorher an“, sagt auch Schwester Rita: damit, dass man abends zurechtlegt, was man braucht, und sich auch gedanklich auf den Tag einstellt. „Machen Sie sich einen Plan. Legen Sie fest, wann Sie beginnen wollen. Nehmen Sie sich vor: Morgen um 10 Uhr sitze ich da und trinke meine Tasse Kaffee als Start in den Exerzitientag“, rät Schwester Rita.

Wenn also alle aus dem Haus sind, setzen Sie bewusst ein Zeichen zum Start in Ihren Tag, den sie für sich und Gott reserviert haben. Das ist für den einen die Tasse Kaffee oder Tee, die nun in Ruhe genossen wird, für den anderen das Entzünden einer Kerze – denn „Jesus ist das Licht der Welt“. Der Kerzenschein signalisiert: Dieser Tag ist ein Tag mit Gott. Gönnen Sie sich jetzt eine Zeit der Stille.  


 


Kerze, Gotteslob und Tee: damit können die Exerzitien
zu Hause starten. Foto: Andrea Kolhoff

Atmen und ankommen
Um an dem Platz und im Moment gut anzukommen, ist es hilfreich, bewusst seinen Atem wahrzunehmen. „Weil ich dann bei mir ankomme und wenn ich bei mir bin, komme ich auch bei Gott an“, erklärt Schwester Rita. Für die Wahrnehmung des Atems setzen Sie sich gerade hin und stellen die Füße fest auf die Erde, so dass sie Kontakt mit dem Boden haben. Die Wirbelsäule bleibt gerade: „Ich richte mich aus, ich bin präsent.“ 

Man kann die Hände dabei in den Schoß legen, die Handflächen zeigen nach innen, oder die Hände so auf die Oberschenkel legen, dass sie mit den Handflächen nach oben zeigen und quasi eine Schale bilden. „Das signalisiert: Ich öffne mich. Ich bin aufmerksam und ich bin mir dessen bewusst.“ Diese Übung hilft, um in den Tag hineinzukommen. Sie kann etwa zehn Minuten dauern und man kann sie mit einem Gebet abschließen, zum Beispiel mit dem Text: „Gott, ich bin jetzt hier vor dir. Ich möchte still werden in deiner Nähe und schenke dir diesen Tag. Öffne mich für deine Gegenwart in diesem Leben und segne diesen Tag.“


Gottes gute Schöpfung
Für den Exerzitientag bietet sich das Schöpfungsthema an. Als Anregung lesen Sie zu Hause den Psalm 104 (im Gotteslob Nummer 58). Er beginnt mit „Lobe den HERRN, meine Seele! HERR, mein Gott, wie groß bist du!“ Es geht um die Welt, die Gott geschaffen hat; im Psalm spiegelt sich das Weltbild der damaligen Zeit wieder. Lesen Sie den Psalm und brechen Sie dann auf in die Natur, um Gottes Schöpfung wahrzunehmen. Das kann im Stadtpark sein oder in der Siedlung, in der Sie wohnen, wo vielleicht in den Vorgärten Schneeglöckchen oder Weidekätzchen zu sehen sind. Sie können auch durch die Felder am Ortsrand laufen, zu einem See fahren oder in den Wald. Wichtig ist ein Ort, an dem man Natur erfährt.


Unterwegs mit allen Sinnen
Draußen aktivieren Sie alle Sinne. Was höre ich? Bleiben Sie stehen, schließen Sie die Augen, nach einiger Zeit hören Sie mehr als die Geräuschkulisse, die beim Gehen da war. Sie filtern einzelne Geräusche heraus oder hören Dinge, die Ihnen sonst entgangen wären. 

In der nächsten Viertelstunde achten Sie auf das, was Sie riechen. Vielleicht riecht es schon nach Frühling? Wenn Sie im Wald sind, kann es besonders wohltuend sein, die Mischung aus frischer Erde und Tannennadeln oder Laub zu riechen.

Aktivieren Sie Ihren Geschmackssinn. Sie könnten ein mitgebrachtes Bonbon in den Mund stecken. Wonach schmeckt es? Pfefferminze oder Kräuter? Dann schauen Sie sich aufmerksam um. Was sehen Sie? Was sehen Sie, wenn Sie sich Zeit nehmen, Ihre Umgebung zu betrachten? Aktivieren Sie auch ihren Tastsinn. Streicheln Sie Moos, fassen Sie Baumrinde an oder das kühle Treppengeländer im Park.


Mittagsmahl
Mit diesen Eindrücken von ihrem Spaziergang kehren Sie nach Hause zurück. Beim Kartoffelschälen und Putzen von Gemüse halten Sie in der Hand, was Gott für uns wachsen lässt. Bereiten Sie ganz in Ruhe eine einfache Mahlzeit zu, zum Beispiel eine Gemüsepfanne. Wer meint, dass er nicht kochen kann, schlägt ein Spiegelei in die Pfanne und isst dazu  Brot. Decken Sie den Tisch, sprechen Sie ein Tischgebet und genießen Sie Ihr Essen bewusst. 


Psalm 104
Danach ist Gelegenheit, sich erneut mit dem Psalm 104 zu beschäftigen. Kommen Sie wieder bewusst in die Stille, zünden Sie eine Kerze an, atmen Sie durch. Lesen Sie den Psalm und achten Sie darauf, welcher Satz Sie besonders anspricht. Lassen Sie die Assoziationen aufsteigen. Fragen Sie sich: „Welches Wort spricht mich an? Was regt mich auf? Was kommt mir mit Blick auf Gott in den Sinn?“ Sie können zu Gott beten oder Jesus ansprechen oder den Heiligen Geist, danken oder eine Bitte formulieren. Sie können auch einige Verse des Psalms bewusst in schöner Schrift abschreiben oder Sie lassen sich inspirieren und schreiben eigene Verse. Schließen Sie mit einem Gebet ab. Sie machen die Kerze aus und lassen den Tag nachklingen, bevor Ihre Lieben nach Hause kommen.  


Tagesabschluss
Am Abend Ihres Exerzitientages können   Sie vor dem Schlafengehen noch einmal auf den Tag schauen, einen kleinen Rückblick halten, und den Tag mit einem Nachtgebet abschließen (Gotteslob Nr. 667, Abschnitt 2).

Andrea Kolhoff