Bischöfe positionieren sich gegen AfD
Eindringlicher Appell
Foto: kna/Henning Schoon
Zum Beginn des Superwahljahrs haben die sechs für Ostdeutschland zuständigen katholischen Bischöfe vor den Umtrieben rechter Parteien gewarnt. In einem gemeinsamen Appell erklärten sie unter Verweis auf ihr Gewissen, sie könnten die Positionen extremer Parteien wie der „III. Weg“, der Partei Heimat oder der AfD nicht akzeptieren.
Neben den Wahlen zum Europäischen Parlament finden 2024 Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie Kommunalwahlen in neun Bundesländern statt.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Krude Ausweisungsphantasien für Migranten und ihre Unterstützer, die Ablehnung von Schutzangeboten für Geflüchtete, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, der alleinige Fokus auf Leistungsfähigkeit, die Leugnung des menschengemachten Klimawandels und die pauschale Verächtlichmachung von politischen Akteuren und Institutionen sind mit diesen Grundwerten unserer Gesellschaft unvereinbar.
„Prüfen Sie die Folgen für unser Zusammenleben“
Die Bischöfe räumten ein, dass viele Menschen politische Entscheidungen nicht mehr verstünden. Sie seien verunsichert, wütend und hätten Angst vor dem sozialen Abstieg. Aber: „Das darf uns nicht dazu bringen, uns von populistischen Aussagen und scheinbar einfachen Lösungen vereinnahmen zu lassen.“ Unterzeichnet ist der Aufruf von den Erzbischöfen Heiner Koch (Berlin) und Stefan Heße (Hamburg) sowie den Bischöfen Gerhard Feige (Magdeburg), Ulrich Neymeyr (Erfurt), Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) und Wolfgang Ipolt (Görlitz).
Die Geistlichen riefen die Wähler auf, sich umfassend zu informieren und eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen: „Prüfen Sie bei Ihren Überlegungen die langfristigen Folgen für unser Zusammenleben, für Ihre Familien und auch für Sie ganz persönlich.“
Die Bischöfe erinnerten zudem daran, dass die Orientierung an den christlichen Wurzeln, den Menschenrechten, den Werten der Demokratie, des Rechtsstaats und der sozialen Marktwirtschaft Deutschland Frieden und Wohlstand gebracht hätten. „Auf dieser Grundlage werden wir auch die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen.“ Sie appellierten an die Wähler: „Treten Sie ein für unsere freie und vielfältige Gesellschaftsordnung auf der Grundlage unserer Verfassung!“
Der Hamburger Erzbischof Heße sagte dem „Spiegel“, man sei im Dezember übereingekommen, sich jetzt zu äußern. Die AfD bezeichnete Heße als „demokratiefeindlich“, ihr Gedankengut als „völkisch und nationalistisch“. Heße, Flüchtlingsbischof der Deutschen Bischofskonferenz, betonte: „Eine Schnittmenge zwischen Christentum und AfD existiert nicht.“
„Weckruf für Katholiken in der AfD“
Der Erfurter Bischof Neymeyr nannte den Appell einen „Weckruf für Katholiken in der AfD, die sich durch ihre Mitgliedschaft von ihrem Glauben entfremden“. Neymeyr fügte hinzu, er verstehe Unzufriedenheit mit der Politik nur bis zu einem gewissen Grad. Sein Verständnis ende da, „wo allgemein anerkannte Tatsachen geleugnet werden, etwa der menschengemachte Klimawandel“.
In zahlreichen Städten demonstrierten in Deutschland zuletzt Zehntausende Menschen gegen Rechtsextremismus und die AfD. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, lobte die Demonstrationen als wichtiges Signal gegen Gleichgültigkeit. „Ich bin wirklich erfreut, dass die Mitte der Gesellschaft aufsteht“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Er hoffe, dass die Menschen auch im Alltag Zivilcourage zeigen und rassistischen Äußerungen widersprechen.