„Kreuzweg für Jedermann"

Es bleibt nicht beim Karfreitag

Image

Fast 150 Gäste kommen zum ökumenischen „Kreuzweg für Jedermann“ in Dörpen. Katholische und evangelische Jugendliche machen an sechs Stationen in der Gemeinde deutlich, welche Kreuze heute Menschen tragen müssen.


Zeichen der Hoffnung: Am Friedhof entzünden die jungen Leute Wunderkerzen. | Fotos: Petra Diek-Münchow

Es ist schneidend kalt an diesem Abend in Dörpen – eigentlich kein Wetter für einen Spaziergang in der Dunkelheit. Trotzdem stehen fast 150 Gäste vor der lutherischen Emmauskirche. Zu ihren Füßen liegt ein schlichtes Kreuz auf dem Pflaster. Junge Leute haben zwei Baumstämme dafür zusammen gezimmert, kleine Holzkacheln darauf genagelt und ihre Gedanken aufgeschrieben. „Wenn ein geliebter Mensch stirbt“ steht auf einer Tafel. „Wenn Gott schlimme Sachen zulässt“ auf einer anderen. Gleich wollen sie dieses Kreuz quer durch Dörpen tragen.

„Kreuzweg für Jedermann“ heißt diese ökumenische Aktion. Mehrere Jugendgruppen aus der katholischen Pfarreiengemeinschaft Dersum-Dörpen-Heede und der lutherischen Gemeinde, Firmbewerber und Konfirmanden haben das Projekt mit Gemeindereferentin Kirsten Griep-Raming und Pastor Ralf Maennl gestaltet. „Es geht um die Kreuze, die Menschen heute tragen müssen“, sagt Kirsten Griep-Raming. Überall und jeden Tag.

Und deshalb verharrt die Gruppe auch nicht vor der Kirche, sondern zieht ins Dorf. An die Stätten, wo Sorgen, Probleme, Schwächen und Krisen deutlich werden: zum Friedhof und zum Caritashaus, zu einem Geldinstitut und mitten ins Kneipeneck. An insgesamt sechs Stationen hören die Teilnehmer passende Bibeltexte, Geschichten, Gedichte und Lieder. Ein Gebet sprechen alle zusammen an jedem Halt: „Herr Jesus, du bist für uns den Kreuzweg gegangen, damit wir das ewige Leben haben. Für uns heute unvorstellbar. Wahnsinn.  Wir danken dir für diese, für deine Bereitschaft. Sei du weiterhin bei uns und begleite uns auf unserem Leben.“

Wunderkerzen leuchten vor dem Friedhof

Kleine Aktionen vertiefen den Kreuzweg. Vor der Emmauskirche verteilen die Jugendlichen Kreide an die Gäste. Jeder darf sein eigenes Kreuz auf den Boden zeichnen – darf damit seine Klage, seinen Dank, seine Freude vor Gott bringen. Oder an einen lieben Menschen denken, dem es gerade nicht gut geht – der sein Kreuz schleppen muss. Weil er oder sie schwer krank ist, weil jemand aus der Familie gestorben ist, weil der Alltag schwierig geworden ist. Im Geist verlängert jeder Teilnehmer diese Liste.  


Die Jugendlichen tragen das Kreuz quer durch Dörpen.

Von solchen Sorgen und Problemen wird auf dem Kreuzweg an jeder Station erzählt. Bei der Polizei geht es um die Abwege, auf die mancher gerät und wie wichtig dann Unterstützung von Familie oder Freunden wird. Um das zu verdeutlichen, gibt es bei den Firmbewerbern und Gruppenleitern dicke Kabel. Immer zwei Gäste können sich damit verbinden und den Kreuzweg Arm in Arm gehen. „Zusammen stehen wir das durch“, sagt einer der jungen Leute ins Mikro. Vor der Bank sprechen sie von Zukunfts­ängsten und von Verlust – als Symbol zerschlagen die Jungkolpinger aus Heede Tontöpfe und verteilen die Scherben.

Beim Caritashaus denkt das Kinderlager Heede an Ältere, an Kranke, an Einsame, an Menschen mit einer Behinderung. Um zu erfahren, wie es sich anfühlt, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, reichen sich die Gäste gegenseitig Erdbeerjoghurt an. Und auf dem Marktplatz am Kneipeneck erzählt das Jugendlager Heede von dem Alkohol, der hier zu Problemen führen kann. Da braucht es jemanden, der aufpasst und begleitet. Mehrere Jugendliche lassen sich die Augen verbinden und durch das Dorf führen.

Aber es geht auch um Hoffnung bei diesem Kreuzweg. Vor dem Friedhof spricht das Mädchenzeltlager Dörpen von Tod und Trauer – und entzündet Wunderkerzen, die noch heller leuchten als die Lampen auf den Gräbern. Ein schönes Zeichen, dass ein Licht das Dunkel erhellen kann. „Es bleibt nicht beim Karfreitag“, sagt Kirsten Griep-Raming am Ende vor dem Christophorushaus. „Es geht weiter bis Ostern. Dieser Glaube verbindet uns mit Jesus, der vor 2000 Jahren diesen Kreuzweg gegangen ist.“

Petra Diek-Münchow