Katholische Kirche in Nordeuropa

Es braucht Geduld und Offenheit

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Norwegischer Katholik in Bremen
Nachweis

Foto: Anja Sabel

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Magnus Eng bei einem Besuch in Deutschland vor dem Bremer St.-Petri-Dom

Für Neu-Katholiken in Norwegen ist es oft nicht leicht, sich in einer Gemeinde zu integrieren. Magnus Eng hat es geschafft – und auf dem Olavsweg neue Glaubenserfahrungen gemacht.

Magnus Eng meldet sich selten zu Wort. Dafür hört er umso aufmerksamer zu und schlägt in seinem deutsch-norwegischen Wörterbuch nach, wenn er etwas nicht versteht. Der junge Mann aus Oslo, 24 Jahre alt, hat Deutsch in der Schule gelernt. Die Theologische Studienwoche des Ansgar-Werkes in Haus Ohrbeck bei Osnabrück kam deshalb wie gerufen: Dort konnte er sein Deutsch verbessern, als Neu-Katholik aber vor allem sein Wissen erweitern und Kontakte knüpfen mit anderen Gläubigen aus der nordischen Diaspora.

Gemeinsam mit Magnus Eng waren Helga Haaß-Männle und ihr Mann Ferdinand Männle zur Studienwoche angereist. Das deutsche Ehepaar ist vor vielen Jahren nach Norwegen ausgewandert und in der Osloer Gemeinde St. Hallvard aktiv.

Dort hat auch Magnus Eng einen Anlaufpunkt gefunden. Mit dem Gedanken, zu konvertieren, meldete er sich für einen Grundkurs im katholischen Glauben an. Die Kurse unterrichtet Helga Haaß-Männle. Sie macht die Teilnehmer immer darauf aufmerksam, „dass die Kirchengemeinde eine Art Familie ist, in die man sich aktiv einbringen sollte“. Denn sie weiß, dass viele Norweger dazu neigen, Gott nur in der Natur begegnen zu wollen – allein, am besten sonntagmorgens bei einer einsamen Wanderung im Wald oder Gebirge. Sie seien oft wenig gesellig, zumindest im Südosten und Landesinneren, sagt Haaß-Männle. „Das ändert sich aber radikal an der langgestreckten Küste und vor allem im Norden. Da versteht auch der Norweger, dass er auf andere Menschen angewiesen ist.“

Wörterbuch Deutsch Norwegisch
Immer griffbereit: das Wörterbuch Deutsch-Norwegisch Foto: Anja Sabel

Neu-Katholiken empfiehlt die Katechetin, sich kleinen Gruppen anzuschließen, beispielsweise dem Chor, den Kirchkaffeegruppen oder den Kirchenwirten – das sind diejenigen, die Gottesdienstbesucher empfangen, ein Gesangbuch und den Wochenbrief austeilen, die Kollekte einsammeln und etwas Ordnung halten. „Neue Gemeindemitglieder finden so leichter einen Zugang zur Gemeinschaft“, sagt Helga Haaß-Männle.

Magnus Eng ist auf ihren Vorschlag eingegangen und hat schon vor seiner Konversion vor drei Jahren einen Platz im Chor gefunden. Später, mit wachsenden Kontakten, gründete er eine eigene Gebetsgruppe. „Gut und wichtig“ findet er es, auch Katholiken in seinem Alter kennenzulernen, denn mit Freunden von früher und seinen beiden Geschwistern könne er sich nicht über religiöse Fragen austauschen.

Die theologischen Vorträge der Studienwoche befassten sich diesmal mit der Zukunft der Kirche. „Das ist für mich besonders interessant, denn uns Jungen gehört ja die Zukunft“, sagt Magnus Eng. Er wurde lutherisch getauft, aber das Christentum spielte in seiner Familie – seine Mutter ist Engländerin, sein Vater Norweger – kaum eine Rolle. Magnus Eng war spirituell auf der Suche. In der lutherischen Kirche fehlte ihm in dieser Hinsicht etwas. Als er zum ersten Mal einen katholischen Gottesdienst besuchte, fühlte er sich sofort angesprochen – als sei er nach Hause gekommen.

Für mich war es auch wichtig, allein und in der Stille zu sein.

Ganz so einfach war es dann doch nicht. Magnus Eng, ein nachdenklicher junger Mann, weiß auch um die Kritik an der katholischen Kirche. Darüber, sagt er, habe er auch mit seiner Mutter gesprochen. Sie war skeptisch, als sie erfuhr, dass ihr Sohn zum katholischen Glauben übertreten wollte. „Ich brauche Zeit, um mich zu orientieren und Dinge einordnen zu können. Und ich will lernen, was andere denken“, sagt der 24-Jährige.    

Er ist froh, dass seine Eltern seine Entscheidung akzeptieren und ihm keine Steine in den Weg legen. „Auch mein Vater war skeptisch, aber nicht kritisch, eher neugierig. Manchmal, wenn er in der Zeitung etwas über die katholische Kirche liest, fragt er nach meiner Meinung.“

Nidarosdom Trondheim
Am Ziel seines Pilgerwegs: Magnus Eng vor dem Nidarosdom in Trondheim. Dort befindet sich das Grab des heiligen Olav. Foto: privat

Magnus Eng hat einen Masterabschluss in Forstwissenschaft. Aber bevor er Bewerbungen schreibt, wollte er sich eine Auszeit nehmen. Vier Wochen pilgerte er auf dem 640 Kilometer langen Olavsweg von Oslo nach Trondheim – auch, um sich für den neuen Lebensabschnitt zu stärken. Denn ein bisschen sorgt er sich, dass er im Falle eines beruflich bedingten Umzugs seine Kirchengemeinde in der Großstadt verlassen und sich neu integrieren muss.

Helga Haaß-Männle weiß, wie schwierig das mitunter sein kann. „Unsere Gemeinden sind groß und bunt, aber die einzelnen kulturellen Gruppen halten zusammen und sind nicht automatisch offen für Neuankömmlinge, leider“, sagt sie. "Man muss schon selber ein ziemlich offener Mensch sein und Geduld und Durchhaltevermögen haben, damit das gelingen kann."

Auf seiner Pilgerreise, erzählt Magnus Eng, habe er schöne Aussichten genossen, alte Kirchen besucht und viele andere Pilger kennengelernt. „Aber für mich war es auch wichtig, allein und in der Stille zu sein.“ Sein Ziel, den Nidarosdom in Trondheim, erreichte er pünktlich zur Olavsfeier am 29. Juli. Der heilige Olav, der als kämpferischer Wikingerkönig getauft wurde, starb als Märtyrer. Sein Todestag wird aufwendig gefeiert. Anschließend verbrachte Magnus Eng noch zehn Tage als Freiwilliger im Zisterzienerkloster in Munkeby. Er betete und arbeitete mit den Mönchen. Dieser Klosteraufenthalt, schwärmt er, sei der Höhepunkt seiner Reise gewesen. „Es war wirklich eine bereichernde Erfahrung.“

Anja Sabel

Das Ansgar-Werk der Bistümer Osnabrück und Hamburg findet am Sonntag, 2. Februar, in allen Gemeinden statt. Mit dem Geld werden die in der extremen Diaspora lebenden Katholiken in Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und Island unterstützt. Benannt wurde das Hilfswerk nach dem Benediktinermönch Ansgar, der im neunten Jahrhundert als Missionsbischof den nordeuropäischen Raum missionierte.