Misereor-Fastenaktion 2022

Es geht mehr, als man denkt

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Wir alle müssen mehr für eine klimagerechte Welt tun. Dafür macht sich Misereor bei der Fastenaktion 2022 stark – mit drastischen Daten, mit Beispielen aus Asien und Deutschland. Denn die Klimakrise ist längst bei uns angekommen.


Starkregen, Überschwemmungen, Stürme: Extreme Wetterlagen als Folgen des Klimawandels nehmen zu – und sind auch bei uns längst spürbar. Foto: imago/Markus van Offern

Die Fakten, die Misereor-Bildungsreferentin Tanja Rohrer präsentiert, könnten kaum erschreckender sein. Wenn wir es nicht schaffen, die Erderwärmung rasch zu begrenzen, werden Korallenriffe, alpine Gletscher und der Amazonas-Regenwald in wenigen Jahrzehnten verschwunden sein. Die Folgen des Klimawandels spüren schon jetzt Staaten im globalen Süden, wie Entwicklungs- und Schwellenländer genannt werden. In Bangladesch und auf den Philippinen fliehen die Menschen vor Überschwemmungen aus ihren Heimatorten. Und das können die Bewohner des Ahrtals aus bitterer Erfahrung nachvollziehen. „Mehr als 1,5 Grad Temperaturanstieg können wir nicht riskieren“, sagt Rohrer.

Maximal 1,5 Grad – das ist eine der Forderungen, die das katholische Hilfswerk Misereor in seiner Fastenaktion 2022 aufnimmt. „Es geht! Gerecht.“ heißt die bundesweite Initiative, die am 6. März offiziell in Freiburg eröffnet wird. Tanja Rohrer, ihre Kolleginnen und Kollegen bei Misereor stellten in den vergangenen Wochen die Ziele und das Material dazu vor: coronabedingt meist in Onlineworkshops. Sie erzählten dabei von Partnerorganisationen in Bangladesch, auf den Philippinen und in Deutschland, die sich aktiv für eine klimagerechte Welt einsetzen. Denn wie wir unser Umfeld gestalten, wie wir einkaufen und essen, ob wir viel Auto oder mehr Rad fahren, bestimmt das Gesicht unserer Erde.

Regina Wildgruber, die im Bistum Osnabrück als Bischöfliche Beauftragte für die Weltkirche arbeitet, steht voll und ganz hinter der Fastenaktion. „Bei allen Projekten, bei allen Beispielen – da spürt man jetzt die gleichen Fragen. Die Lebenswelten greifen bei diesem Thema sehr ineinander“, sagt sie. Misereor zeigt einmal mehr, wie dramatisch die Folgen des Klimawandels im globalen Süden spürbar sind. „Dort ist das der Grundton des Alltags. Und es ist unser Wohlstand, für den andere jetzt bezahlen müssen.“

Misereor-Gast aus Bangladesch soll Ende März nach Osnabrück kommen

Aber die Situation verschärft sich auch hier, meint Wildgruber und verweist auf zunehmend extreme Wetterlagen – mit Konsequenzen wie zum Beispiel im Ahrtal. „Wir brauchen uns bei diesem Thema gegenseitig“, sagt sie eindringlich. Die Kirche mit ihrem riesigen Netzwerk von Menschen und Einrichtungen, die sich für dieselbe Sache engagieren, könnte konkret mithelfen. „Sich zu verbünden, das werden wir brauchen.“

Denn lähmen lassen sollte sich niemand von den Fakten und Zahlen, bekräftigt Wildgruber. „Es braucht Leute, die einen anderen Lebensstil einüben wollen.“ Das Misereor-Leitwort „Es geht!“ macht ihrer Ansicht nach Mut dazu. „Wir müssen die Spielräume ausloten. Es geht mehr, als man denkt“, sagt sie. Zum Beispiel bei der Frage nach künftiger Mobilität in Stadt und Land, bei der Produktion und dem Einkauf von Lebensmitteln – bei der eigenen Haltung zu Konsumgütern. „Wir müssen mehr überlegen, ob wir unser ganzes Zeugs immer alles brauchen.“

Über solche Fragen könnten die Menschen im Bistum in der Fastenzeit reden und nachdenken. Bei Hungertuchwallfahrten um den eigenen Kirchturm und einem Kunstprojekt in Osnabrück, bei Fastenessen und Gottesdiensten in der Gemeinde, bei öffentlichen Aktionen mit einer „1,5-Grad“-Skulptur. Tipps dazu gibt es bei Misereor. Regina Wildgruber weiß aber, dass „Corona“ derzeit die Ideen sowohl vor Ort als auch auf Bistumsebene noch etwas einschränkt.

So ist derzeit geplant, dass mit Sukanta Kumar Ende März ein Gast von Misereor nach Osnabrück kommen soll. Der 56-Jährige engagiert sich in Bangladesch für ein Umdenken in puncto Klimawandel und stößt dort konkrete Aktionen an. Darüber könnte er bei seinem Aufenthalt in Schulen, bei Diskussionsabenden oder politischen Nachtgebeten sprechen. Außerdem hofft Wildgruber auf einen Austausch mit lokalen Initiativen wie dem Projekt „Grüne Finger“. Diese rund um Osnabrück liegenden Freiflächen übernehmen wichtige Funktionen für das Stadtklima. „Da könnten wir uns gut vernetzen.“ Denn ohne an einem Strang zu ziehen beim Thema Klimawandel und -gerechtigkeit, wird es ihrer Ansicht nach künftig eben nicht mehr gehen.

Petra Diek-Münchow