Magdeburger Caritas-Trägergesellschaft begeht Jubiläum
„Es ist oft eine Gratwanderung“

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Cornelia Reiß vom Begleitenden Dienst bereitet mit Bewohnerinnen des Caritas-Altenpflegeheims St. Vinzenz in Zörbig eine Mahlzeit vor. Fotos: ctm |
Herr Zur, die Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius unterhält Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe. Zunächst: Wie ist die aktuelle Situation angesichts des Corona-Virus?
Die Corona-Pandemie geht leider auch an uns nicht spurlos vorbei. Schließlich gehören viele der uns anvertrauten Menschen zur gefährdeten Zielgruppe. Daher haben wir frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um das Risiko für unsere Bewohner und unsere Mitarbeitenden zu minimieren. Ein Krisenstab trifft sich mehrmals in der Woche, um die aktuelle Lage zu besprechen und bei Bedarf weitere Maßnahmen einzuleiten. Bisher mussten wir glücklicherweise noch keinen Fall bei uns feststellen.
Die Caritas-Trägergesellschaft (ctm) besteht in diesen Tagen 25 Jahre – eine Erfolgsgeschichte?
Ja, natürlich, wobei es sicher nie leicht war. Die ctm betreibt aktuell 28 Einrichtungen auf dem Gebiet des Bistums. Davon sind 15 Einrichtungen der Altenhilfe, sieben der Behindertenhilfe und sechs Einrichtungen der Erziehungshilfe. Für das Wohl der 2200 Menschen, die uns anvertraut sind, sorgen rund 1900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
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Geschäftsführer Peter Zur |
Um die ctm in der Art und Weise aufstellen zu können, wie man sie heute am Markt findet, haben die Mitarbeitenden lange Zeit auf Anteile ihres tariflich zugesicherten Gehalts verzichtet. Nur so konnte in unsere Einrichtungen investiert werden, was wiederum zur Stabilität des Unternehmens beigetragen hat. Dieser Prozess fand nicht überall im katholischen Umfeld in Deutschland Zustimmung. Das war schon ein Kampf, den wir aber Dank des Engagements von Bischof Leo Nowak und Bischof Feige erfolgreich austragen konnten. Inzwischen erhalten alle Mitarbeitenden den vollständigen Tariflohn. Und dass dies so bleibt, dafür tragen wir jeden Tag Sorge.
Abgesehen von der Corona-Pandemie: Welche „Baustellen“ gibt es? Und welche Pläne?
An erster Stelle gilt es natürlich, das Unternehmen in der stabilen Lage zu halten. Gerade auf dem Sozialsektor ist immer sehr viel Bewegung. Denken wir nur an die Herausforderungen, die durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) auf uns zukommen. Wir müssen immer so flexibel sein, dass wir auf Änderungen frühzeitig reagieren können. Es ist oft eine Gratwanderung, einerseits den politischen Vorgaben zu entsprechen und andererseits den Bedürfnissen und Nöten der Einrichtungen gerecht zu werden. Da klaffen Theorie und Praxis sehr oft weit auseinander. Unsere Hauptaufgabe wird es also sein, diese Kluft möglichst klein zu halten und immer neue Konzepte und Ideen zu entwickeln. Im Mittelpunkt unserer Arbeit aber steht das christliche Menschenbild. Und das werden wir auch künftig bewahren – komme, was wolle.
Im Personalbereich sind wir beispielsweise durch die Zertifizierung als familienfreundlicher Arbeitgeber, das Personalentwicklungskonzept und das betriebliche Gesundheitsmanagement schon sehr gut aufgestellt. Doch mit Blick auf den allgegenwärtigen Fachkräftemangel werden wir die Angebote für unsere Mitarbeitenden noch erweitern. Da wollen wir noch bessere Arbeitsbedingungen schaffen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie garantieren und jedem, der zur ctm-Familie gehört, auch eine gute Perspektive bei uns bieten. Die Mitarbeiterschaft ist schließlich unser höchstes Gut.
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Ergotherapeutin Andrea Bieck (Begleitender Dienst) singt mit Bewohnerinnen des Altenpflegeheimes St. Marien in Bitterfeld. |
Was wünschen Sie sich von staatlicher Seite, vielleicht auch in der gegenwärtigen Situation?
Staat und Kommunen leiten mit der Gesetzgebung sicherlich viele gute Maßnahmen ein. Allerdings merken wir immer wieder, dass die Bürokratie dabei ungemein zunimmt. Denkt man beispielsweise an die Umsetzung des BTHG oder das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (PPSG): Hier würde ich mir mehr Praktikabilität wünschen. Es entsteht manchmal der Eindruck, dass erlassene Gesetze an den eigentlichen Bedürfnissen vorbeigehen.
Gleiches gilt in der aktuellen Lage. Bevor die ersten Auslieferungen von Schutzmaterialien oder die Unterstützung mit Mitteln erfolgt, müssen lange Berichte geschrieben und diverse Zählungen durchgeführt werden – wenn man überhaupt ein Anrecht darauf hat und nicht am Ende der Versorgungskette steht, wie beispielsweise unsere Behindertenhilfeeinrichtungen.
Wie wird das 25-jährige Bestehen begangen?
Das Jubiläum war ja am 30. März. Es war geplant, in allen Einrichtungen eine Feierstunde mit Andacht zuhalten. In diesem Rahmen sollte im Sinne der Nachhaltigkeit ein Baum gepflanzt werden und für die Mitarbeitenden ein Beisammensein gestaltet werden. Denn ohne das Engagement der Mitarbeitenden in den Einrichtungen wäre die ctm heute nicht da, wo sie ist. Dies konnte nun leider nicht in der Form geschehen. Derzeit gehe ich davon aus, dass wir die Feierlichkeiten in den Einrichtungen nachholen werden. Zudem ist Ende September ein größerer Empfang in der Geschäftsstelle in Magdeburg geplant. Bis dahin hoffen wir, dass sich die Lage entspannt hat.
Fragen: Eckhard Pohl