50 Jahre Nachtanbetung in Heede

"Es tut einfach nur gut"

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Blumen stehen vor der Muttergottes-Statue. Im Hintergrund zünden drei Männer Kerzen an.
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

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Hier brennen viele Kerzen: Hermann-Josef Heskamp (oben, v.l.), Diakon Reinhard Wilkens und Pfarrer Detlef Perk in der Gebetsstätte. Foto: Petra Diek-Münchow

Kraft tanken, Trost finden, Hoffnung schöpfen: Deshalb kommen viele
Menschen zur Gebetsstätte nach Heede – und zur monatlichen
Nachtanbetung. Die gibt es in diesem November seit genau 50 Jahren.


Reinhard Wilkens packt ein dickes Bündel Karten auf den Tisch. Eng beschrieben sind die Blätter: manche von Hand, manche mit der Schreibmaschine. „Und das ist nur die Hälfte der Rückmeldungen“, sagt der Diakon der Pfarreiengemeinschaft Dörpen-Dersum-Heede. „Insgesamt haben wir knapp 100 Zettel bekommen.“ Was darauf steht? Erlebnisse, Erfahrungen und Glaubenszeugnisse von Männern und Frauen, die über die Jahre zur Gebetsstätte nach Heede und vor allem zur Nachtanbetung gekommen sind. 

Diese Karten – das ist eine Aktion, die der Gebetsstättenausschuss in Heede zum Jubiläum der Nachtanbetung initiiert hat. Vor genau 50 Jahren, am 1. November 1973, kamen zum ersten Mal zahlreiche Pilgerinnen und Pilger dazu in den Ort: um abends Messe zu feiern und die Lichterprozession mitzugehen, um zu beten oder zu beichten, um die Laudes zu feiern und frühmorgens mit einem Segen nach Hause zu gehen. Warum sie daran teilnehmen und was sie von dort mitnehmen – das konnten Gemeindemitglieder und Gäste in den vergangenen Wochen auf eigens gestaltete Blätter schreiben. Die Resultate sind in diesen Tagen im Haus St. Josef in Heede zu sehen (siehe „Termine“).

Früher ganze Busse – heute kleine Gruppen und Einzelpersone

Den Anstoß zu der Nachtanbetung hatten damals Menschen von außerhalb des Ortes gegeben. Sie waren nach Kenntnis von Reinhard Wilkens auf Pfarrer Walter Sander zugegangen und hatten einen regelmäßigen Termin für eine Gebetsnacht vorgeschlagen, „weil Heede für sie ein wichtiger Ort war“. Der Ablauf  ist seither nahezu unverändert geblieben, nur die Zahl der Besucherinnen und Besucher hat mit den Jahren etwas abgenommen. 


Kamen laut Wilkens früher bis zu 18 Busse mit großen Gruppen aus dem nördlichen und mittleren Emsland, dem Cloppenburger Raum und sogar aus dem Westfälischen, so sitzen heute im Schnitt bis zu 250 Gäste in der Kirche – aber die sehr regelmäßig. Der Diakon, gebürtiger Heeder und selbst oft dabei, weiß meist, „wer wo seinen Platz hat“. Großgruppen sieht er jetzt weniger, eher kleinere Kreise, Paare oder Einzelpersonen. Und nicht jeder durchbetet die ganze Nacht. Einige feiern die Messe und gehen zur Beichte, andere kommen erst später und bleiben bis zum Abschlusssegen. 

Was viele Menschen in Heede suchen und finden, das spiegeln die Antworten auf die Aktion anschaulich und zum Teil sehr anrührend wider. Auch Pfarrer Detlef Perk und Hermann-Josef Heskamp aus dem Pfarrgemeinderat  von St. Petrus werfen schon vor dem Beginn der Ausstellung einen Blick darauf. Viel ist darin zu lesen von Kraft tanken und Hoffnung schöpfen, von Stille und innerem Frieden, von Versöhnung und Zuspruch.  „Danke für diesen Ort. Es tut einfach nur gut“, schreibt eine Frau. Jemand anderes erzählt, dass seine Familie „in allen schwierigen und  ausweglosen Lebenslagen“ nach Heede gefahren und „immer gestärkt“ wieder zurückgekehrt ist. Und auf einem weiteren Zettel hat jemand das Gefühl beschrieben, „hier aufgefangen zu werden, damit der Weg weitergeht“. 

Ganz offenbar trägt ein Teil der Gäste ein Paket auf den Schultern: gefüllt mit Sorgen um Angehörige und Freunde, mit Angst um die Gesundheit, mit Schmerz nach einer Trennung oder einem Trauerfall. „Sie erleben hier Momente der Zuversicht und Gottes Nähe“, sagt Perk. Zentrale Elemente sind nach seiner Wahrnehmung dabei die Eucharistiefeier, die eucharistische Anbetung und die Beichte, die ohnehin nahezu täglich in Heede angeboten und zum Teil viel genutzt werden. „Das hat eine große spirituelle Tiefe hier“, sagt der Pfarrer. Und Reinhard Wilkens betrachtet genau diese Angebote als „Dienst der Gemeinde an den Pilgern“. 

„Wo jeder mit seiner Last und seinen Tränen hingehen kann“

Dabei verschweigen die drei nicht, dass es nach wie vor in Heede Frömmigkeitsformen gibt, die manche Besucher befremden: In Heede haben sich laut Detlef Perk über die Jahrzehnte immer auch verschiedenste spirituelle Ausrichtungen gesammelt. „Das kann auch polarisieren“, sagt der Pfarrer und „will diese Diskrepanz auf keinen Fall banalisieren“. Aber für ihn und Reinhard Wilkens geht es mehr um den Kern in Heede. „Wir müssen beim Menschen bleiben und den Menschen in seiner Bedürftigkeit sehen – mit seinen Fragen, mit seinem Wunsch, bei Gott zu sein“, erklärt der Diakon. „So viel Seelsorge und Eucharistie zu haben, solch einen Ort zu haben, wo jeder mit seiner Last und seinen Tränen hingehen kann“ – das ist für Wilkens Chance und Segen. 

Viele Ehrenamtliche engagieren sich für die Gebetsstätte und die Nachtanbetung, „ohne die ginge es gar nicht“, erklärt der Diakon. Vor diesem Hintergrund macht sich Pfarrer Perk dafür stark, dass die Pfarreiengemeinschaft weiter eine „gute personelle Ausstattung“ bekommt und behält. „Wir brauchen Präsenz, um die Pilger gut begleiten zu können – um auch künftig täglich Eucharistie und Beichte anbieten zu können. Das suchen die Leute hier gezielt.“ Und er möchte den Dienst um ein Gesprächsangebot zusätzlich zur Beichte erweitern. „Es gibt hier oft Menschen, die wollen länger reden und etwas loswerden, etwas abladen und ihre Sorgen ausschütten.“ Dafür würde er gern einen weiteren Gesprächsraum einrichten.

 

Termine

  • Seit den Dreißiger Jahren gilt Heede für viele Menschen als wichtiger Ort des Gebets. 1937 bis 1940 hatten vier Mädchen berichtet, dass ihnen die Muttergottes erschienen sei. Heede ist kein offizieller Marienwallfahrtsort, aber als Gebetsstätte anerkannt.
  •  Seit genau 50 Jahren gibt es die Nachtanbetung an jedem ersten Samstag im Monat. Anfang November erinnert die Pfarreiengemeinschaft Dörpen-Dersum-Heede an dieses Jubiläum. In den vergangenen Wochen waren Gemeindemitglieder und Pilger eingeladen, ihre Erfahrungen mit der Gebetsstätte auf eine eigens gestaltete Karte zu schreiben. Die Rückmeldungen sind vom 1. bis 5. November im Haus St. Josef in Heede zu sehen. 
  • Die Nachtanbetung am 4. November beginnt mit der Oasenzeit um 19.30 Uhr in der Marienkirche mit Anbetung, Vesper und Rosenkranzgebet. Um 22 Uhr startet die Messe mit anschließender Lichterprozession. Danach werden bis 6 Uhr gestaltete Betstunden angeboten, die mit der Feier der Laudes und dem sakramentalen Segen enden. Beichtgelegenheit gibt es von 20.30 bis 22 Uhr sowie nach der Lichterprozession. 
  • Zum Jubiläum bietet die Gemeinde nach der Messe am Samstag von 19.30 bis 21.45 Uhr und von 23.30 bis 0.30 Uhr eine Begegnung im Haus St. Josef an. Nach dem Hochamt am 5. November (10.45 Uhr) wird dort zum Kirchencafé eingeladen.
Petra Diek-Münchow