Virtueller Weihnachtschor singt zum Fest

Für einen Moment Chor

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Ende November hieß es bei den Chören im Dekanat Osnabrück-Nord: "Wer hat Lust, bei einem virtuellen Chorprojekt dabei zu sein?" Das weihnachtliche Ergebnis ist jetzt online. 

Die Jüngste spricht noch ganz kindlich, der Älteste brauchte technische Hilfe vom Enkel. Vier bis 85 Jahre. So alt sind die Mitglieder des virtuellen Weihnachtschores des Dekanats Osnabrück-Nord.  Alles hat mit einer Zoom-Konferenz angefangen. Dort entstand die Idee zum YouTube Chor. Das niederländische Weihnachtslied „Mitten in der Winternacht“, von Komponist Michael Schmoll und mit dem deutschen Text von Andreas Mohr, sollte vierstimmig erklingen. Schmoll unterrichtet am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück Musiktheorie, Gehörbildung und Arrangement und leitet den Kirchenchor „Icker Kantorei“. Am Ende waren es 91 Singstimmen, die er mischen durfte. Er selbst habe mit einer solchen Resonanz nicht gerechnet: „Das ist schon ziemlich gewaltig.“


Ein Ausschnitt aus dem Schnittprogramm von Michael Schmoll. Hier hat er alle Singstimmen zusammen abgemischt. Foto: Michael Schmoll

Jeder, der mitmachen wollte, brauchte zwei Smartphones. Über das eine Gerät sollte per Kopfhörer eine der Hörproben laufen, die Schmoll auf seiner Homepage zur Verfügung gestellt hat. Auf dem anderen wurde der Gesang aufgezeichnet – per Audioaufnahme. Das hat geklappt und „keiner hat zum lauten Playback gesungen“, sagt Michael Schmoll und lacht. Manchen älteren Teilnehmern, die mit der Technik unsicher waren, sagte er „Kommste vorbei, mit Maske auf“ und lud sie in sein hauseigenes Tonstudio in Wallenhorst-Rulle ein. Das sei für diese Menschen eine neue Erfahrung gewesen, wie man überhaupt professionell aufzeichne.  Am Ende dann die „Sisyphos-Arbeit“, wie Schmoll den Schnitt der Tonspuren beschreibt.

Spaß am Schnitt

Vor dem eigentlichen Gesang war teilweise zu hören, wie jemand in den Takt einzählt, danach gab es Geräusche beim Stoppen der Aufnahme. Zwischen Strophen und Refrain gab es instrumentale Pausen. Das alles musste Schmoll löschen. Und dann klingt jede Stimme anders: 30 Sopran-, 37 Altstimmen, sechs Kinderstimmen und 20 Männer. Jede Stimme habe einen anderen Sound, die eine ein bisschen lauter, die andere leiser, die eine zu grell, die andere zu dumpf. Am Ende hat Michael Schmoll mit einem Effekt namens „Raumverteiler“ sogar dafür gesorgt, dass die Sänger sich anhören, als würden sie wie ein echter Chor, „der eine mehr links, der andere mehr rechts“, auf der Bühne nebeneinanderstehen. „Das war schon ein ganz schöner Aufwand, das alles zusammenzuschneiden“, sagt Schmoll, „aber mir macht das auch irgendwie Spaß.“

Besonderen Spaß hatte er beim Hören der Kinderstimmen, die für das Chorprojekt eingeschickt wurden. Zu schön, um sie im Gewirr von 91 Singstimmen untergehen zu lassen, war Michael Schmoll überzeugt. Und deshalb sollte sich niemand den Abspann entgehen lassen, denn da singen jetzt nur die Kinder – begleitet von einer Harfe. Alle Teilnehmer waren mit großer Freude an diesem Projekt beteiligt, konnten doch in diesem Jahr keinerlei Chorproben und Auftritte stattfinden. Beim Einsingen des Videos war nun zu Hause bei allen Beteiligten „für einen Moment Chor“, sagt Michael Schmoll. Ein Stück Normalität am Ende eines bewegten Jahres.

Das virtuelle Chorprojekt „Mitten in der Winternacht“ von den Mitgliedern der Chöre aus dem Dekanat Osnabrück Nord findet sich jetzt auf YouTube.

Theresa Brandl