Gute Ideen brauchen Unterstützer

Fundraising für Kirchengemeinden?

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Man könnte auch sagen „Tue Gutes und rede darüber“. Nichts anderes verbirgt sich hinter dem fremd klingenden Wort „Fundraising“. Der Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet frei übersetzt so etwas wie „Quellen erschließen“. Oft wird es benutzt, wenn Gemeinden oder Einrichtungen Spenden für Projekte einwerben.


Für Klaus Heil, Leiter des Fundraisingbüros im Bistum Hildesheim, geht es aber beim Fundraising um weit mehr als nur um Geld: „Fundraising gehört zum Urauftrag der Kirche. Wir gehen mit unseren Botschaften raus zu den Menschen, die nicht zur Kerngemeinde gehören und wohlmöglich gar keine Kirchenmitglieder sind.“ Das sei eine Art von Öffentlichkeitsarbeit und eine große Chance zur Kontaktaufnahme, die von vielen Gemeinden und Bistümern noch zu sehr vernachlässigt werde. Ein paar Tipps:

Beispiel 1: 
Der Spendenbrief ist der Klassiker im kirchlichen Fundraising. Wie können Gemeinden ihn stärker nutzen?

Es gibt kaum eine gemeinnützige Organisation, die nicht auf persönlich adressierte Spendenbriefe setzt, wenn sie Fundraising betreibt. So auch viele Kirchengemeinden. Klaus Heil betont: „Es ist wichtig, dass sie gut gemacht sind und regelmäßig verschickt werden.“ Auch er kenne verärgerte Reaktionen von Menschen, die kritisch erzählen: „Seit 15 Jahren habe ich von der Kirche nichts gehört und jetzt schicken sie einen Spendenbrief.“ Sein Tipp: Mindestens alle zwei Jahre sollten Gemeinden ihre Mitglieder persönlich anschreiben – mit einem gut gemachten Brief mit interessanten Informationen aus dem Gemeindeleben. Eine Idee dazu: „Vielleicht kann man jedes Jahr ein Jahresthema entwickeln, das darin vorgestellt wird. Dann merken die Menschen: Hier wird ein breites Spektrum bearbeitet, hier gibt es handfeste Sachen, die ich unterstützen kann.“ Diese Unterstützung muss auch nicht immer Geld sein: „Man kann auch um Mitarbeit und Engagement werben“, schlägt der Experte vor.

Beispiel 2: 
Kindergartenerweiterung, neue Orgel, Kirchenrenovierung stehen an. Die Pfarrei braucht dringend Spendengelder:

Die meisten Anfragen an das Fundraisingbüro drehen sich um Gebäude: Renovierungen, Neubauten, Erweiterungen in jeglicher Form. Klaus Heil rät, das Projekt auch als Auftrag zu begreifen. „Wer spendet, möchte gerne dabei sein, möchte eine Bindung zum Projekt aufbauen, das er unterstützt.“ Denn Fundraising bedeute auch Beziehung. Dazu müsse man aber bereit sein. Geschehen könne das mit einem Blog im Internet, durch Führungen oder Veranstaltungen auf der Baustelle, Patenschaften oder Dankesbriefe, die neben den Bauarbeiten über auch den Auftrag rund um das Projekt informieren. „Wer den Kindergarten unterstützt, der interessiert sich für die Arbeit mit Kindern. Da kann eine Spende im besten Fall der erste Schritt in eine lange Beziehung sein“, so Heil.
Ideal fürs Fundraising sind auch Themen, die den gesamten Ort ansprechen. So kann bei einer Kirchenrenovierung die kulturelle Bedeutung des Gebäudes  betont werden. Wichtig sei dabei eine gute Strategie, damit sich die Spender  auf das Projekt einlassen könnten. Dazu gehörten zum Beispiel Diskussionsrunden oder Führungen, damit sich die Menschen eingebunden oder mitverantwortlich fühlten. Grundsätzlich gelte: Erst kommunizieren, dann bitten. Am Ende stehe der persönliche Dank und die Anerkennung: durch ein eigenes Fest in der renovierten Kirche, ein Orgelkonzert auf der restaurierten Orgel oder einen Tag der offenen Tür im neuen Kindergarten. 

Beispiel 3: 
Eine Pfarrei nimmt Gelder mit Werbeplakaten am Baugerüst oder dem Verkauf von eigens produziertem Bier ein. Ist das rechtens?

(Fotos: Fundraisingbüro Hildesheim)

Auch Firmenspenden oder eine Kooperation mit einem Unternehmen sind durchaus eine Möglichkeit für Kirchengemeinden, Geld einzuwerben. „Viele Firmen haben erkannt, dass es nicht nur reicht, ein guter Arbeitgeber zu sein, und haben durchaus Interesse, Produkte speziell für gemeinnütige Zwecke zu verkaufen, um diese dann mit dem Erlös mitzufinanzieren“, erklärt Reimund Wolf vom Fundraisingbüro. So verkaufte die Brauerei Neuspringe in Worbis ein „Basilikabier“ zugunsten der Renovierung der Basilika Duderstadt. Die Planung für ein solches Projekt müsse aber frühzeitig begonnen werden. „Das ist wichtig, denn Unternehmen bieten nicht nur Geld, sondern auch Ideen und Erfahrung.“ 

Beispiel 4: 
Eine Pfarrei möchte die Sonntagskollekte stärker für ihre Zwecke nutzen und eigene Themen festlegen:

 Es gibt für die Gemeinden einen Kollektenplan, der bestimmte Kollekten vorschreibt aber auch viele freie Termine hat. Das können Gemeinden für sich nutzen. Die Kirche St. Anna in Hannover sammelt zum Beispiel jeden ersten Sonntag im Monat für die Innensanierung ihrer Kirche. Eine Gemeinde in Lüneburg warb regelmäßig für die Jugendarbeit. Am folgenden Sonntag zeigte ein Plakat mit einem herzlichen Dankeschön den Betrag, der zusammengekommen war. Plakate, Flyer und spezielle Spendentüten können helfen, die Einnahmen aus der Kollekte zu steigern und sie anschaulicher und projektbezogener zu machen. Wolf: „Diese Chance sollte man sich nicht entgehen lassen.“

Beispiel 5:
Eine Gemeinde will einen Förderverein für den Bau und Erhalt des Kirchengebäudes gründen:

Einen Förderverein zu gründen, ist oft eine der ersten Ideen, wenn man ein Vorhaben mit Spenden dauerhaft unterstützen möchte. Viele Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen haben bereits mehr oder weniger aktive Fördervereine. Aber wie ist das mit Kirchengemeinden? Klaus Heil warnt: „Nur mit der Gründung eines Vereins ist nichts gewonnen. Man braucht engagierte Netzwerker und eine gewisse Eigenständigkeit, um auch erfolgreich zu sein.“ Als Beispiel nennt er den Dombauverein Hildesheim: „Als Mitglied ist man nicht nur Spender, sondern Teil einer durchaus exklusiven Community, die vielfältige Angebote entweder selbst entwickelt oder in Kooperation mit vielen Partnern vorhält.“ So gibt es ein wissenschaftliches Kolloqium zur Geschichte des Domes, jährlich zum Patronatsfest ein Candle-Light-Dinner für Mitglieder im Kreuzgang, exklusive Einladungen zum Glockenguss bis hin zu exklusiven Themenführungen im Dommuseum. Das Ziel eines solchen Vereins sei ganz einfach, so Heil: „Die Mitglieder sollen Spaß daran haben, Mitglied zu sein und eben nicht den Eindruck gewinnen, ihre einzige Funktion sei es, ab und an mal zu spenden.“ Astrid Fleute