Männer wollen wieder mit dem Rad nach Italien pilgern

Gebet mit Blick ins Tal

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Eine Gruppe von Männern steht auf dem Petersplatz in Rom.
Nachweis

Fotos: privat

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Angekommen in Italien: Nach vielen Etappen, verteilt über mehrere Jahre, stehen die Radpilger auf dem Petersplatz in Rom. Fotos: privat

Raus aus dem Alltag und mit dem Rad nach Italien pilgern – das kam bei einer Männergruppe richtig gut an. Verteilt über mehrere Jahre sind sie in Etappen zuerst nach Assisi, dann nach Rom gefahren. Die nächste Tour steht ab 2024 an.

Die Planung übernimmt Wilfried Prior, Referent für Personalentwicklung beim Bistum Osnabrück. Die Initiative zu der Radtour nimmt ihren Anfang, als er noch im Haus Ohrbeck in Georgsmarienhütte als Bildungsreferent arbeitet und eine Veranstaltung für Ehepaare organisiert. Dabei kommt die Idee zu einer Männer-Pilgertour auf. „Für die gibt es zu wenig geistliche Angebote“, findet Prior. Die Frauen in der Runde machen den passenden Vorschlag, wie solch ein Projekt praktikabel und familienverträglich umzusetzen ist – als Fünf-Jahres-Plan: jedes Jahr fünf Tage eine Strecke. 

Unterwegs nach Assisi mit dem „Bio-Bike

Zweimal hat Prior solche Touren schon ehrenamtlich vorbereitet: Das erste Mal geht es über fünf Jahre in 27 Abschnitten über fast 2000 Kilometer und gut 15 000 Höhenmeter nach Assisi, das zweite Mal in 37 Etappen über fast 2600 Kilometer und 24 000 Höhenmeter nach Rom. Alles mit dem Fahrrad – nur mit Muskelkraft und ohne Motor. „Bio-Bike“ nennt er das schmunzelnd. Übernachtet wird auf Campingplätzen im Zelt – das die Männer samt anderem Gepäck selbst in ihren Satteltaschen von Etappe zu Etappe transportieren. Mal 60 Kilometer am Tag, mal auch 100.

Abgeschreckt haben die Bedingungen offenbar keinen. Denn zwischen 15 und 25 Männer treten jeweils in die Pedalen. Sie sind zwischen gut 30 und knapp 70 Jahren alt, stammen aus unterschiedlichen Berufen und Orten – und nicht alle haben eine enge Bindung an die Institution Kirche. „Es geht eher um die Gemeinschaft, um gemeinsam gelebten und erlebten Glauben“, sagt Wilfried Prior. Und er liegt mit dem Angebot offenbar richtig, denn drei der Teilnehmer aus den vergangenen Jahren können es kaum bis zur nächsten Tour abwarten.

Männer sitzen auf einer Bank und schauen ins Tal.
Gebetspause mit Blick ins Tal.

Frank Hillebrand, der als Arzt in einem Krankenhaus in Osnabrück arbeitet, will „unbedingt wieder mitfahren“ und scharrt quasi schon mit den Reifen. Bei der zweiten Tour nach Rom steigt er im letzten Drittel auf den Sattel und denkt zunächst mehr an die sportliche Herausforderung. Aber mehr und mehr gefällt ihm die spirituelle Komponente. Das ganze „Paket“ der Pilgerreise hat ihn nachhaltig beeindruckt. Dazu gehört das „tolle Miteinander“, bei dem alle mit viel Achtsamkeit füreinander dabei sind, sich helfen und aufeinander warten – sich aufbauen und als Gruppe tragen, manchmal auch ohne viele Worte. Hillebrand empfindet das als „wohltuenden Kontrapunkt“ in einer Gesellschaft, in der Freundlichkeit und Wertschätzung nicht mehr immer und überall großgeschrieben werden.

Auch das von Prior mit Gebeten, berührenden Texten und Liedern gestaltete Pilgerbuch lobt er sehr. „Das hat uns durch den Tag begleitet“, sagt der 58-Jährige. Bei der Laudes am Morgen, bei der Vesper am Abend, beim Gebet mit Blick ins Tal – und zwischendurch bei manchen Gedanken. „Was immer wir göttlich nennen und was uns begleitet im Leben – die Tour hat dazu beigetragen, mich wieder mehr mit meinem Glauben zu beschäftigen.“

Ganz ähnlich äußert sich Christian Eienbröker aus Dülmen-Buldern. Der 66-Jährige, der bis zu seinem Ruhestand als Personalmanager bei der Telekom gearbeitet hat, war von Anfang an dabei, schon bei der ersten Tour nach Assisi. Seine Frau hatte gesagt: „Das ist doch was für dich.“ Und die Franziskus-Stadt hat ihn gereizt, „da kann man gar nicht oft genug hinfahren“. 

Woran Eienbröker gern zurückdenkt? Das sind die wunderschönen Landschaften, die nach einer schweißtreibenden Etappe den Berg hinauf mit einem weiten Blick in die Ebene entschädigen. Das sind die Morgen- und Abendgebete mitten auf dem Campingplatz. „Das war ein starkes Zeichen in der Öffentlichkeit.“ Und das ist für ihn die Gemeinschaft: „Man stellt fest, dass man mit jedem so eine Tour auf sich nehmen kann. Man ist nicht allein. Man hilft sich, wenn es mal nicht weiter geht.“ Für Christian Eienbröker sind beide Touren die Chance, seinen Glauben zu vertiefen, mit anderen zu teilen und über das Leben zu sprechen: „ein echtes Glaubensabenteuer.“

Nicht viel anders spricht Werner Lütkehaus, ebenfalls aus Osnabrück, über die zwei Pilgertoren. Der 60-jährige Elektrotechniker überlegt, auch 2024 wieder nach Assisi mitzufahren. Er findet die Gemeinschaft „toll“. Lütkehaus war der Navigator in seiner Kleingruppe. Die anderen Männer können sich darauf verlassen, dass er sie gut an das Ziel führt. Das ist ihm wichtig. „Wir sind immer gut angekommen.“ Auf eine Pilgertour zu gehen oder zu fahren, das hatte er sich lange gewünscht. Und das im Kreis von Männern, „das war eine ganz andere, neue Erfahrung.“ Mag auch manche Etappe den einen oder anderen an Grenzen gebracht haben, „das Ankommen in Assisi, das war sehr emotional.“

Exerzitien auf zwei Rädern

Wilfried Prior kann jeden dieser Gedanken und jede dieser Erinnerungen gut nachvollziehen – er freut sich über die schöne Resonanz. Auch er nimmt aus jeder Pilgertour etwas mit. Das beginnt mit dem Pilgerbuch, für das er Monate vorher viele Texte und Songs sammelt. „Das macht was mit mir, ich habe dabei die Männer vor Augen, habe Vorfreude und Bilder im Kopf“, spricht er von einem geistlichen Prozess, orientiert an der „Lebensrealität im Lichte Gottes“. Das setzt sich dann mit der Planung der einzelnen Etappen fort, bei dem ihm seine lange Erfahrung als versierter Radpilger hilft. Und das gipfelt in der Tour selbst, die seine persönlichen Exerzitien sind. 

Dabei hält er keine Gottesdienste, keine Predigten, keine Andachten. „Das kommt alles von den Männern selbst, meine Impulse für mich bekomme ich von ihnen.“ Denn so mancher Teilnehmer, der vorher befürchtet hatte, „das Ganze würde zu fromm“, stellt sich später hin und betet laut vor. Und außerdem „macht es unglaublich viel Spaß, jeden Tag einen anderen Horizont vor sich zu sehen. Es ist einfach ein tolles Projekt“. Man ahnt, er würde am liebsten sofort das Rad aus der Garage holen. 

Neue Radtour nach Assisi ab 2024 
In fünf Jahresetappen für je fünf Tage können Männer ab 2024 nach Assisi in Mittelitalien radeln. Die erste Tour führt vom 26. bis 30. August von Haus Ohrbeck in Georgsmarienhütte nach Erfurt. Ein unverbindliches Infotreffen zu dem Projekt ist am 16. Mai um 19 Uhr in Haus Ohrbeck in Georgsmarienhütte oder digital geplant. Weitere Infos bei Wilfried Prior, Telefon 05 41/31 81 98, E-Mail: w.prior@bistum-os.de 
oder im Internet: 
https://www.haus-ohrbeck.de/programm/unsere-seminare/details/einfach-nach-assisi

 

Petra Diek-Münchow