Neuer Leiter im Jugendkloster Ahmsen
Genau am richtigen Platz
Foto: Petra Diek-Münchow
Fußballbetreuer, Katholische Landjugend, Autohändler, Bürgermeister: Die Laufbahn von Michael Westermann hat ganz unterschiedliche Stationen. Seit einigen Wochen leitet der 30-Jährige das Jugendkloster in Ahmsen – und fühlt sich dort richtig wohl.
Mit schnellem Schritt überquert Michael Engbers den Hof des Jugendklosters in Ahmsen in Richtung des Gartens. Im Vorbeigehen grüßt er kurz die Gäste, die bei schönem Frühsommerwetter einen Spaziergang über das Gelände machen, und steuert dann seinen Lieblingsplatz an. Wo der ist? „Hinten, die Wiese für die Ziegen“, sagt er mit einem Lächeln und nimmt sich dann ein paar Minuten Zeit, um die Tiere zu kraulen. „Dabei kann ich ein bisschen ‚runterkommen.“ Um sich dann wieder seiner Arbeit zu widmen: als neuer Hausleiter in Ahmsen sowie als Co-Geschäftsführer des Trägervereins Marstall Clemenswerth Sögel und Jugendkloster Ahmsen.
Und diese Aufgabe ist ganz anders als seine bisherigen als Verkaufsleiter bei einem Cloppenburger Autohaus oder ehrenamtlich als stellvertretender Bürgermeister in Vrees. In den vergangenen Monaten hat Westermann schon öfter erstaunte Gesichter gesehen, wenn er von seinem Wechsel aus Kommunalpolitik und Geschäftswelt in eine kirchliche Einrichtung erzählt hat. Aber für ihn fühlt sich der neue Schreibtisch gar nicht so fremd an, sondern eher wie der genau richtige Ort. „Ich bin ein glücklicher Mensch hier. Die Stelle, die Inhalte, das Team – das ist wunderbar. Ich bin mehr als zufrieden.“
Dass er vor einiger Zeit auf sein Leben geschaut hat und ihm eine andere Richtung geben wollte, hängt auch mit seinem Werdegang und seinen Ehrenämtern zusammen. Der jetzt 30-Jährige wächst mit seiner jüngeren Schwester in seinem Heimatort Vrees auf – in einem emsländisch-katholischen Haushalt. „Kirche ist bei uns selbstverständlich dabei“, sagt er. Schon als Kind spielt er beim örtlichen Sportverein SV Frisia Vrees Fußball, betreut später die Minikicker und organisiert in der Kirchengemeinde St. Nikolaus die Zeltlager mit.
Es braucht Leute, die vorangehen und nicht nur vom Rand aus zugucken.
Über Gruppenleiterschulungen lernt er als Jugendlicher schließlich die Katholischen Landjugend-Bewegung (KLJB) besser kennen – engagierte sich rasch im Vorstand der Ortsgruppe bis hin zum Amt des Vorsitzenden sowie auf Dekanatsebene in der Region Hümmling und in Diözesanarbeitskreisen. „Von der Landjugend kennen wir uns auch“, sagt er zu Michael Engbers, der an dieser Stelle zum Gespräch hinzukommt. Engbers ist Geschäftsführer des Trägervereins von Jugendkloster und Marstall, ist Gesamtleiter beider Häuser.
Auch in seiner Biografie steht die Landjugend weit vorn: Fünf Jahre sitzt er bis Ende 2017 im KLJB-Diözesanvorstand, davon zwei Jahre als erster Vorsitzender. „Da haben wir uns doch schon getroffen“, erinnert sich der Börgeraner. Auch das macht die Zusammenarbeit heute leicht – wie die Herkunft aus der gleichen Region, wie das ähnliche Alter. „Michael bringt Begeisterungsfähigkeit und Bodenständigkeit mit – und er hat richtig Bock auf die Arbeit“, sagt Engbers über seinen Vornamensvetter.
Westermann engagiert sich bis vor kurzem neben der Landjugend zugleich in der Kommunalpolitik. Mit 24 Jahren tritt er bei den Wahlen an, schafft es gleich in den (Samt)Gemeinderat und wird wenige Jahre später schon stellvertretender Bürgermeister in Vrees. „Es braucht Leute, die vorangehen und nicht nur vom Rand aus zugucken“, findet er. „Ich fand es spannend, an dieser Stelle Verantwortung zu übernehmen.“
Das passte einfach total gut.
Auch beruflich läuft es eigentlich gut für Westermann, der im dualen Studium Betriebswirtschaft studiert hat. Er ist nicht unzufrieden mit seiner Arbeit im Autohaus, hat ein gutes Gehalt. Trotzdem spielt er schon etwas länger mit dem Gedanken, sich noch mal umzuorientieren und „etwas ganz anderes zu machen“. Der junge Mann nimmt sich zuerst eine Auszeit und schaut sich ein paar Monate die Welt an: Mexiko, USA, den Balkan. Er sieht das nicht als Selbstfindungstrip, sondern will einfach andere Kulturen kennenlernen und seine Perspektiven erweitern, um danach klarer zu sehen: Will ich noch mal studieren, will ich in die Stadt? Will er am Ende nicht, denn wieder zu Hause entdeckt er die Stellenausschreibung als Hausleiter für Ahmsen. „Und das passte einfach total gut“, sagt er, weil er dort nicht nur seine bisherigen Erfahrungen aus Beruf und Ehrenamt gut einbringen, sondern etwas für junge Menschen bewegen kann.
Welche Aufgaben er im Jugendkloster hat? Was er bei der Antwort aufzählt, klingt nach einem Allrounder. Finanzen, Organisation, Personalführung, Förderanträge, Verwaltung, Baumaßnahmen – aber auch mal die Leitung eines Kurses. Darauf freut er sich sichtlich. „Ich möchte, dass unsere Gäste sich hier heimisch und wohlfühlen“, formuliert er ein Ziel, das gleichermaßen für Engbers und das Team in Ahmsen sowie Sögel gilt.
Und natürlich möchte er das Jugendkloster gut in die Zukunft führen – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch inhaltlich. Gerade die Kirche in ihrer derzeit schwierigen Situation braucht nach Ansicht von Westermann und Engbers solche „Hotspots“ wie Ahmsen. Wo junge Menschen sich außerhalb der eigenen Gemeinde mit jungen Leuten aus anderen Orten treffen können. Wo sie reden und auch mal heiß diskutieren, wo sie in ihrer Art beten und Gottesdienst feiern, wo sie Glauben und Spiritualität neu erfahren – wo sie auch Ideen für Politik, Kirche und Gesellschaft entwickeln können. „Dafür kann Ahmsen genau der richtige Ort sein“, sagt Michael Westermann.