Generalvikar Ulrich Beckwermert zum Sparkurs des Bistums

Genug Luft zum Atmen

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Zu Jahresbeginn machten sich viele Menschen sorgen, das Bistum Osnabrück könnte bankrott sein. Tatsächlich müssen die Ausgaben gesenkt werden. Aber nach einer weiteren Klausurtagung sendet Generalvikar Ulrich Beckwermert ein deutliches Signal: Gestaltungsspielräume sind geblieben.


„Wir wollen ausdrücklich sichtbare Kirche bleiben“, sagt Generalvikar Beckwermert. Foto: bpo

Diese Nachricht hatte viele Menschen aufgeschreckt: Das Bistum Osnabrück, das jahrelang einen moderaten Sparkurs verkündet hatte, muss nun trotzdem viel Geld zur Seite legen, wenn es auch in der Zukunft noch zahlungsfähig sein will. Generalvikar und Finanzdirektorin hatten jedoch unterstrichen, dass es trotz der Probleme keinen Grund zur Sorge gebe. „Wir sind nicht pleite“, hatte Finanzdirektorin Astrid Kreil-Sauer gesagt.

Diese Auffassung hat Generalvikat Ulrich Beckwermert, der Chef der kirchlichen Verwaltung, jetzt bestätigt. Anfang Mai habe es eine „Nachlese“ mit den Abteilungsleitern gegeben. Sein Sig­nal: „Sicherlich werden wir nicht nur mal vorübergehend Geld einsparen müssen, sondern auf Dauer. Aber ich sehe uns weiterhin in der Lage, Gestaltungsspielräume zu schaffen“, sagte er in einem Gespräch mit dem Kirchenboten.

Die "schwarze Liste" gibt es nicht

Dabei machen sich die Verantwortlichen durchaus Sorgen, weil die Zahl der Kirchenaustritte nach wie vor hoch ist – und die Einnahmen des Bistums damit zurückgehen. Der lange zurückliegende Finanzskandal im Bistum Limburg, die immer wieder deutlich werdenden Verfehlungen beim Umgang mit dem sexuellen Missbrauch – der Generalvikar braucht nicht lange, um die Gründe aufzuzählen. „Gründe, die gar nicht unbedingt etwas mit dem Bistum Osnabrück zu tun haben“, sagt er. „Aber das haben wir nun mal nicht in der eigenen Hand.“

Was die Umsetzung der Sparbeschlüsse angeht, wird der Generalvikar nicht müde, um Verständnis zu werben. Die Kirchengemeinden und die Caritas seien zum Beispiel ausdrücklich weniger belastet als andere Bereiche. Kritik gab es daran, dass gerade bei den Schulen gekürzt werden soll. „Aber auch da erhalten wir uns schon noch Gestaltungsspielräume“, sagt er. Immerhin gebe das Bistum rund ein Viertel der Kirchensteuereinnahmen für die Bildung aus. Und dass ein kleines Bistum wie Osnabrück 21 Schulen unter dem Dach der Schulstiftung unterhalte, sei eine große Leistung.

Das Stichwort vom Gebäudemanagement machte Anfang des Jahres ebenfalls die Runde. Wo können Gebäude verändert werden, wo sind sie sogar übrig? Diese Frage beschäftigt das Bistum schon länger, an vielen Standorten wurde zum Beispiel der Gottesdienstraum verkleinert, damit das Pfarrheim oder der Kindergarten Platz bekamen. Und es geht weiter. Gerade in diesen Tagen wird über die Umnutzung von zwei Osnabrücker Kirchen geredet – Herz Jesu (siehe Kibo vom 15. Mai) und St. Franziskus (siehe Seite 11). Der Generalvikar betont, dass es keine „schwarze Liste“ gebe, auf der Gebäude stehen, die abgestoßen werden sollen.


Die St.-Franziskus-Kirche in Osnabrück-Dodesheide soll umgenutzt werden. Foto: Thomas Osterfeld

„Wenn über Kirchen gesprochen wird, höre ich oft extreme Aussagen“, sagt der Generalvikar: „Abriss oder Aldi.“ Soll heißen: Niemand möchte, dass das Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wird, niemand möchte eine Nachnutzung in unangemessener Form. „Darüber reden wir auch gar nicht“, sagt Beckwermert. „Wir wollen Kirchtürme erhalten und auch die Glocken. So können wir im Stadtteil präsent bleiben, können weiterhin sichtbare und hörbare Kirche sein.“

Im Gespräch mit ihm wird nicht nur deutlich, dass manche Gemeinde selber gewillt ist, den Gebäudebestand zu reduzieren. Es zeigt sich auch, dass es eine Frage ist, wie wir in Zukunft Kirche sein wollen. Als Beispiel nennt er Dissen, wo das Gotteshaus zur Kindertagestätte umgestaltet wurde, aber der Glockenturm stehenblieb. Oder er nennt Herz Jesu, wo überlegt wird, Büroräume zu schaffen, den Altarraum und damit die Nähe zur Liturgie aber zu erhalten. „Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Nähe auf jemanden, der im Büro arbeitet, nicht ohne Wirkung bleibt.“ In jedem Fall könne das kirchliche Gebäude so weiter den Stadtteil prägen und „wir können ausdrücklich sichtbare und hörbare Kirche bleiben“, so Beckwermert. Das schließe auch Modernisierungen nicht aus, „aber in jedem Fall ohne jeden Prunk und Protz.“ Außerdem könne es zu Synergieeffekten kommen: wenn Kirchengemeinde und Kommune sich zusammentäten, um ein Gebäude gemeinsam zu nutzen.

Im Internet ist eine neue Gemeinde entstanden

Bei allen baulichen Veränderungen wünscht sich der Generalvikar, dass eine Grundstruktur erhalten bleibt. „Wir wissen nicht, was kommt, aber es könnte doch sein, dass wir in 40 Jahren diese Struktur wieder brauchen.“ Die Herde mag kleiner werden, das ist für Generalvikar Beckwermert aber kein Grund für einen Rückzug: Lieber bringt er den Gedanken vom sozialen Engagement ins Spiel: Schutzräume schaffen für Benachteiligte, Begegnungen ermöglichen und dafür Räume zu öffnen – so wie gerade in Papenburg geschehen (Kibo vom 15. Mai). Manche Gemeinde könnte so eine neue Aufgabe finden. „Alles, was Akzeptanz findet, lässt sich auf finanzieren“, sagt er.

Schließlich kommt der Generalvikar noch auf ein Thema zu sprechen, das ihm wichtig und lieb ist: Die Präsenz der Kirche in der digitalen Welt. Dafür nennt er gerne den im Internet übertragenen Gottesdienst am Samstagnachmittag aus dem Dom. „Da hat sich eine neue Gemeinde entwickelt“, sagt er, lächelt dann verschmitzt und sagt, sie habe sogar einen Namen: „St. Livestream.“

Matthias Petersen

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