Tipps für Eltern und Großeltern

Herbstzeit ist Vorlesezeit

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Die Liebe zu Büchern wird oft schon mit Bilderbüchern im Kleinkindalter geweckt. Später lesen Kinder dann selbst spannende Geschichten. Aber besonders schön ist es für sie, wenn die Eltern oder Großeltern ihnen vorlesen. Ein paar Tipps.


Vorgelesen bekommen ist noch schöner als selbst lesen. Foto: imago images/shotsshop

(Vor-)Lesen geht immer: Im Sommer auf der Liege, im Winter auf dem kuscheligen Sofa, in der Mittagspause, nach den Hausaufgaben, vor dem Schlafengehen. Geschichten erhellen, belustigen, inspirieren, entführen in andere Welten. Nicht zuletzt und vor allem für Kinder relevant: Lesen bildet, fördert Verständnis, Konzentration und erweitert den Wortschatz. Nachfolgend gibt es ein paar Tipps zum Vorlesen (gern von Großeltern und in Zeiten von Corona auch via Telefon oder Videotelefonie) und zum Selberlesen. Vielleicht ist auch eine Geschenkidee zu Nikolaus dabei?

 

Bilderbuch
Im Bilderbuch „Das Kaninchen, die Dunkelheit und der Trick“ (Nicola O’Byrne, Orell Füssli Verlag) geht es um ein Dilemma, das viele Eltern kennen werden. Das Kaninchen mag nicht schlafen gehen. Es ist gar nicht müde. Aber wenn es dunkel wird, muss es ins Bett. Leider. Doch da kommt dem Kaninchen eine Idee: Was, wenn es gar nicht mehr dunkel wird? Dann muss es nie ins Bett. Schnurstracks holt das Kaninchen eine Keksdose und lockt die Dunkelheit mit einer List in die Dose. Nun bleibt es hell. Aber worüber sich das Kaninchen freut, beklagen andere Tiere. Die Fledermäuse, die Eulen, die Füchse, sie brauchen die Dunkelheit zum Jagen. Ob es der Dunkelheit wohl gelingt, aus der Dose freigelassen zu werden?

Dieses Bilderbuch mit seinen wunderschönen Zeichnungen erzählt eine etwas andere zu-Bett-geh-Geschichte und greift gleichzeitig Alltägliches, wie die Weigerung, schlafen zu wollen, auf.

 

Familienbuch zum Vorlesen
Ich nenne es ein Familienbuch: „Zurück  in Sommerby“ (Kirsten Boie, Oetinger Verlag) ist offiziell für Kinder ab zehn Jahren und die können bekanntlich selbst lesen, aber ich finde, es ist genauso ein wunderbares Vorlesebuch. Und darum geht’s: Endlich sind Martha, Mikkel und Mats zurück in Sommerby! Sie waren im Sommer schon einmal zu Besuch bei Oma Inge in ihrem gemütlichen Haus, das auf einer wunderschönen Landzunge steht. Die Kinder freuen sich auf das Übernachten auf dem Dachboden, Oma Inges Hühner oder das Ernten der Pflaumen. Für den Fall, dass es regnerisch wird – denn nun sind Herbstferien –, haben die drei einen Fernseher mitgebracht, von dem Oma Inge nicht viel hält. Es gibt auch so genug Aufregung. 

So meint der kleine Mats, er müsse ausreißen, und er bietet sich glatt dem Bauern Hinnerk als Hilfsarbeiter an. Wovon Mats und Mikkel auf ihren Entdeckungsreisen nichts mitbekommen, ist, dass der fiese Makler Oma Inge unter Druck setzt. Er will unbedingt das Haus haben, das Oma Inge auf keinen Fall verkaufen will. Der Makler will herausgefunden haben, dass Oma Inge ihr Häuschen gar nicht rechtmäßig geerbt hat. Ob das wohl stimmt? 
Martha macht sich Sorgen um ihre Oma und sie bedrückt die Frage, was mit dem Haus wird. Kirsten Boie ist bekannt für Bücher wie „Der kleine Ritter Trenk“, „Wir Kinder aus dem Möwenweg“, die Thabo-Reihe oder für Jugendbücher wie „Skogland“ und „Alhambra“. Sie verleiht in „Zurück in Sommerby“ ihren Figuren so viel Energie, dass man ihnen freudig und gespannt in jedes kleine und große Abenteuer folgt.

 

Zum Vorlesen oder selbst lesen
Ebenso genussvoll lässt sich „Dreimal schwarzer Kater – Krispin und der mächtigste Zauber der Welt“ (Wieland Freund; Beltz+Gelberg) vorlesen oder selbst lesen. Der Kobold Hillebingel und Hündin Trusch retten den schwarzen Kater Krispin aus dem Graben von Burg Bieleburg. Medardus, der abergläubische Zauberer und Chef auf Burg Bieleburg, mag schwarze Katzen überhaupt nicht, weshalb der Kobold und die anderen Tiere der Burg beschließen, Kris­pin lieber zu verstecken. Doch Krispin wagt sich gemeinsam mit seiner neuen Freundin „Kleiner Hühnchen“ – ja, ein ungewöhnlicher Name – in die Burg, um herauszufinden, was der Zauberer plant. Doch es läuft längst nicht alles glatt und so tappt Kobold Hillebingel beispielsweise in einen verzauberten Bannkreis. 

Wieland Freund schreibt und beschreibt einfühlsam, präzise und entfaltet einen wunderbaren Wortschatz. Seine Geschichte ist ebenso fantasievoll wie spannend, ohne übertriebene Action-Hektik.

 

Die Schule der magischen Tiere
Buchserien sind bei Kindern und Jugendlichen hoch im Kurs. Viele von ihnen verschlingen geradezu jeden Band und können es kaum erwarten, den nächsten in den Händen zu halten. Zu diesen Serien zählt auf jeden Fall „Die Schule der magischen Tiere“ (Margit Auer; Carlsen Verlag). In der Wintersteinschule gibt es eine ganz besondere Klasse, denn im Laufe der Zeit bekommt jedes Kind ein magisches Tier, das exakt zu seinem Charakter passt. So hilft Fuchs Rabbat seiner Ida bei der Eingewöhnung in die neue Klasse oder ein Chamäleon animiert die schüchterne Anna-Lena, die gern bei einer Schulaufführung mitmachen will, aber sich nicht so recht traut. 

Alle Geschichten erzählen davon, was Kinder im Schulalltag zu bewältigen haben: Aufgaben, Ängste, Freundschaften, Probleme daheim. Dabei werden sie immer von ihren magischen Tieren unterstützt. Diese Buchreihe wendet sich an Mädchen wie Jungen gleichermaßen. Band 11 „Wilder, wilder Wald“ erscheint übrigens Ende Oktober 2020.

 

Drei Fragezeichen – auch für Kids
Die Geschichten um die Detektive der „Drei ???“ sind seit Jahrzehnten ein großer Erfolg bei Jung und Alt. Daher lag es nahe, zwei weitere Reihen für etwas andere Zielgruppen zu kreieren. Bei den drei Rufzeichen, „Drei !!!“ handelt es sich um drei Mädchen, die kniffelige und geheimnisvolle Fälle lösen und die „Drei ???-Kids“ wenden sich an ein Publikum im Grundschulalter. Die Reihen aus dem Kosmos Verlag haben für viele einen absoluten Suchtfaktor.

 

Percy Jackson
Weniger spezifisch für Jungen oder Mädchen sind die Bücher der Fantasy-Reihe, in denen „Percy Jackson“ (Carlsen) die Hauptrolle spielt. Nachdem sich der Junge auf die Merkwürdigkeiten in seinem Leben keinen Reim machen kann, erfährt er, dass er ein Halbblut oder Halbgott ist. Sein Vater ist Poseidon. In einem Camp für Halbblüter wird auf die Kämpfe mit Monstern der griechischen Mythologie wie Titanen oder Zyklopen vorbereitet. Hier findet er auch neue Freunde, die ebenfalls Halbblüter sind. Die spannenden Abenteuer rund um die alten, griechischen Göttergeschichten fesseln Jungen wie Mädchen (Alter: 12-18 Jahre) gleichermaßen.

 

Klassiker der Literatur
In diesen Büchern lasen schon heutige Eltern- und Großelterngenerationen, was sie nicht weniger wertvoll macht: „Emil und die Detektive“ (Erich Kästner; z. B. Dressler Verlag) ist ein großartiges Buch über Freundschaft, Selbstständigkeit und Mut. Emil, der zum ersten Mal in seinem Leben allein nach Berlin reist, wird bestohlen. Gemeinsam mit seinen neuen Berliner Freunden verfolgen sie den Dieb. In der Geschichte von „Mary Poppins“ der australischen Schriftstellerin Pamela L. Travers (Dressler Verlag) treffen junge Leserinnen und Leser auf ein sehr ungewöhnliches Kindermädchen. Mit ihren Schützlingen Jane und Michael nimmt Mary Poppins an einer unter der Decke schwebenden Teegesellschaft teil. Sie kann auch mit Tieren sprechen und nimmt Jane und Michael immer wieder zu sonderbaren Orten mit. „Mary Poppins“ ist eine liebevolle Fantasiegeschichte.

Christine Schniedermann