Unterstützung für Senioren bei Handys und Tablets

Mediencafé im Kirchenschiff Nordhorn

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Zwei Frauen an einem Handy
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

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So geht das: Projektmitarbeiterin Albiana Imeraj (r.) hilft den Gästen im „Medien­café“ beim Umgang mit Smartphone, Tablet oder PC.

Online-Banking, Internet-Formulare, Krankenkassen-Apps: Die digitale Welt fordert nicht nur ältere Menschen zunehmend heraus. Damit sie nicht abgehängt werden und von der Technologie profitieren, gibt es im Nordhorner „Kirchenschiff“ ein Mediencafé.

Freitagnachmittag im „Kirchenschiff“ in Nordhorn. Mehrere Seniorinnen und Senioren sitzen in dem Haus der Passantenpastoral zusammen – allesamt Smartphones in der Hand und Fragezeichen im Gesicht. „Ich hatte neulich so eine komische Nummer auf meinem Telefon. Habe ich erstmal weggedrückt“, sagt Dorothee R.. Die 86-Jährige zeigt Albiana Imeraj und Bernhard Reiners ihren Anrufverlauf. „Gut, dass Sie nicht rangegangen sind, am besten gleich löschen. Das könnte ein Betrug sein“, sagt Letzterer und zeigt der älteren Dame zu ihrer Erleichterung, wie sie die Verbindung gleich ganz sperren und melden kann. „Ich bin echt glücklich, dass ich hier alles fragen kann“, sagt sie.

Lotsen durch den digitalen Alltag

Hier – das ist das „Mediencafé“: eine Kooperation unter anderem der Volkshochschule (VHS) und des „Kirchenschiffs“. An jedem zweiten und vierten Freitag können ältere Menschen, aber auch andere Gäste zwischen 15 und 17 Uhr ohne Anmeldung oder Gebühren in die Burgstraße 10 in Nordhorn kommen. Und alles fragen, was sie beim Blick auf ihr Handy und ihr Tablet so umtreibt. Projektmitarbeiterinnen wie Albiana Imeraj und vor allem Ehrenamtliche aus dem Haus der Passantenpastoral wie Bernhard Reiners und Maria Revermann sitzen dann parat, um zu helfen, anzuleiten und Tipps zu geben. „Digitallotsen“ nennen sie sich, und genau das verstehen sie als ihre Aufgabe: Menschen durch den zunehmend dichter werdenden digitalen Medienalltag zu lotsen, ihnen Risiken und Vorteile zu erklären.

Denn der Bedarf für solch ein Angebot ist groß, sagt VHS-Fachbereichsleiterin Christine Krumtünger. Die digitale Welt entwickelt sich nach ihren Worten immer schneller. Manche Formulare, Fahrkarten oder Termine bei Ärzten gibt es nur noch online. Und für viele Angelegenheiten braucht es mittlerweile Apps auf dem Handy  – die auch nicht alle besonders bedienerfreundlich sind. „Wir müssen aufpassen, dass wir bestimmte Personengruppen dabei nicht abhängen“, sagen Krumtünger und Reiners übereinstimmend. Und meinen damit nicht nur Seniorinnen und Senioren, sondern auch Menschen mit begrenztem Internetzugang, Handicaps oder aus anderen Herkunftsländern. „Die Leute müssen dahin mehr geschult werden“, findet Krumtünger und warnt zugleich davor, zum Beispiel älteren Menschen den Umgang mit digitalen Technologien nicht mehr zuzutrauen. „Die kriegen das schon hin. Sie haben schon so viel geschafft – vom Fernschreiber über das Fax bis zum Computer.“

Auch Dorothee R. hat keine Angst vor der Technik. Nur zuweilen fühlt sie sich von dem Tempo und der Vielfalt etwas überfordert. „Es wird so viel vorausgesetzt“, sagt sie. Bei ihrem neuen Handy gab es durchaus Erklärungen im Telefonladen – aber sehr schnell und mit vielen Fachbegriffen. „Für die jungen Leute mag das alles klar sein. Ich komme aber nicht hinterher und traue mich auch nicht, nochmal nachzufragen.“ Dabei ist die Nordhornerin sehr wissbegierig. An diesem Nachmittag fragt sie nach der Bahn-App, nach einem digitalen Terminkalender und wie sie eine Mail vom Handy verschicken kann. „Alles schaffen wir heute nicht, beim nächsten Mal geht es weiter“, sagt Reiners.

Zum Üben auch mal in die Kirche

Der Digitallotse und die anderen Ehrenamtlichen im „Kirchenschiff“ wollen sich Zeit nehmen, um den Gästen alles in Ruhe erklären zu können. Mit welchen Fragen sie kommen? Das ist mal die Einrichtung des gerade gekauften Handys samt Sicherung oder die Angst, auf Abzock-Anrufe hereinzufallen, das kann die Frage nach dem digitalen Nachlass oder einem neuen Insta­gram-Account sein. Zum Start des „Mediencafés“ platzte der Raum oft aus allen Nähten und viele Besucher hatten ganz allgemeine Anliegen. „Jetzt kommen oft spezielle, sehr individuelle Fälle und manche Gäste kommen auch regelmäßig wieder.“ Falls nötig, macht Reiners mit einigen noch mal eigene Termine ab und geht zum Üben schon mal nach draußen, zum Beispiel für Fotos nach nebenan in die St.-Augustinus-Kirche.

Wie sie die Kamera in ihrem Handy bedient, weiß Waltraud S. schon. Aber die 79-Jährige möchte ihre Aufnahmen gern in digitalen Alben ordnen. „Und wie mache ich das?“, fragt sie und räumt ein, dass sie manchmal nicht genau weiß, „worauf ich klicken darf und worauf nicht“. Maria Revermann ist ihr gern behilflich, und nach mehreren Minuten freut sich die Seniorin, dass sie ihre Bilder nun sortiert nach Themen schnell wieder findet. Zur Sicherheit notiert sie sich in einem Block die einzelnen Schritte. Und hat am Ende noch eine weitere Frage. Der Klingelton, „den höre ich oft nicht so gut“. Kein Problem, die Digitallotsin geht mit ihr viele andere Töne durch. „Das können wir schnell ändern.“

Das „Mediencafé“ gibt es in der Grafschaft Bentheim an mehreren Orten: in Nordhorn im „Kirchenschiff“, im Mehrgenerationenhaus sowie in Neuenhaus. Das Projekt geht zurück auf ein Aktionsbündnis der Volkshochschule, der Engagementförderung des Landkreises, dem Sozialverband, von Kirchen und den Seniorenbeiräten. Info: 0 59 21/8 36 50.

Petra Diek-Münchow

Tipps

Digitallotse Bernhard Reiners hat einige Tipps beim Umgang mit Handys – nicht nur für ältere Menschen:

• Das Smartphone unbedingt mit einer Sicherung versehen wie einen Zifferncode, Fingerabdruck oder Gesichtserkennung

• Kontakte immer mit einem Namen versehen, als Schutz gegen den „Enkeltrick“

• Starke Passwörter auswählen – und die sicher hinterlegen. Nicht auf einem Zettel in der Handyhülle oder der Geldbörse

• Einkaufen im Netz üben, um dadurch an Sicherheit zu gewinnen

• Genau überlegen, welche Apps wirklich sinnvoll und vertrauenswürdig sind. Dabei auf regelmäßige Updates achten

• Sich informieren und nicht scheuen, immer wieder Fragen zu stellen

• Die Angst vor dem Smartphone verlieren – damit bleibt man mit Menschen in Kontakt

• Auch mal Handy-Pausen einlegen, um Augen und Geist zu entlasten