Lachen als Medizin in der Altenpflege

Humor hilft!

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lachende Frau im Rollstuhl
Nachweis

Foto: istockphoto/Peoplemages

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Lachen hilft heilen und hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit: Das ist mittlerweile belegt.

Ein netter Spruch, ein Lächeln, ein kleiner Witz: Das kann Brücken bauen, auch in der Pflege. Dirk Tietz, Einrichtungsleiter aus Melle bei Osnabrück, erzählt in einem Interview davon.

Humor in der Pflege – was bedeutet das für Sie?

Wir haben sowohl im Verwaltungs-, als auch im Pflegebereich oft viele stressige Situationen. Und da sollte man trotzdem den Humor nicht zu kurz kommen lassen. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass bei den derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen viele Menschen scheinbar immer humorloser werden. Das finde ich schade.

Welche Rolle spielt das in Ihrem Arbeitsalltag?

Wir haben natürlich viele ernste Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Aber trotzdem rate ich dazu, manchen Dingen, natürlich in angemessener Weise, mit einem Augenzwinkern zu begegnen und vor allem sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Diese Haltung beziehe ich auch auf meine Person als Leiter. Ich sage manchmal, ich bin der Gute-Laune-Bär im Hintergrund, aber ohne das Team wäre ich nichts. Und wenn ich mich selbst nicht so hervorhebe und die anderen wertschätze – das macht für mich schon einen guten, humorvollen Umgang miteinander aus.

Aber wie kann Humor da tatsächlich helfen?

Ich denke an kleine nette Bemerkungen, an witzige Sprüche und Situationen, an Anekdoten, die bei den Kolleginnen und Kollegen ein Lächeln hervorrufen oder über die man gemeinsam lachen kann. Das hilft manchmal schon im stressigen Alltag. Wir kennen uns untereinander zum Teil schon länger – da weiß man, wie man reagieren darf.

Und wie ist mit den Menschen, die Sie pflegen und betreuen?

Deren Anliegen und Sorgen müssen wir natürlich in erster Linie ernst nehmen. Aber ich kann Dinge wertschätzen, die noch gut sind und noch gut funktionieren und nicht immer nur das Negative und die Erkrankung betonen. Da geht es vielleicht weniger um den Witz des Tages, sondern dass ich mit einer heiteren Haltung, einer Anekdote, einer schönen Erinnerung oder ein bisschen Situationskomik für eine gewisse Leichtigkeit und ein Lächeln im Haus sorge. Wir wissen, dass Lachen positive gesundheitliche Wirkungen hat, Angst reduzieren und Schmerzen lindern kann.

Kann das auch dazu beitragen, die Beziehung zu stärken?

Auf jeden Fall. Es geht für uns Pflegekräfte immer darum, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Menschen aufzubauen – zu erspüren, was sie brauchen, was ihnen guttut. Und sich dann selbst zu fragen: Wie gehe ich da hin? Begegne ich ihnen auf Augenhöhe? Wie rede ich mit ihnen? Humor, Gelassenheit und Respekt sind da wichtige Haltungen. Und Lachen kann manche Situation sicher entkrampfen.

Wie und wo kann man Humor in der Pflege einbinden?

Wie gesagt, da geht es nicht immer darum, den Witz des Tages zu erzählen. Wobei in einer Einrichtung gibt es tatsächlich solche Runden mit den Gästen, das sorgt für viel Heiterkeit. In der ambulanten Pflege ist das vielleicht eher die Komik, die sich aus der Situation heraus spontan ergibt. Oder kleine Wortspiele, kleine Übertreibungen, wo der Pflegebedürftige anfängt zu schmunzeln. Und wenn kleine Pannen passieren, kann ein Lachen darüber die Situation entspannen.

Leiter Ambulante Pflege Melle
Lachen, dort, wo es manchmal wenig zu lachen gibt: Dirk Tietz hat einen Workshop zum Thema Humor in der Pflege mitgemacht. Foto: privat

Haben Sie ein paar Tipps für andere Kolleginnen und Kollegen?

Es fängt schon damit an, wie ich einen Raum betrete – mit einem Lächeln oder eher einem missmutigen Gesicht. Wir müssen uns darüber klar sein, dass unser Verhalten vom Gegenüber gespiegelt wird. Das hat wieder viel mit Wertschätzung zu tun, dass ich den anderen ernst nehme in der Begegnung. Und man muss auf die Person schauen. Ist das jemand, der morgens gleich viel redet oder lieber Ruhe möchte? In welcher Emotion steckt er gerade? Es kommt auf die Situation an.

Kann man lernen, Humor in der Pflege einzusetzen?

Ich denke schon, dass man das lernen kann, aber es muss schon von mir, von innen kommen. Es gibt Workshops, Kurse und Übungen dazu. Ich habe in diesem Jahr einen tollen Workshop dazu mitgemacht, wo der Dozent uns wirklich erreicht hat und wir „Humorvolles“ mitnehmen konnten. Ich kann Pflegeeinrichtungen nur empfehlen, ihren Teams so etwas anzubieten oder für sie zu organisieren.

Es gibt sicher auch Grenzen für Humor in der Pflege?

Da möchte ich Peter Bamm zitieren: „Eine ernste Sache mit Humor zu betrachten, heißt noch lange nicht, ihren Ernst zu verkennen.“ Natürlich gibt es Situationen, wie in der letzten Lebensphase, einer akuten Krise oder einem Todesfall, wo man als Pflegekraft sehr behutsam sein und Fingerspitzengefühl haben muss. Humor sollte in der Pflege immer nur mit Bedacht und Respekt eingesetzt werden. Aber ich kann trotzdem versuchen, durch mein Auftreten eine positive Stimmung zu schaffen. Ich will gar nicht sagen, dass das immer gelingt, das ist schon eine Kunst. Aber ich kann mich auf die Suche nach Kleinigkeiten machen, die auch die letzte Phase lebenswert machen oder zumindest gute Gedanken hervorholen.

Ein Blick auf pflegende Angehörige: Könnte auch ihnen Humor helfen?

Häufig arbeiten die wirklich an ihrer Belastungsgrenze und darüber hinaus. Da gibt es so viele schwere Momente und häufig kommt es viel zu kurz, an die gemeinsamen guten Zeiten und auch an sich selbst zu denken. Da fällt es natürlich schwer, die Dinge mit einer gewissen Leichtigkeit zu betrachten, einfach weil der Alltag so unglaublich anstrengend und eben auch ernst ist. Helfen könnte Humor sicher, aber auch das Eingeständnis, vielleicht Hilfe von außen anzunehmen oder in eine Selbsthilfegruppe zum Beispiel für pflegende Angehörige zu gehen.

Petra Diek-Münchow

Dirk Tietz leitet die Ambulante Pflege, die Tagespflege und das Betreute Wohnen im Caritas Pflegezentrum in Melle-Wellingholzhausen. Er hat einen Workshop zum Thema Humor in der Pflege mitgemacht und empfiehlt dazu auch diese Internetseite.