Schutzkonzept: Was muss passieren, damit nichts passiert?

Innenstadtpfarrei: "Ein sicherer Ort sein"

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Alle Gemeinden des Bistums Fulda haben die Aufgabe, Schutzkonzepte vorzulegen. Dabei geht es darum, die Lehren aus den Missbrauchsskandalen zu ziehen. Jetzt hat die Innenstadtpfarrei Fulda ihr Schutzkonzept präsentiert. Von Ruth Lehnen


Das Schutzkonzept der Innenstadtpfarrei Fulda

Die Menschen in der Innenstadtpfarrei, Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam, haben sich von der Frage leiten lassen: „Was muss geschehen, damit nichts geschieht?“ Sie haben sich Maßnahmen zum achtsamen Umgang vor allem mit Kindern, Jugendlichen und hilfsbedürftigen alten Menschen vorgenommen. Ein Schwerpunkt liegt beim Schutz von Minderjährigen und Schutzbefohlenen vor sexualisierter Gewalt.  
Ergebnis der Überlegungen ist ein achtseitiges Papier, das als „Schutzkonzept“ im Sonntagsgottesdienst der Stadtpfarrkirche unterschrieben und in Kraft gesetzt wurde. Als „Präventionsfachkraft der Innenstadtpfarrei“ soll Gemeindereferentin Larissa Herr darüber wachen, dass auch alles eingehalten wird, was auf dem Papier steht: „Ich bin damit Anwältin für ein Thema, das mir am Herzen liegt.“  

„Unerwünschte Berührungen sind nicht erlaubt“

Ein Schutzkonzept hat nicht nur die Innenstadtpfarrei Fulda, sondern alle Gemeinden sind gehalten, sich ein solches zu geben. Viele arbeiten zur Zeit daran.  Von der Dompfarrei Fritzlar oder von St. Elisabeth Kassel zum Beispiel liegen schon Schutzkonzepte vor. Bei der Entwicklung unterstützt Birgit Schmidt-Hahnel, die Präventionsbeauftragte im Bistum Fulda.  
Teil des Schutzkonzepts ist die Verpflichtung, erweiterte Führungszeugnisse vorzulegen. Auch Selbstauskunftserklärungen und Verpflichtungserklärungen werden verlangt. Damit soll sichergestellt werden, dass im Raum der Pfarrei alle mitziehen beim gemeinsamen Ziel, immer mehr zum sicheren Ort zu werden. Diesem Ziel dienen auch verpflichtende Präventionsschulungen und ein Verhaltenskodex vor allem für die Kinder- und Jugendarbeit.  
Hier geht es ins Detail: „Wir dulden keine Beschimpfungen. Besonders sexualisierte Beleidungen werden thematisiert...“. „Ein Geheimnis zwischen Bezugspersonen und Minderjährigen darf es nur geben, wenn daraus keine Verpflichtung für den Minderjährigen entsteht.“  „Unerwünschte Berührungen und körperliche Annäherungen sind nicht erlaubt“: Das sind nur einige Beispiele aus dem Verhaltenskodex.  
Für Larissa Herr geht es beim Schutzkonzept um einen Prozess, der spätestens seit 2012 läuft und mit der schriftlichen Fixierung keineswegs zuende ist: „Jetzt geht es um die Umsetzung und darum, das Thema wachzuhalten.“ Sie betont, dass die Kirche an dieser Stelle weiter sei als viele Sportvereine und Schulen. Für wen gilt das Schutzkonzept? Im engeren Sinne für die bei der Pfarrei angestellten Hauptamtlichen, das heißt Erzieherinnen, Verwaltungs- Mitarbeiterinnen, Küster, Reinungspersonal, Hausmeister und Organist. Und auch für Ehrenamtliche, die sich für Aufgaben zur Verfügung stellen.  
Doch was ist mit den Pfarrern, Diakonen, und Mitarbeitern im pastoralen Dienst? Larissa Herr erläutert, dass diese beim Bistum Fulda angestellt sind und deswegen der Kontrolle des Generalvikariats unterliegen: Hier werde auf die Schulungen geachtet, die Regeln seien zum Teil strenger als die der Pfarrei. Pfarrer Stefan Buß stellt auf Nachfrage unmissverständlich fest: „Das Konzept wird auch von mir und den Mitarbeitern unterschrieben. Es hat Geltung für jeden, der in der Innenstadtpfarrei tätig ist.“  
Bisher hatte es hin und wieder Irritationen gegeben, wenn etwa beim ersten Treffen der Kommunionkatecheten und -katechetinnen sofort das Thema Führungszeugnis auf den Tisch kam. Manche zur Mitarbeit Bereiten sahen sich sogar unter Generalverdacht gestellt, berichtet Larissa Herr. Nun erhofft sie sich, dass eine „andere Selbstverständlichkeit und Transparenz“ beim Thema zur Übung für alle wird.  
Die Mitarbeitenden sowie die freiwillig Engagierten sind im Schutzkonzept auch ausdrücklich aufgefordert, Verantwortung nicht allein zu tragen, sondern sich Hilfe zu holen bei der Präventionsfachkraft, die sich ebenfalls Unterstützung holen kann bei der Präventionsbeauftragten.  
„Papier ist geduldig.“ Dieser alte Satz soll fürs Schutzkonzept nicht gelten. Es ist vorgesehen, dass die pastoralen Mitarbeiter die Namen der Ehrenamlichen ans Zentralbüro melden, so dass alle in der Pfarrei Tätigen sich den Auflagen des Schutzkonzepts unterziehen, nach fünf Jahren wird dies überprüft.  

„Sprachfähig, sensibel, mutig“ an der Seite der Kinder und Jugendlichen 

Es sind keineswegs nur Mühen, die mit dem Konzept verbunden sind, sondern viele positive Ziele: Um ein sicherer Ort zu werden, sollen alle zusammen sprachfähig und sensibel sein, sollen übergriffiges und grenzverletzendes Verhalten erspüren und den Mut zu konsequentem Handeln finden. Alles Fähigkeiten, an denen es, wie durch die Aufdeckung der zahlreichen Missbrauchsfälle in der Kirche deutlich wurde, früher oft gemangelt hat.  
Es gehe aber nicht nur um den Binnenraum der Kirche, betont Larissa Herr: Als Ansprechpartner von Kindern und Jugendlichen sind Mitarbeiter und Ehrenamtliche auch gefordert, zu erkennen und zu helfen, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher zum Beispiel in der Familie missbraucht oder misshandelt wird.  

https://www.stadtpfarrei-fulda.de

 

Ruth Lehnen