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Ist das Sakrament im Internet jederzeit verfügbar?

Im Internet kann man jederzeit Messfeiern ansehen. Wie ist diese private Verfügbarkeit der eucharistischen Gegenwart Gottes zu bewerten? Kann die Wandlung jederzeit aktualisiert werden oder ist das nur als Dokumentarfilm zu betrachten?

Seit Beginn der Gottesdienstübertragungen war für die katholische Kirche eines klar: Es gibt sie nur live. Aufzeichnungen würden der Würde des Sakraments und der realen Präsenz Christi nicht gerecht. Und das, obwohl gerade die Sender Vorabaufzeichnungen lieber gehabt hätten.

Diese Praxis hat sich durch das Internet geändert. Zuerst konnte man etwa über die ZDF-Mediathek die Gottesdienste abrufen, die am Sonntagmorgen live ausgestrahlt wurden. Und seit Corona gibt es diese Möglichkeit auch weit darüber hinaus. Ob Gemeinden streamen oder Dome, ob öffentlich-rechtlich oder k-tv: Längst ist man stolz auf die Zahl der Abrufe. Und die meisten gibt es nach der eigentlichen Messfeier. Dann, wenn es den Leuten zeitlich passt, sogar Monate später.

Ist das also nur so etwas wie eine interessante Doku, die man schaut, wenn man Lust hat? Nein, so wenig, wie die Aufzeichnung eines Konzerts eine Doku ist. Aber der Gedanke, dass Zuschauerinnen und Zuschauer hier und jetzt Teil einer feiernden Gemeinde werden, funktioniert auch nicht mehr. Denn hier und jetzt versammelt sich gerade niemand; ich sitze allein vor dem Bildschirm.

Sie fragen etwas provokant, ob die Wandlung jederzeit aktualisiert wird und die eucharistische Gegenwart Gottes privat verfügbar ist. Nein, aber ich vermute, dass Menschen auch nicht deswegen einen Gottesdienst streamen: um immer wieder die Wandlung in Zeitlupe anzusehen und über Gott zu verfügen.

Vielmehr steht seit Beginn der Gottesdienstübertragungen – und jetzt noch mehr – der pastorale Gedanke im Vordergrund. Dass es Menschen guttut, die gottesdienstliche Feier anzusehen, die biblischen Texte und die Predigt zu hören, die alten Lieder vielleicht sogar mitzusingen, die vertrauten Gebete zu sprechen und so im besten Fall eine Nähe zu Gott zu verspüren. (Fast) egal, ob katholisch oder evangelisch, am Sonntagmorgen oder am Mittwochabend und ganz unabhängig von dogmatischen Erwägungen.

Susanne Haverkamp