Erzählfiguren für Kindergartenkinder

Jesus trägt ein knallrotes Gewand

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Annelene Schmees hat für die Kindertagesstätte St. Georg in Thuine biblische Figuren gestaltet. Damit können die Erzieherinnen den Jungen und Mädchen künftig Geschichten aus dem Neuen und Alten Testament lebendig erzählen.


Jedes Detail passt: 30 Figuren hat Annelene Schmees für die Thuiner Kindertagesstätte St. Georg gestaltet. Sogar kleine Brote und Mini-Fische in winzigen Körben gehören dazu. Foto: Petra Diek-Münchow

„Wie hast du die denn gemacht?“ Ben ist verblüfft, als Annelene Schmees die knapp 30 Zentimeter große Figur im Kreis der Vorschulkinder herumwandern lässt. Jeder darf sie mal in die Hand nehmen und ausprobieren, was sie alles kann. Ida breitet die Arme der Gestalt weit aus, Martha zupft an der Kappe auf dem Kopf und Niklas staunt über die winzigen Sandalen an den Füßen. „Das ist die wichtigste Figur“, sagt Annelene Schmees und nimmt sie wieder an sich. „Wer könnte das wohl sein?“ Die Jungen und Mädchen der St.-Georg-Kindertagesstätte haben sofort die richtige Idee: Mit dem knallroten Gewand und der Goldstickerei am Saum – das kann nur Jesus sein! Denn ganz ähnlich sieht er in einer Bibel von Rolf Krenzer aus.

Recht haben sie – und Annelene Schmees freut sich, dass die biblischen Figuren bei den Kindern so gut ankommen. Vier Monate hat die 69-Jährige daran gearbeitet und alles selbst gemacht. „Das ist mein Abschiedsgeschenk an den Kindergarten,“ sagt sie. Im Kirchenvorstand war sie bisher für das Haus zuständig. Das Grundgerüst besteht aus biegsamem Erdkabel. „Mein Mann ist Elektriker, der hat so was im Keller“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Aus dem Kabel formt Annelene Schmees Arme, Rumpf und Beine, umwickelt diese mit Baumwollstreifen und überzieht sie mit Puppentrikot.  Die schweren Füße gießt sie aus Blei, so haben die Figuren einen festen Stand und fallen nicht so schnell um. Und dann näht die Thuinerin, die sich in ihrer Kirchengemeinde auch in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung engagiert, Gewänder und Hosen.

Das geht der Erzieherin und Heilpädagogin, die im Lingener ChristophorusWerk und im Meppener St.-Vitus-Werk gearbeitet hat, gut von der Hand. „Ich habe immer gerne genäht und Handarbeiten gemacht.“ Früher hat sie Puppen modelliert und eingekleidet. Biblische Erzählfiguren kennt sie seit dem Jahr 1986. Damals hatte ihre Mutter ihr ein Buch mit einer Anleitung geschenkt. Mit einem Hintergedanken, denn sie wünschte sich von der Tochter eine solche Weihnachtskrippe. Mit der Zeit wurde daraus eine Leidenschaft, „das hat bei mir so richtig eingeschlagen“. Vor allem, seit sie „in Rente“ ist, widmet sie sich noch mehr diesem Hobby – hat mittlerweile viele, auch größere Figuren gestaltet. Die werden zum Beispiel bei Familiengottesdiensten in Thuine eingesetzt, gern leiht Annelene Schmees sie an andere Kindergärten oder Schulen aus.

Groß ist auch die Schar der Figuren, die sie dem Team in St. Georg kürzlich  gebracht hat. Maria und Josef samt Baby, ein Verkündigungsengel und Moses, mehrere Schafe und ein Esel, Frauen und Männer, kleine und große Kinder gehören dazu. Jede Gestalt ist bis ins Detail liebevoll gestaltet. Die Gottesmutter trägt ein Tuch im marianischen Blau aus gefärbter Gaze, Moses eine gehäkelte Mütze und der Esel ist mit zwei Packtaschen beladen – befüllt mit kleinen Wasserflaschen.  Für andere Figuren hat sie winzige Rucksäcke und Gürteltaschen genäht, die Haare zu Zöpfen geflochten, aus Salzteig kleine Brote und Fische gebacken. Sogar Schuhe gibt es: mal niedliche Schlappen, mal robuste Sandalen. Und natürlich kann man bei Bedarf alles an- und ausziehen.

Die Kinder betten Jesus auf ein weiches Kopfkissen

Nur ein Gesicht, das haben die Figuren nicht. Bewusst verzichtet Annelene Schmees auf Augen, Mund und Nase, das fällt den Kindern gleich auf. „Ihr würdet Jesus wahrscheinlich ein Lachen ins Gesicht malen, oder?“, fragt Schmees in die Runde und erntet ein munteres Nicken. „Und was ist, wenn er mal traurig oder müde ist?“ Sie zeigt den Jungen und Mädchen, wie schnell sich solche Gefühle allein durch die Körperhaltung der Figur ausdrücken lassen – biegt Kopf, Rücken und Arme nach unten, lässt Jesus liegen und sitzen. Das flexible Gerüst und das schlichte Gesicht erlauben, dass jede Figur immer wieder neu eingesetzt werden kann. So könnte sogar ein Jünger durch einen anderen Kopfschmuck und einen neuen Umhang zu einer der drei Frauen werden, die am Ostermorgen zu Jesu Grab gehen.

Diese Geschichte erzählt Schmees den Kinder heute aber nicht, sondern eine Schriftstelle aus dem Markusevangelium. Es geht um die Segnung der Kinder – da passt gut dazu, dass Pastor Christoph Höckelmann an diesem Vormittag in die Einrichtung kommt, um die neuen Figuren ebenfalls zu segnen. Er beobachtet mit einem Lächeln, wie gern die Kinder mitmachen – wie sie einen Weg aus Sand und Steinen legen und den ermatteten Jesus auf ein weiches Kopfkissen betten, wie sie die Jünger um ihn scharen und die Familien mit den Kindern zu ihm wandern lassen.

Genauso begeistert wie die Kinder sind auch Kindergartenleiterin Sandra Andres und ihre Kollegin Melanie Dirkes, die eine Fortbildung zur religionspädagogischen Fachkraft macht. „Das ist fantastisch, wir haben einen richtigen Schatz.“ Dirkes hatte biblische Erzählfiguren in einem Kurs kennengelernt und war „Feuer und Flamme“. Sie freut sich darauf, die neuen Figuren in Thuine einzusetzen und Geschichten aus der Bibel damit zu erarbeiten. Religionspädagogische Angebote sind in St. Georg fest im Programm verankert, regelmäßig gibt es Aktionen dazu im Jahreskreis. „Wir sind richtig glücklich, dass wir dafür die Figuren haben“, sagt Melanie Dirkes. 

Petra Diek-Münchow