Syrische Flüchtlinge sehen kaum eine Chance in Jordanien

Kein Zurück und keine Zukunft

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Nach Syrien können sie nicht zurück, in Jordanien sehen sie keine Chance für sich: Die Flüchtlinge in dem Land sind auf Hilfe angewiesen.

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Gemeinsam mit seiner Frau besuchte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das jordanische Flüchtlingslager Al-Azraq. Foto: kna


Aburahman Kaham träumt von der Umsiedlung nach Deutschland. Der studierte Ingenieur aus dem syrischen Palmyra würde dort gerne promovieren und seine Frau ein Masterstudium abschließen. Verwandtschaft wohnt bereits in der Bundesrepublik. Seit etwa zwei Jahren lebt das Paar mit drei kleinen Kindern im Flüchtlingslager Al-Azraq in Jordanien. "Es gab am Ende keine Alternative mehr, als zu fliehen", erzählt der 40-Jährige.

Rund 36.000 Flüchtlinge leben laut UN dauerhaft in dem Camp, gut die Hälfte davon sind Kinder. Unzählige laufen einem in der staubigen Wüstenlandschaft über den Weg, lachen freundlich und winken. "Nur die Gemeinschaft im Lager ermöglicht uns, in dieser Situation zu überleben", sagt Kahman. Die Kinder könnten zur Schule gehen, seine Frau und er unterrichteten andere Flüchtlinge und, betont er, sie befänden sich in Sicherheit.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender suchen das Gespräch mit den Menschen im Lager. Auf ihrer Reise nach Jordanien und später in den Libanon dreht es sich oft um die Flüchtlingslage. Zuvor hatte Steinmeier mit Blick auf die Situation in Deutschland die Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen bekräftigt.

Im lokalen Supermarkt, den das Welternährungsprogramm (WFP) organisiert, werden dem Präsidentenpaar die neusten Bezahltechniken per Iris-Scan und Blockchain-Konto gezeigt - ein Novum in der Entwicklungshilfe. Jeder Flüchtling erhält 24 Euro Guthaben im Monat. Zusätzlich gibt es Wasser, Brot und für die Kinder Schulessen. Durch das Blockchain-System spare das WFP gut 15.000 US-Dollar an Bankgebühren monatlich, erzählt die Vize-Länderdirektorin, Claire Conan. "Das heißt wir können 500 Personen mehr versorgen."

Das Lager wirkt gut organisiert, aber 90 Kilometer von Jordaniens Hauptstadt Amman entfernt, inmitten einer Wüstenlandschaft, scheint es von der Welt abgeschnitten. Stacheldraht, der das Gebiet umzäunt, wirkt einschüchternd. Steinmeier glaubt dennoch, dass viele der Flüchtlinge hierbleiben wollen und nicht den Weg nach Europa suchen. "Die Zeit, dass Flüchtlinge weiterwandern wollten, scheint vorbei zu sein, diejenigen, die hier sind, wollen eher in ihre Heimat zurück", sagt er.

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Das Lager Al-Azraq im Norden Jordaniens. Foto: kna


Die Lage in den meisten Teilen Syriens lasse aber auf absehbare Zeit eine Rückkehr größerer Flüchtlingsgruppen nicht zu, räumt er zugleich ein. Umso wichtiger sei es, die Bemühungen um Frieden und um bessere Lebensbedingungen in Syrien nicht aufzugeben. Und die internationale Gemeinschaft müsse die Flüchtlinge und auch Jordanien weiter unterstützen.

Das kleine Königreich hat mit gut 650.000 Flüchtlingen aus Syrien und weiteren 75.000 aus dem Irak und dem Jemen eine Mammutaufgabe zu bewältigen. Dabei geht es dem Land, das unter großer Wasserknappheit leidet, wirtschaftlich nicht gut. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung inklusive der Flüchtlinge in wenigen Jahren auf gut 9,5 Millionen angewachsen ist.

Natürlich könnten noch Dinge verbessert werden, aber der Dank an die Hilfsbereitschaft Jordaniens sei groß, betont Steinmeier. Die deutsche Unterstützung für das Königreich ist in den vergangenen Jahren deutlich auf mittlerweile rund 600 Millionen Euro im vergangenen Jahr angewachsen.

Unter anderem hilft Deutschland bei der Beschulung der Flüchtlingskinder. Ein Beispiel ist die Al-Quds-Schule in Amman, in der in zwei Schichten erst 1.200 jordanische und am Nachmittag 580 Flüchtlingskinder unterrichtet werden. Da Flüchtlinge in Jordanien nicht in regulären Berufen tätig sein dürfen, übernimmt die Kreditanstalt für Wiederaufbau etwa Gehälter von syrischen Assistenzlehrerinnen.

Safa al-Sadi stammt aus Damaskus. Die 48-Jährige Lehrerin hilft in der Doppelschicht-Schule. Die Zusammenarbeit funktioniere gut, erzählt al-Sadi. Aber sie bedauert, dass die Flüchtlingskinder nur drei Stunden Unterricht haben. Kunst oder Sport muss zum Beispiel wegfallen.

Für al-Sadi ist Jordanien zu einer Art neuen Heimat geworden. Eine Rückkehr nach Damaskus hält sie für kaum denkbar. Auch Aburahman Kaham glaubt nicht an eine Rückkehr. Wohin auch? Die Häuser seien zerstört, viele Städte quasi unbewohnbar. "Die große Hoffnung ist, dass wir umgesiedelt werden."

kna