Wie leben Christen mit der Gefahr?

Leben im Angesicht der Apokalypse

Experten warnen, die Gefahr eines Atomkriegs sei heute größer als je zuvor. Und das Unheil kann uns nicht nur im Großen treffen, sondern auch im Kleinen – durch Unfälle, Krankheiten oder den Tod unserer Liebsten. Wie sollen wir Christen mit diesen Gefahren leben?

Kürzlich hat Russlands Präsident Wladimir Putin stolz die neuen Atomwaffen seiner Streitkräfte präsentiert – darunter eine Rakete mit riesiger Reichweite, die ein Land von der Größe Frankreichs mit einem Schlag auslöschen kann. US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un drohen sich seit Monaten gegenseitig mit atomarer Vernichtung; auch wenn sie nun ein Treffen planen, bleibt ihr Konflikt höchst bedrohlich. Sicherheitsexperten warnen, die Gefahr eines Atomkriegs sei heute größer als je zuvor.

Die Apokalypse droht uns nicht nur in der großen, sondern auch in unserer kleinen Welt: Unsere Kinder können jeden Tag vom Auto überfahren werden, unser Partner kann unheilbar erkranken, wir selbst können plötzlich tot umfallen. Was heißt das für uns Christen? Gregor Taxacher, Theologe an der Technischen Universität Dortmund, sagt, wir sollten „sehr in der Gegenwart leben“. Heißt: heute schauen, wen ich lieben, wem ich helfen, für wen ich ganz da sein kann. Nicht alles verschieben. Nicht nur rackern, um übermorgen vielleicht glücklich zu sein. Die Werbung malt gern das Bild von Senioren, die entspannt am Strand sitzen – weil sie vorgesorgt haben. In Wahrheit läuft das Leben selten wie geplant. Taxacher sagt: „Es muss ungeheuer wenig passieren, um uns völlig aus der Bahn zu werfen.“

Der Theologe hat mehrere Bücher über den Glauben und die Apokalypse geschrieben. Er betont: „Wir müssen nicht selbst die Welt erlösen.“ Das macht schon Gott. „Aber wir müssen Verantwortung übernehmen. Jeder soll das tun, was er in seinem Rahmen tun kann.“ Wir können nichts daran ändern, dass Putin, Trump oder Kim durch einen Atomkrieg alles in den Abgrund reißen. „Wir können aber verhindern, dass wir in deren nationalistisches Denkmuster umschalten“, sagt Taxacher. Auf Egoismus nicht mit Egoismus reagieren – das wäre schon mal ein Anfang.


Der Kampf für das Leben und die Liebe ist ein Wert an sich

Der Mensch kann heute die Welt jederzeit vernichten. Taxacher sagt, nun zeige sich, was mit den apokalyptischen Bildern in der Bibel gemeint gewesen ist: „Wir können uns in den Abgrund reiten. Die apokalyptischen Reiter sind Reiter, die wir selber losschicken. Das Projekt Menschheit kann auch scheitern.“ Mit dieser Gefahr müssen wir klarkommen, die bleibt. Nicht nur ein Atomkrieg kann unsere Lebensgrundlagen zerstören. Sondern auch die Ausbeutung unseres Ökosystems. Taxacher fragt: „Was heißt das: heute so zu leben, dass unsere Nachkommen auch noch leben können?“

Eine große Frage. Der Theologe rät: nicht in Angst erstarren. Nicht denken, wir seien ja doch nur ein kleines Rädchen – und könnten einen ökologischen Kollaps eh nicht verhindern, solange die Politik weitermacht wie bisher.

Taxacher sagt: „Das Leben und die Liebe und der Kampf dafür haben ihren Wert an sich“ – ganz egal, was bei diesem Kampf herauskommt. Wenn ich also vom Auto aufs Rad umsteige, auf den Urlaubsflug verzichte oder Plastikmüll vermeide, ist das gut. Auch wenn die Welt allein dadurch längst noch nicht gerettet ist. Das zu begreifen, sagt der Theologe, könne ungeheuer entlasten.

Von Andreas Lesch