850 Jahre Pfarrei Melle

Lebendige Gemeinde feiert Jubiläum

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Als „parochia Menele“ wird die Pfarrei Melle im Jahr 1169 erstmals urkundlich erwähnt. Heute hat St. Matthäus 7800 Mitglieder. Allerdings sinkt die Zahl der Gottesdienstbesucher – was eine Arbeitsgruppe veranlasst, über die Zukunft der großen Kirche nachzudenken.


Mitglieder des Arbeitskreises 850 Jahre Melle: Pfarrer Michael Wehrmeyer (v.l.), Jutta Dettmann, Alexia Lütkemeyer, Edmund Glüsenkamp und Gabriela Meier. Foto: Andrea Kolhoff

Die Stadt hat das Jubiläum schon gefeiert, ab Mitte September zieht die Kirchengemeinde St. Matthäus nach: 850 Jahre ist es her, dass Melle urkundlich erwähnt wird, allerdings in einer anderen Schreibweise. Von dem Ort „Menele“ ist in einem Schriftstück die Rede, das im Diözesanarchiv des Bistums Osnabrück lagert und Grundstückskäufe dokumentiert, unter anderem Menele betreffend. Diese Urkunde ist vom Jahr 1169 und gilt als erster schriftlicher Nachweis. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Kirchenbau in Melle allerdings schon seit mehr als 300 Jahren.

Denn die Gründung einer Kaplaneikirche in Melle geht auf die Zeit Karls des Großen zurück. Mit der Gründung des Bischofssitzes in Osnabrück ging damals die Errichtung von vier Kaplaneigemeinden in verschiedenen Himmelsrichtungen einher: in Bramsche, Dissen, Wiedenbrück und Melle.

Die ältesten Teile der Kirche St. Matthäus sind der Turm und die Nordwand, die aus Schilfsandstein errichtet wurde. Vor einigen Jahren war die Sicherung des Turmdachs und Sanierung des Dachstuhls notwendig geworden. Ein historisches Kirchengebäude zu unterhalten, kann schnell kostspielig werden.

Dass in Melle von einer alten und einer neuen Matthäuskirche die Rede ist, liegt daran, dass die Kirche in den 1970er Jahren nicht einfach um einen Teilanbau erweitert wurde, sondern dass neben der alten Kirche ein Neubau entstand. Grundsteinlegung war 1972. Die Pläne stammten von den Architekten Hans Ostermann und Bernt Droste, 1974 wurde die neue Kirche eingeweiht. Die Dachkonstruktion erinnert an ein großes Zeltdach, durch die bunten Fenster fällt Licht in den Raum. 750 Plätze hat die neue Matthäuskirche, und anfangs wurden diese auch gebraucht. Bis zu fünf Messen habe es gegeben, berichtet Pfarrer Michael Wehrmeyer, und auch Rendant Edmund Glüsenkamp erinnert sich an solche Zeiten, als es morgens um halb sieben mit der ersten Messe los ging.

Zusammenarbeit der Ortsteile ist gut

Wehrmeyer ist seit 2008 Pfarrer in Melle und war im Gemeindeverbund zunächst zuständig für St. Matthäus, St. Marien Buer und St. Marien Sondermühlen. Später kamen St. Johann Riemsloh und St. Anna in St. Annen dazu. Diese fünf Gemeinden fusionierten 2011 zu einer Pfarrei namens St. Matthäus.

Das Zusammenwirken klappe gut, findet Wehrmeyer, vor allem auch, weil in jedem Ortsteil engagierte Ehrenamtliche aktiv sind, sich in Gemeindeteams einbringen oder als Mitglied eines Verbandes wie Kolping oder die katholische Frauengemeinschaft (kfd). Die kfd Riemsloh und kfd Melle haben in diesem Jahr ebenfalls Jubiläum gefeiert und wurden 100, in Sondermühlen gab es ein Fest zum 150-jährigen Bestehen der Kirche. „Wir kommen aus dem Feiern gar nicht mehr raus“, sagt Wehrmeyer und schmunzelt.

Und erwähnt, dass es außerdem seit 200 Jahren die Klausing-Orgel in Melle gibt, eine Orgel, die ehemals im Dominikanerkloster in Osnabrück stand, nun aber in Melle gespielt wird und seit der Restauration schöner denn je erklingt. Dass die Orgel gut zur Geltung kommt, dafür sorgt Kirchenmusiker Stephan Lutermann, der als Organist und Kantor eine Kinder- und eine Jugendkantorei aufgebaut hat.

Von der guten Chorarbeit profitiere die Kirchengemeinde, sagt Wehrmeyer. Musikalische Besonderheiten zeichnen außerdem die Karfreitagsliturgie aus, wie sie in Melle gefeiert wird, mit Theaterelementen und Musik. Wehrmeyer lobt, wie aufgeschlossen die Meller Gläubigen die neue Liturgie aufgenommen haben und mitfeiern. „Es kommen auch viele Leute, die sonst nicht gekommen sind.“

Menschen ansprechen, die sonst nicht kämen oder keine Verbindung mehr zur Kirche haben, das ist die Herausforderung für die Zukunft. Es kann unter anderem durch die vier Kindertagesstätten (kitas) im Gemeindegebiet geschehen. Die Gemeinde ist Trägerin der Kitas in St. Annen, Riemsloh und Altenmelle, außerdem des Familienzentrums St. Marien (Haus für Kinder und Familien).


Wie viel Platz brauchen wir? Während einer Versuchsphase
waren die Gottesdienstbesucher aufgefordert, sich nur in die
grün markierten Bänke zu setzen. Foto: Andrea Kolhoff

Viele Eltern wählten ganz bewusst eine katholische Einrichtung, damit ihr Kind etwas über den Glauben erfährt, sagt Gabriela Meier, Leiterin der Kita St. Raphael Altenmelle und Vorsitzende im Pfarrgemeinderat (PGR) von St. Matthäus. „Man weiß, wofür wir stehen“, sagt Meier, und ihre PGR-Kollegin Jutta Dettmann stimmt ihr zu. Dettmann ist Erzieherin im Haus für Kinder und Familien und hat beobachtet, dass die Werte, für die die katholischen Einrichtungen stehen, auch muslimische Eltern ansprechen.

Nur auf grün markierte Bänke setzen

Über den Stand des Gemeindelebens informiert die Festschrift, die anlässlich der Jubiläumsfeier vom Vorbereitungsteam herausgegeben wird. Darin finden sich Beispiele für die in der Pfarrei aktiven Gruppen wie Messdiener, Zeltlagerteams oder Taizé-Begeisterte. Verbundenheit mit Kirche und mit der Gemeinde mache sich heutzutage nicht mehr am Gottesdienstbesuch fest, sagt Wehrmeyer. Für ihn selbst ist die Eucharistie das Zentrum des Glaubens, für manche der 7800 Gemeindemitglieder offenkundig nicht. So ist die Zahl der Gottesdienstbesucher stark zurückgegangen.

Das hat eine Arbeitsgruppe veranlasst, herauszufinden, wie viele Plätze sonntags in der Messe noch gebraucht werden, und hat Bänke rot und grün markiert. Die Gottesdienstbesucher waren aufgefordert, sich nur in die grün markierten Bänke zu setzen.

Einige Monate zuvor hatte es Vorträge und Debatten darüber gegeben, ob die neue Matthäuskirche in eine Kolumbariumskirche umgewandelt werden könne. Viele Gemeindemitglieder hätten sich übergangen gefühlt, „manche meinten, es wäre schon entschieden“, sagt Alexia Lütkemeyer vom Pfarrgemeinderat. Das sei nicht so. Man müsse aber gemeinsam weiter überlegen, wie die große Kirche auch künftig sinnvoll genutzt werden könne.

Zum Jubiläum hat die Gemeinde eine Festschrift herausgegeben, die auf die Geschichte der Pfarrei eingeht, Gruppen der Gemeinde vorstellt und Grußworte versammelt; sie ist für 850 Cent erhältlich. Auch ein Beitrag der evangelischen Nachbargemeinde St. Petri findet sich darin. Während sich die Konfessionen früher stark voneinander abgrenzten, gibt es heute eine gute Zusammenarbeit. Das evangelische Krankenhaus Melle und das katholische Krankenhaus St. Matthäus fusionierten im Dezember 2003 zum „Christlichen Klinikum Melle“, das zum Verbund der Niels-Stensen-Kliniken gehört.

Andrea Kolhoff

 

Zur Sache

Während der Festwoche der Gemeinde St Matthäus Melle vom 15. bis 22. September sind folgende Veranstaltungen geplant:

Sonntag, 15. September: Benefizkonzert mit dem Polizeiorchester Niedersachsen, Beginn 17 Uhr, St.-Matthäus-Kirche. Eintritt frei, um Spenden für den Verein „Meller helfen Mellern“ wird gebeten.
Dienstag, 17. September: Gemeindehaus St. Matthäus, 19 Uhr: Vortrag von Uwe Plaß. „850 Jahre St. Matthäus. Kleine Geschichten aus einer großen Gemeinde“.
Freitag, 20. September: 19.30 Uhr: Kohlbrinkplatz: „850 Jahre – das etwas andere Singen“. Angebot zum Mitsingen. Anschließend Musik von den „Basements“ und Fete.
Sonntag, 22. September: Gottesdienst mit Bischof Franz-Josef Bode, Beginn 10.30 Uhr, anschließend Gemeindefest.