Die Geschichte der Drei Heiligen Könige

Magier, Sterndeuter, Weise

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Die drei Könige
Nachweis

Foto: kna/Harald Oppitz

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Die Heiligen Drei Könige

Die Geschichte der drei heiligen Könige ist ein Klassiker. Manche Hintergründe und Details aber sind eher unbekannt. Deshalb hier ein paar Einzelheiten zu den wichtigsten Elementen der Erzählung – vom Stern über die Anbetung bis zur Heiligkeit. Ein Überblick von Susanne Haverkamp.

Die Anbetung

„Wir sind gekommen, ihn anzubeten.“ So begründen die Weisen aus dem Osten ihre Anwesenheit im Königspalast in Jerusalem. Sie hatten erwartet, dort einen neugeborenen Prinzen vorzufinden, doch der Stern führt sie, wie Matthäus erzählt, weiter zu dem Arme-Leute-Kind auf den Feldern von Betlehem. Dort fielen sie nach orientalischer Sitte nieder. Ausgestreckt lagen sie im Dreck. Klein machten sie sich vor dem kommenden Weltherrscher und beteten an. So, wie man sich damals auch vor einem weltlichen Herrscher auf den Boden warf.

Uns widerstrebt diese Art der Frömmigkeit. Aufrecht stehen, mit geradem Rücken, den Kopf erhoben – auch vor Gott: Das ist eher unsere Art. Beim Evangelisten Lukas (21,28) heißt es: „Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“

Aber vielleicht liegt da auch nur ein Missverständnis vor, was das Sich-zu-Boden-Werfen betrifft. Matthäus schreibt über die Weisen: „Da wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.“ Soll heißen: Wer anbetet, muss sich nicht ängstlich kleinmachen und gleichsam wie ein Wurm im Boden verschwinden. Anbeten meint vielmehr, sich darüber zu freuen, dass es einen gibt, vor dem wir nicht wie sonst stark und leistungsfähig sein müssen; sich darüber zu freuen, auch mal ängstlich und schwach sein zu dürfen; die eigenen Grenzen zu sehen und die gott-menschlichen Größenverhältnisse anzunehmen.

Die Geschenke

Goldschatz
Kostbare Gaben der Könige. Foto: imago/Marilyn Barbone

Der Evangelist Matthäus schreibt wenig Konkretes über die Besucher Jesu, aber ihre Gaben kennt er genau: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Diese drei Schätze haben mit dazu beigetragen, dass die Tradition aus den unbekannten „Sterndeutern aus dem Osten“ drei Könige gemacht hat: Wer so etwas Wertvolles schenkt, dachte man sich, der muss selbst ein König sein. Und weil bestimmt jeder etwas mitbringen wollte, kann man wohl von drei Besuchern ausgehen, sagte schon der Kirchenlehrer Origines (185-254).

Aber Obacht: Matthäus geht es auch diesmal nicht darum, historisch nachweisbare Wunschzettel abzuarbeiten. Ihm geht es um Theologie – und theologisch haben die drei Geschenke es in sich: Mit ihnen wollte Matthäus zeigen, was die Menschen viel später über Jesus Christus gedacht haben.
Dass er nämlich erstens der „Christ-König“ ist, der Weltenherrscher, und deshalb königliches Gold verdient hat. Dass er zweitens göttlich ist, und Götter wurden nach alter Tradition mit Weihrauch verehrt. Und dass er drittens ein wahrer Mensch ist, der einen menschlichen Tod erlitten hat – und ein Leichnam wurde im Judentum üblicherweise mit Myrrhe und Aloe zum Begräbnis vorbereitet.
Gold, Weihrauch und Myrrhe – König, Gott und Mensch: Eine ganze Christologie steckt hinter den Geburtsgeschenken.

Die Heiligkeit

Die Heiligkeit der drei Könige
Stilprägend bis heute. Foto: imago/imagebroker

Immer schon hat die Menschen interessiert, was aus den Weisen wohl geworden ist, nachdem sie Jesus angebetet hatten. „Sie zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land“, sagt der Evangelist Matthäus schlicht. Sie gingen nach Hause, zu Frau und Kindern, in den Alltag. Aber nein, das wäre doch zu einfach, meinten andere und verfassten Legenden über die Weisen. 

Etwa die Legende über ihre Namen. Kaspar, Melchior und Balthasar sollen sie geheißen haben – allerdings erst seit dem 8./9. Jahrhundert und nur in der westlichen Tradition; woanders heißen sie anders. Auch ihr Alter kennt man seit damals, jedenfalls so ungefähr. Kaspar war der älteste, Balthasar der mittlere und Melchior der jüngste König. Drei Könige, drei Generationen. 

Nach einer weiteren Tradition gehörten sie keineswegs zusammen, sondern kamen aus den drei damals bekannten Erdteilen Europa, Asien und Afrika – weshalb Melchior lange Zeit schwarz angemalt wurde. Was übrigens keine Beleidigung sein sollte, eher eine Auszeichnung: Unter denjenigen, die Jesus als Erste erkannten und anerkannten, waren nicht nur arme, rechtlose Hirten, sondern es war auch ein Afrikaner dabei. Zu einer Zeit, als diese Menschen als Wilde verschrien wurden, war das keine Kleinigkeit.

Manche Legenden machten die Weisen zu Heiligen. Zum Beispiel die vom vierten König, der erst ankommt, als Jesus auf dem Kreuzweg ist, und der dann auch noch mit leeren Händen dasteht, weil er seine ursprünglich für den neugeborenen König mitgebrachten Geschenke für Werke der Barmherzigkeit hingegeben hat. Mehr heilig geht kaum.

Oder die aus frühchristlichen Quellen stammende Erzählung von der Taufe der drei Könige durch den Apostel Thomas und von ihrer Bischofswürde, von einem gemeinsamen Weihnachtsfest im Jahr 54 und ihrem unmittelbar darauffolgenden Märtyrertod.

Vor allem aufgrund dieser Erzählungen wurden die Weisen aus dem Matthäusevangelium schnell zu hochverehrten Heiligen der Kirche. Und wegen ihrer Reise zum neugeborenen Jesuskind zu Patronen der Reisenden und Pilger. Die Namen vieler Gasthöfe wie „Stern“, „Drei Kronen“ „Drei Könige“ oder „Mohr“ haben hier ihre Wurzel.

Die Sternsinger

Sternsinger
Kinder als Sternsinger. Foto: kna/ Julia Steinbrecht

Dass die Weisen aus dem Osten gesungen haben, ist nicht überliefert. Auch nicht, dass sie gesegnet haben. Eher hat das Jesuskind sie gesegnet – zumindest ist auf manchen Kunstwerken die segnend erhobene Hand des Kindes zu sehen. Und dennoch gehören die Sternsinger heute fest zum Dreikönigsbrauchtum dazu.

Begonnen hat es mit Johannes von Hildesheim. Er verfasste 1364 die „Historia trium regum“, die „Geschichte der drei Könige“, und begründete damit auch den Brauch, am Dreikönigstag durch die Dörfer zu ziehen, den Segen zu bringen und Gaben zu sammeln. 200 Jahre später setzte er sich allgemein durch und wurde sogar von Rembrandt in einer Radierung festgehalten. Mit der Zeit scheint es allerdings zu Auswüchsen gekommen zu sein. So berichtete 1791 die „Deutsche Zeitung“: 

„Kaum wird es Nacht, so beginnt vor allen Häusern ein fürchterliches Geschrei, bei welchem man nur erraten kann, dass es Gesang sein soll. Oft ist eine Bierfidel oder eine Posaune die Begleiterin der Stimmen. Eigentlich will man auf diese sonderbare Weise ein gesegnetes neues Jahr wünschen, indessen ist ein erpresstes Geschenk der Hauptzweck. Die Heiligen Drei Könige kommen mit ihrem Stern und treiben Unfug. Sollte diese Art von Bettelei nicht die Aufmerksamkeit der Polizei erregen?“
Seit 1958 wacht in Deutschland das Päpstliche Missionswerk der Kinder darüber, dass das gesammelte Geld in Projekten in den armen Ländern der Erde ankommt. „Erpresst“ wird das Geschenk auch nicht mehr, denn anders als an Halloween warten die Besuchten meist schon auf die Sternsinger und ihren Segen.

Der Stern

Leuchtstern
Foto: istock/malerapaso

„Wir haben einen Stern aufgehen sehen ...” Das sagten die Weisen aus dem Osten, als sie nach Jerusalem kamen, um den neugeborenen Jesus anzubeten. „Und der Stern zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war.“ Diese zwei kurzen Sätze machten den Stern von Betlehem zu einem der bekanntesten Weihnachtssymbole.

Seit Johannes Keppler rätselten Astronomen über den historischen Gehalt der Geschichte: War es eine Supernova, war es der Halleysche Komet oder eine Konjunktion von Jupiter und Saturn? Heute steht ziemlich sicher fest: All diese naturwissenschaftlichen Deutungen führen zu nichts. Ein besonders helles Himmelslicht – vielleicht. Aber sicher ziehen Sterne nicht von Nord nach Süd, von Jerusalem nach Betlehem.
Astrophysik ist auch nicht der Kern der Sache. Viel wichtiger ist in der Bibel die Theologie, hier: der Bezug auf eine alttestamentliche Prophezeiung. Im Buch Numeri sollte der heidnische Seher Bileam eigentlich das Volk Gottes verfluchen. Doch er schafft es nicht und segnet es stattdessen. Er sagt: „Ein Stern wird aufgehen in Jakob, ein Herrscher erhebt sich in Israel.“ 

Seit diesen Worten wird die Ankunft des Messias mit einem Stern in Verbindung gebracht; schließlich braucht es für den himmlischen Herrn auch ein himmlisches Zeichen.

Die Könige

Die drei Heiligen Könige
Die Heiligen Drei Könige. Foto: kna/Harald Oppitz

Die Geschichte von den Heiligen Drei Königen kennt jeder. Dabei ist sie in der Bibel – genauer: bei Matthäus, dem einzigen Evangelisten, der davon erzählt – ziemlich schlicht. „Als Jesus geboren wurde, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem“, heißt es dort. Keine Zahl, keine Namen, keine Könige. „Magoi“ heißt es in der griechischen Bibel, Weise, die aus dem Lauf der Gestirne ihre Schlüsse zogen. 

Für einen Orientalen wie Matthäus war das nichts Seltsames, doch das änderte sich bald. Magie und Astrologie – sie kamen in den Verdacht des Zaubers, des Unchristlichen. Solche Leute sollen Jesus besucht haben? Sind nicht viel eher Herrscher, Könige oder Fürsten seinesgleichen? 

Schon früh wurde darüber nachgedacht, etwa vom Kirchenvater Tertullian Anfang des 3. Jahrhunderts. Er erinnerte sich an Psalm 72. Dort heißt es über den künftigen Messias: „Könige von Tarsis und von den Inseln bringen Geschenke, Könige von Arabien und Saba kommen mit Gaben.“ Das passt! Und schon wurden den Sterndeutern sozusagen Kronen aufgesetzt. Außerdem gefiel diese Interpretation auch den damaligen Herrschern gut. Jahrhunderte lang sahen sie sich gern in der Rolle dieser heiligen Könige und ließen ihre Gesichter auf die prachtvoll gewandeten Schultern malen.

Susanne Haverkamp