Das Familienleben ökumenisch gestalten

Mama katholisch, Papa evangelisch

Image
04_19.Taufkerzen.jpg

Konfessionsverbindende Ehen sind heute keine Seltenheit mehr. Doch wie klappt es mit der religiösen Erziehung der Kinder? Ein paar Tipps, wie beide Konfessionen profitieren können. 

Egal ob zur katholischen oder zur evangelischen Kirche im Ort – die Wege kennen Tobias und Johannes, Paula und Amandus im Schlaf. Beide Konfessionen sind den Kindern vertraut, sie wachsen in einer „konfessionsverbindenden Familie“ auf: ein Elternteil ist katholisch, eines evangelisch. Was noch vor 50 Jahren fast unmöglich war und verurteilt wurde, ist heute fast alltäglich. Eine ökumenische Erziehung der Kinder ist aber in der Praxis oft nicht so einfach, oft muss eine der beiden Konfessionen zurückstecken.  Was sollen Eltern beachten, damit die Kinder eine Heimat in der Kirche finden und gleichzeitig die andere Konfession verstehen? Ein paar Tipps:

Die Taufe der Kinder: Die meisten Eltern aus konfessionsverbindenden Ehen entscheiden sich dazu, ihre Kinder in einer der beiden Konfessionen aufwachsen zu lassen und taufen sie entweder katholisch oder evangelisch. Das gibt den Kindern eine eindeutige Beheimatung. Oft sind ausschlaggebende Faktoren die tiefere und persönlichere Anbindung des einen oder anderen Elternteils an seine eigene Konfession oder auch das Leben der jeweiligen Pfarrei oder der Kirchengemeinde vor Ort, zu dem man sich mehr hingezogen fühlt. 

In zwei Kirchen leben: Die Eltern von Tobias und Johannes haben sich damals entschieden, ihre Kinder katholisch taufen lassen, was die Konfession der Mutter ist. Tobias ist in seiner Pfarrei bereits als Messdiener aktiv, Johannes bereitet sich gerade auf die Erstkommunion vor, Mutter Kathrin ist Katechetin und Lektorin in der Pfarrei. Dennoch besuchen die Eltern ganz bewusst mit ihren Kindern Gottesdienste in beiden Kirchen. So spielt  Vater Chris­tian Trompete im Posaunenchor der evangelischen Gemeinde und Johannes singt dort im Kinderchor – bei Auftritten ist die ganze Familie selbstverständlich anwesend. „Wir fühlen uns in beiden Gemeinden willkommen und wollen, dass die Kinder als Christen aufwachsen“, betonen die Eltern und freuen sich über das gute ökumenische Miteinander vor Ort. Für Mutter Kathrin zählen die unterschiedlichen Impulse und Erfahrungen in beiden Kirchen: „Man reflektiert seinen eigenen Glauben mehr und entdeckt Neues, das bereichert“.

Konfessionelle Unterschiede ansprechen: In einer konfessionsverbindenden Familie tauchen die Fragen nach den Unterschieden der Konfessionen naturgemäß früh auf. Und es ist gut, wenn beide Eltern zunächst persönlich und authentisch antworten können, warum sie denn katholisch und warum evangelisch sind. Da ist es gut, sich selbst darüber im Klaren zu sein. Spätestens im Grundschulalter, zur Zeit der Erstkommunion, wird es dann oft konkreter: Warum ist das bei den Katholiken so und bei den Protes­tanten nicht? „Falls es nicht durch den Religionsunterricht geschieht, sollten Eltern dafür sorgen, dass den Kindern in einer ihrem Alter entsprechenden Form Grundkenntnisse vermittelt werden, wie es zur Situation der getrennten Kirchen gekommen ist und warum sie bis heute fortbesteht“, betonte der mittlerweile verstorbene Theologe Hermann Otto Pesch. Dabei können sich durchaus spannende Diskussionen ergeben.

Ökumenisch erziehen: Kinder lieben religiöse Bücher und Erzählungen. Ihnen vorzulesen und sie mit hineinzunehmen in die gemeinsamen Erzählungen der Bibel, gehört zu den schönsten Aufgaben in der religiösen Erziehung. Lieder singen, beten, Musik hören, Rituale und christliche Feste gestalten, all das kann ökumenisch wunderbar gelebt werden und macht sensibel für die christliche Botschaft.  Ansonsten sollten Familien es als Bereicherung ansehen, in beiden Konfessionen zu Hause zu sein, und das Beste für sich nutzen: So sehen es auch die Eltern von Amandus und Paula, zum Beispiel beim Beten: Da in der evangelischen Herkunftsfamilie der Mutter viel freier mit eigenen Worten zu Gott gesprochen wird, haben sie das gerne für sich übernommen, zum Beispiel vor dem Essen oder am Abend. Dieses freie Gebet ist auch dem katholischen Vater zunehmend wichtig geworden: „Wir Katholiken haben doch eher vorgefertigte Gebete, die wir aufsagen“, erzählt er von seinen Erfahrungen. Auf jeden Fall sollten Eltern den Mut haben, ihre religiösen Überzeugungen zu leben, auch konfessionsübergreifend. Denn wer von vorneherein auf religiöse Erziehung verzichtete, verwehrt seinen Kindern spirituelle Entwicklungschancen und viele interessante Gespräche und Erlebnisse in der Familie.

Und Im Gottesdienst? Voraussetzung für den Kommunion­empfang des evangelischen Partners ist, dass er den Glauben an die volle Gegenwart Christi in der Eucharistie teilt. „Das ist in der Regel bei evangelischen Christen lutherischen Bekenntnisses gegeben, denn für Luther war diese sogenannte Realpräsenz ohne Zweifel mit dem Abendmahl verbunden“, erklärt  der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff in einem Interview der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“. Es blieben zwar noch theologische Unterschiede, aber sie stünden dem nicht entgegen, „dass ein evangelischer Christ in der katholischen Kirche die Kommunion empfangen kann“.  Astrid Fleute