Fachtag "Digitale Kirche"

Mehr Medienkompetenz nötig

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Kann Kirche genug digital? Und was braucht es dafür künftig? Darüber haben sich bei einem Fachtag des Bistums etwa 90 Gäste ausgetauscht. Deutlich wurde dabei vor allem eines: Es gibt richtig viel Nachholbedarf.

 


Auch digital ist Begegnung und Austausch möglich. Foto: istockphoto/rfranca

Passend zum Thema sitzen die Haupt- und Ehrenamtlichen aus pastoralen Teams, kirchlichen Einrichtungen und Verbänden per Videokonferenz mit Expertinnen und Experten zum Thema digitale Kirche zusammen. Der Diskussion tut dieses Format keinen Abbruch. Im parallelen Chat gibt es reichlich Wortmeldungen, Vorschläge und Kommentare. 

Zuerst zum Einstiegsreferat von Andreas Büsch. Der katholische Theologe arbeitet als Professor für Medienpädagogik und Kommunikationswissenschaft in Mainz und leitet zudem die Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Im Vorfeld des Fachtages hatte er DBK-Papiere auf das Thema Digitalität analysiert – und kaum etwas gefunden: „Die Vorstellung von Seelsorge darin ist sehr traditionell.“ 

Seine Kritik reicht noch weiter. Deutlich mahnt Büsch an, dass Digitalität in der Kirche sich allzu oft in Technik und Öffentlichkeitsarbeit erschöpft und zu wenig Pastoral damit verbindet. Viele Verantwortliche haben nach seinem Empfinden digitales Handeln und Denken zu wenig im Blick: „Zur Frage, wie Digitalisierung unser Zusammenleben und -arbeiten positiv fördern könnte, scheint schlicht keine Vorstellung zu existieren.“ Büsch erkennt keinerlei Gesamtstrategie zu diesem Thema. Ein Fehler, wie er meint, denn für die Menschen heute ist Digitalität schon mit dem Griff zum Handy längst Normalität.

Was also ist laut Büsch vonnöten? Grundsätzlich, dass die Kirche Digitalität als Zeichen der Zeit und Lebenswirklichkeit ernst nimmt. Und dann mehr Medienkompetenz und -bildung für pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wobei nicht jede und jeder alles können, aber vieles kennen müsse. Dabei macht Büsch ausdrücklich Mut zum Experimentieren und damit auch zum Scheitern: „Einfach mal vorangehen und Fehler in Kauf nehmen.“ Dem stimmen viele Gäste zu – wobei zwei Frauen anmerken, dass bei diesem Abend vermutlich ohnehin Interessierte an PC und Laptop sitzen. „Aber wie nehmen wir diejenigen mit, die der digitalen Kirche kritisch gegenüberstehen und gar nicht erst zu so einem Fachtag kommen?“ 

"Auch digital kann Gemeinschaft entstehen"

Darüber scheint sich auch Bischof Franz-Josef Bode Gedanken zu machen. Ihm fällt auf, dass er nur wenig Priester am Bildschirm entdeckt. Er gesteht ein, einen neuen Blick auf das Thema erhalten zu haben und sieht klar, dass die Kirche sich dem stellen muss: „Die Lebenswirklichkeit muss uns bestimmen und nicht wir die Lebenswirklichkeit.“ Für ihn muss Digitalität daher eine „neue Querschnittsaufgabe“ für die ganze Kirche werden. In diesem Sinne macht sich der Bischof dafür stark, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig mehr dafür zu sensibilisieren und auch zu professionalisieren. „Das ist eine Aufgabe der Kirche, dort zu bilden.“ Für Bode ist dieser Fachtag daher ein Doppelpunkt: „Es muss weitergehen.“

Bilal Erkin, Informatiker und Islamwissenschaftler aus Osnabrück, nickt bei diesen Worten. Für ihn solle Digitalisierung „Chefsache“ werden – mit geschultem Personal und Ressourcen. Und zwar nicht erst, wenn der „Schmerz“ über Verluste zu groß wird. Besser klein beginnen als zu verharren, ist sein Rat, der auf Zustimmung stößt.

Auf die Realität in der pastoralen Praxis schaut Marisa Grummich, Gemeindeassistentin in der Pfarreiengemeinschaft Geeste und Mitinitiatorin des Instagram-Kanals „Um.Gotteswillen“. Digitale Angebote scheitern nach ihren Worten nicht selten daran, dass es in vielen Gemeindehäusern keine W-Lan-Verbindung gibt. Allein an diesen „Stellschrauben“ zu drehen, würde es leichter machen. 

Grummich wehrt sich dagegen, in der Frage der Digitalität von einem „Entweder-Oder“ zu sprechen. Online und Präsenz sind für sie keine Gegensätze, sondern eine Ergänzung. „Und auch digital kann Gemeinschaft entstehen“, sagt sie aus eigener Erfahrung. Mit bestimmten Zielgruppen, mit Menschen in Entfernung ist das oft deutlich einfacher. Das bestätigt Vera Seeck – die Bildungsreferentin des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend hält sich im Ausland auf und kann trotzdem mitdiskutieren. 

Das machen auch die Gäste im Chat. Mal mit einer gewissen Skepsis, öfter aber mit der Ermunterung, digitale und reale Angebote nicht als Konkurrenz zu sehen. „Beides hat seine Berechtigung“, schreibt ein Gast. Und ein anderer meint, trotz aller Grenzen digitaler Medien, darf Kirche sie nicht ausklammern: „Unsere Welt hat sich verändert und ist um diese Dimension gewachsen. Dort muss Kirche präsent sein, wenn sie in der Welt von heute Bedeutung behalten will.“

Petra Diek-Münchow

Als Folgeveranstaltung ist am 4. Oktober eine Tagung mit offenen Workshops im Haus Maria Frieden in Rulle geplant. Interessierte finden auf der Internetseite des Bistums viele Beispiele für digitale Glaubensprojekte.