App für historische Friedhöfe

Mit dem Handy von Grab zu Grab

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Junge Menschen schauen auf ihr Mobiltelefon, bleiben ab und an stehen und lauschen der Stimme aus ihrem Gerät: Diese Szenen könnte es demnächst häufiger auf dem Osnabrücker Hasefriedhof oder Johannisfriedhof geben.


Die Smartphone-App ist eine gute Gelegenheit, junge Menschen auf historische Friedhöfe aufmerksam zu machen.| Foto: Christoph Brüwer

„Wo sie ruhen – berühmte Grabstätten auf historischen Friedhöfen“: So heißt eine Smartphone-App (Application = Programm auf dem Handy), deren Entwicklung Christa Ringkamp vom Berliner Büro Hortec koordiniert hat. Die kostenlose App führt Besucher historischer Friedhöfe in Deutschland per Karte auf dem Handydisplay zu den Grabstätten berühmter Persönlichkeiten.

Dort erfahren die Nutzer in dreiminütigen Audiobeiträgen etwas über verstorbene Personen und ihre Geschichte. Die Beiträge lassen sich außerdem speichern und so auch ohne Internetverbindung anhören oder als Text lesen. Die einzelnen erfassten Gräber sind durchnummeriert und ergeben einen Rundgang. So lassen sich in Osnabrück auf dem Johannisfriedhof zwölf Grabstätten und auf dem Hasefriedhof 13 Grabstätten erkunden. Deutschlandweit haben die Entwickler insgesamt 45 denkmalgeschützte Friedhöfe mit den Gräbern von über 1200 berühmten Menschen in die App aufgenommen.

Christa Ringkamp kümmert sich mit ihrem Büro Hortec normalerweise um die Betreuung von Friedhöfen, Grabstättensanierung oder auch Landschaftsplanung. Die Koordination einer App-Entwicklung war für sie völlig neu. Diese Möglichkeit, junge Menschen auf historische Friedhöfe hinzuweisen, findet sie gut. „So wird Geschichte in moderne Medien hineingeholt und Friedhöfe bleiben keine Tabuzonen mehr“, glaubt Ringkamp.

Sie beobachtet, dass gerade junge Menschen regelmäßige Friedhofsbesuche nicht gewohnt sind und sich immer mehr Menschen beerdigen lassen ohne einen Hinweis auf den Namen. „Anonymes Bestatten ist das Abhaken von Geschichte“, sagt Ringkamp.

Dabei seien Friedhöfe Orte der Kunst und Kultur und könnten als Parkanlagen und grüne Lungen der Stadt genutzt werden. Ein so vielfältiges Kulturprogramm mit Konzerten und Führungen wie auf den beiden historischen Friedhöfen in Osnabrück habe sie bundesweit aber noch nicht erlebt.

Finanziert wurde das Osnabrücker Projekt zur Hälfte aus Mitteln der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und zur anderen Hälfte von der Hinkeldey-Stiftung, der Senator-Friedrich-Lehmann-Stiftung und privaten Sponsoren. Die Kosten betrugen insgesamt rund 15 000 Euro.

Niels Biewer vom Förderkreis Hasefriedhof-Johannesfriedhof hat die Texte über die Osnabrücker Gräber für die App verfasst. Er hält die App für eine tolle Gelegenheit, um auf die Geschichte des Friedhofs und der Grabstellen hinzuweisen, ohne die Grabsteine selbst zu verändern. „Eine richtige Führung kann die App aber nicht ersetzen, nur ergänzen“, meint Biewer. Durch die App könnten vor allem junge Menschen noch mehr auf die historischen Orte aufmerksam gemacht werden.

Christoph Brüwer

 

Weitere Informationen:
www.hasefriedhof-johannisfriedhof.de/