RTL-Event "Die Passion"

Musikalisches Oberammergau an der Ruhr?

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Der Fernsehsender RTL wagt das Experiment und zeigt "Die Passion" kurz vor Ostern als Live-Event aus Essen.

Foto: RTL +
Mit leuchtendem Kreuz: Die Zuschauer sollen „die emotionale Kraft“ des Geschehens spüren können, verspricht RTL. Foto: RTL+


In Oberammergau wird es nun langsam Ernst: Vor Kurzem fanden die ersten öffentlichen Volksproben für die wohl bekanntesten und traditionsreichsten Passionsspiele der Welt in dem voralpinen Örtchen statt. Eigentlich hätte das alle zehn Jahre abgehaltene Großspektakel schon 2020 dargeboten werden sollen. Wegen der Corona-Pandemie entschieden sich die Verantwortlichen jedoch für die Verlegung um zwei Jahre.

Auch in der Ruhrgebietsstadt Essen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Hier wird bald auf dem Burgplatz im Stadtzentrum, direkt neben dem Dom, eine Großbühne für ein etwas anderes Passionsspiel stehen: Das RTL-Event "Die Passion", das die letzten Tage im Leben Jesu - die laut Sender "größte Geschichte der Welt" - als massentaugliches Musical mit vielen mehr oder weniger bekannten Gesichtern der deutschen Medienlandschaft darstellen wird.

Die Essener Darbietung ereilte zunächst ein ähnliches Schicksal wie die Oberammergauer Passionsspiele: "Die Passion" war ebenfalls für die vorösterliche Zeit 2020 angekündigt; im letzten Moment machte der Sender jedoch einen Rückzieher und sagte die Liveshow komplett ab. Doch nun, zum Ende der Corona-Maßnahmen, stehen alle Zeichen auf "Go". Am 13. April ist dann wenige Tage vor Ostern Showtime.

Die coronabedingte Verlegung und das Oberthema sind jedoch wohl die einzigen größeren Gemeinsamkeiten, die die Essener Aufführung der Passion mit der aus den Ammergauer Alpen gemein hat. Denn Form, Gestaltung und Zielgruppe unterscheiden sich deutlich. So ist "Die Passion" zwar als Bühnenaufführung geplant, gleichzeitig wird sie aber live im Fernsehen übertragen, woraus sich auch die TV-übliche Startzeit von 20.15 Uhr ergibt. Auch das große leuchtende Kreuz, das parallel zur Inszenierung in einer Prozession durch die Essener Innenstadt zur Bühne getragen wird und dort pünktlich zur Kreuzigungsszene ankommen soll, ist der Traditionsvorführung unbekannt.

 

Jesus geht zur Pommesbude

Gleichsam die Frisur der Hauptfigur: Anders als die gängige langhaarige und vollbärtige Jesus-Darstellung, wie sie auch Oberammergau vermittelt, wird der Essener Jesus, verkörpert vom Sänger Alexander Klaws (38), seine Haare nicht extra lang wachsen lassen. "Ich werde auch kein Gewand tragen. Ich werde nicht so aussehen, wie man Jesus auf vielen Bildern sieht", verriet Klaws der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Der Musical-Darsteller schlüpft in Essen nicht zum ersten Mal in die Rolle Christi. Schon in Andrew Lloyd Webbers Rockoper "Jesus Christ Superstar" konnte er Erfahrung sammeln. Für ihn ist es "eine der größten Rollen überhaupt", so Klaws. "Man braucht eine gewisse Aura und Ehrfurcht, um Jesus zu spielen."

Der RTL-Jesus wird aus Sicht des Hauptdarstellers in die Moderne übertragen, losgelöst von der religiösen Heilandskomponente. "Jesus geht zum Beispiel an die Pommesbude und holt sich ein Fladenbrot für das letzte Abendmahl. Ich glaube, das lässt auch Menschen aufhorchen, die nicht viel mit Religion anfangen können", erklärt Klaws. Damit solle die Aktualität der Geschichte hervorgehoben werden.

Aktualität - das ist die Formel, auf die Macher und Mitwirkende des Live-Events immer wieder zurückkommen. Die christlichen Motive der Passionsgeschichte - Nächstenliebe, Hoffnung, Vergebung - seien "heute aktueller denn je" heißt es oft mit Blick auf die Corona-Pandemie sowie den Krieg in der Ukraine. Ob und wie gerade letzteres beim Live-Event verarbeitet wird, ist allerdings noch unbekannt.

Ebenso unklar ist, wie die gesamte Inszenierung in Deutschland ankommt. Ohne dass sich jemand auf die Füße getreten fühle, werde man die Geschichte nicht über die Bühne bringen, meinte schon vor zwei Jahren Thomas Gottschalk, der als Erzähler und Moderator durch "Die Passion" leiten wird. Das Interesse für die Show scheint jedenfalls da zu sein: Anderthalb Wochen vor Beginn war die Vorführung in der Essener Innenstadt ausverkauft. 

kna